Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die Technik. A. Die Analytik. posten umfassenden Abrechnung. 27) Wie beim Mandatsver-hältniß, so lassen sich auch hier die sämmtlichen einzelnen Rechts- geschäfte unter den einen Gesichtspunkt der fremden Vermö- gensverwaltung bringen. 28) Befremden erregen kann im ersten Moment die Bestimmung des römischen Rechts, daß der Prä- legatar das ihm hinterlassene Legat mit der act. fam. ercisc. einklagen soll, 29) indem diese Klage ja nur die Erbtheile zum Gegenstande hat, für Legate aber eine eigne Klage besteht. Allein das Prälegat enthält nach Auffassung der Römer nur eine Ver- fügung über die Realtheilung der Erbmasse und fällt mithin unter die Erbtheilungsklage. Auf der Gränze zwischen Kriminal- und Civilproceß liegt der Repetundenproceß, der ähnlich wie die Klage aus der Tutel, die gesammte Verwaltung des Beamten und alle daraus für seine früheren Amtseingesessenen sich er- gebenden Ansprüche zum Gegenstande hat. 30) Die bisherige Ausführung hat den Gesichtspunkt, den wir Alles was oben (S. 40) von der Obligation gesagt ist, gilt 27) L. 6 §. 3 de edendo (2. 13) ... dandi, accipiendi, credendi, obli- gandi, solvendi sui causa negotiationem. 28) Ob es nicht von der andern Seite eine ähnliche Klage gab, dar- über schweigen unsere Quellen. Jedenfalls konnte der Committent von dem Banquier Abrechnung verlangen (L. 4 pr. de edendo 2. 13), welche sich natürlich über sämmtliche Posten von beiden Seiten erstreckte (L. 6 §. 3 ibid.). In der Anerkennung des daraus für ihn sich ergebenden Ueberschusses ließ sich ein constitutum finden (L. 26 de const. pec. 13. 5), womit vielleicht die in L. 2 §. 2 Cod. de const. pec. (4. 18) erwähnte besondere Usance bei Argentarien zusammenhängt. 29) Gaj. II §. 219, L. 17 §. 2 de leg. I (30). 30) Quintilian I. O. III, 10 §. 1 bezeichnet ihn als causa conjuncta
im Gegensatz zur simplex, weil er "plures controversiae ejusdem gene- ris" in sich schließe. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik. poſten umfaſſenden Abrechnung. 27) Wie beim Mandatsver-hältniß, ſo laſſen ſich auch hier die ſämmtlichen einzelnen Rechts- geſchäfte unter den einen Geſichtspunkt der fremden Vermö- gensverwaltung bringen. 28) Befremden erregen kann im erſten Moment die Beſtimmung des römiſchen Rechts, daß der Prä- legatar das ihm hinterlaſſene Legat mit der act. fam. ercisc. einklagen ſoll, 29) indem dieſe Klage ja nur die Erbtheile zum Gegenſtande hat, für Legate aber eine eigne Klage beſteht. Allein das Prälegat enthält nach Auffaſſung der Römer nur eine Ver- fügung über die Realtheilung der Erbmaſſe und fällt mithin unter die Erbtheilungsklage. Auf der Gränze zwiſchen Kriminal- und Civilproceß liegt der Repetundenproceß, der ähnlich wie die Klage aus der Tutel, die geſammte Verwaltung des Beamten und alle daraus für ſeine früheren Amtseingeſeſſenen ſich er- gebenden Anſprüche zum Gegenſtande hat. 30) Die bisherige Ausführung hat den Geſichtspunkt, den wir Alles was oben (S. 40) von der Obligation geſagt iſt, gilt 27) L. 6 §. 3 de edendo (2. 13) … dandi, accipiendi, credendi, obli- gandi, solvendi sui causa negotiationem. 28) Ob es nicht von der andern Seite eine ähnliche Klage gab, dar- über ſchweigen unſere Quellen. Jedenfalls konnte der Committent von dem Banquier Abrechnung verlangen (L. 4 pr. de edendo 2. 13), welche ſich natürlich über ſämmtliche Poſten von beiden Seiten erſtreckte (L. 6 §. 3 ibid.). In der Anerkennung des daraus für ihn ſich ergebenden Ueberſchuſſes ließ ſich ein constitutum finden (L. 26 de const. pec. 13. 5), womit vielleicht die in L. 2 §. 2 Cod. de const. pec. (4. 18) erwähnte beſondere Uſance bei Argentarien zuſammenhängt. 29) Gaj. II §. 219, L. 17 §. 2 de leg. I (30). 30) Quintilian I. O. III, 10 §. 1 bezeichnet ihn als causa conjuncta
im Gegenſatz zur simplex, weil er „plures controversiae ejusdem gene- ris“ in ſich ſchließe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0060" n="44"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die Technik. <hi rendition="#aq">A.</hi> Die Analytik.</fw><lb/> poſten umfaſſenden Abrechnung. <note place="foot" n="27)"><hi rendition="#aq">L. 6 §. 3 de edendo (2. 13) … dandi, accipiendi, credendi, obli-<lb/> gandi, solvendi sui causa negotiationem.</hi></note> Wie beim Mandatsver-<lb/> hältniß, ſo laſſen ſich auch hier die ſämmtlichen einzelnen Rechts-<lb/> geſchäfte unter den <hi rendition="#g">einen</hi> Geſichtspunkt der fremden Vermö-<lb/> gensverwaltung bringen. <note place="foot" n="28)">Ob es nicht von der andern Seite eine ähnliche Klage gab, dar-<lb/> über ſchweigen unſere Quellen. Jedenfalls konnte der Committent von dem<lb/> Banquier Abrechnung verlangen (<hi rendition="#aq">L. 4 pr. de edendo</hi> 2. 13), welche ſich<lb/> natürlich über ſämmtliche Poſten von beiden Seiten erſtreckte (<hi rendition="#aq">L. 6 §. 3 ibid.</hi>).<lb/> In der Anerkennung des daraus für ihn ſich ergebenden Ueberſchuſſes ließ ſich<lb/> ein <hi rendition="#aq">constitutum</hi> finden (<hi rendition="#aq">L. 26 de const. pec.</hi> 13. 5), womit vielleicht die<lb/> in <hi rendition="#aq">L. 2 §. 2 Cod. de const. pec. (4. 18)</hi> erwähnte beſondere Uſance bei<lb/> Argentarien zuſammenhängt.</note> Befremden erregen kann im erſten<lb/> Moment die Beſtimmung des römiſchen Rechts, daß der Prä-<lb/> legatar das ihm hinterlaſſene Legat mit der <hi rendition="#aq">act. fam. ercisc.</hi><lb/> einklagen ſoll, <note place="foot" n="29)"><hi rendition="#aq">Gaj. II §. 219, L. 17 §. 2 de leg. I (30).</hi></note> indem dieſe Klage ja nur die <hi rendition="#g">Erbt</hi>heile zum<lb/> Gegenſtande hat, für Legate aber eine eigne Klage beſteht. Allein<lb/> das Prälegat enthält nach Auffaſſung der Römer nur eine Ver-<lb/> fügung über die Realtheilung der Erbmaſſe und fällt mithin<lb/> unter die Erbtheilungsklage. Auf der Gränze zwiſchen Kriminal-<lb/> und Civilproceß liegt der Repetundenproceß, der ähnlich wie die<lb/> Klage aus der Tutel, die geſammte Verwaltung des Beamten<lb/> und alle daraus für ſeine früheren Amtseingeſeſſenen ſich er-<lb/> gebenden Anſprüche zum Gegenſtande hat. <note place="foot" n="30)">Quintilian <hi rendition="#aq">I. O. III,</hi> 10 §. 1 bezeichnet ihn als <hi rendition="#aq">causa <hi rendition="#g">conjuncta</hi></hi><lb/> im Gegenſatz zur <hi rendition="#aq">simplex,</hi> weil er <hi rendition="#aq">„plures controversiae ejusdem gene-<lb/> ris“</hi> in ſich ſchließe.</note></p><lb/> <p>Die bisherige Ausführung hat den Geſichtspunkt, den wir<lb/> oben (S. 39) für die Obligation aufgeſtellt haben, gegen ſchein-<lb/> bare Abweichungen in Schutz nehmen ſollen, und wir dürfen<lb/> jetzt nach dieſer Abſchweifung unſern Weg weiter fortſetzen.</p><lb/> <p>Alles was oben (S. 40) von der Obligation geſagt iſt, gilt<lb/> auch für das Erbrecht. Wie jene, iſt auch die Erbſchaft eine<lb/> leere, elaſtiſche Form, welche beliebig viel und wenig in ſich auf-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0060]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
poſten umfaſſenden Abrechnung. 27) Wie beim Mandatsver-
hältniß, ſo laſſen ſich auch hier die ſämmtlichen einzelnen Rechts-
geſchäfte unter den einen Geſichtspunkt der fremden Vermö-
gensverwaltung bringen. 28) Befremden erregen kann im erſten
Moment die Beſtimmung des römiſchen Rechts, daß der Prä-
legatar das ihm hinterlaſſene Legat mit der act. fam. ercisc.
einklagen ſoll, 29) indem dieſe Klage ja nur die Erbtheile zum
Gegenſtande hat, für Legate aber eine eigne Klage beſteht. Allein
das Prälegat enthält nach Auffaſſung der Römer nur eine Ver-
fügung über die Realtheilung der Erbmaſſe und fällt mithin
unter die Erbtheilungsklage. Auf der Gränze zwiſchen Kriminal-
und Civilproceß liegt der Repetundenproceß, der ähnlich wie die
Klage aus der Tutel, die geſammte Verwaltung des Beamten
und alle daraus für ſeine früheren Amtseingeſeſſenen ſich er-
gebenden Anſprüche zum Gegenſtande hat. 30)
Die bisherige Ausführung hat den Geſichtspunkt, den wir
oben (S. 39) für die Obligation aufgeſtellt haben, gegen ſchein-
bare Abweichungen in Schutz nehmen ſollen, und wir dürfen
jetzt nach dieſer Abſchweifung unſern Weg weiter fortſetzen.
Alles was oben (S. 40) von der Obligation geſagt iſt, gilt
auch für das Erbrecht. Wie jene, iſt auch die Erbſchaft eine
leere, elaſtiſche Form, welche beliebig viel und wenig in ſich auf-
27) L. 6 §. 3 de edendo (2. 13) … dandi, accipiendi, credendi, obli-
gandi, solvendi sui causa negotiationem.
28) Ob es nicht von der andern Seite eine ähnliche Klage gab, dar-
über ſchweigen unſere Quellen. Jedenfalls konnte der Committent von dem
Banquier Abrechnung verlangen (L. 4 pr. de edendo 2. 13), welche ſich
natürlich über ſämmtliche Poſten von beiden Seiten erſtreckte (L. 6 §. 3 ibid.).
In der Anerkennung des daraus für ihn ſich ergebenden Ueberſchuſſes ließ ſich
ein constitutum finden (L. 26 de const. pec. 13. 5), womit vielleicht die
in L. 2 §. 2 Cod. de const. pec. (4. 18) erwähnte beſondere Uſance bei
Argentarien zuſammenhängt.
29) Gaj. II §. 219, L. 17 §. 2 de leg. I (30).
30) Quintilian I. O. III, 10 §. 1 bezeichnet ihn als causa conjuncta
im Gegenſatz zur simplex, weil er „plures controversiae ejusdem gene-
ris“ in ſich ſchließe.
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