Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.A. Der Proceß. Individualitätsmoment des Eigenthums. §. 51. an dem einen folgt nicht das an dem andern -- es liegen soviel selbständige Fragen als Gegenstände vor, und um dem Richter Gelegenheit zu geben, über jede einzelne besonders zu antworten, bedarf es der Form der separaten Klage; ohne diese Form hätte er dies nicht gekonnt, vielmehr über sämmtliche gleich- lautend entweder mit Ja oder Nein antworten müssen. Bei der Obligation bestimmt sich demnach die Mehrfältig- daß hinzugekommene fremde Schaafe hinterher von ihrem Eigenthümer vin- dicirt werden könnten, L. 30 §. 2 de usuc. (41. 3) L. 1 §. 3 de R. V. (6. 1); es tritt dasselbe Verhältniß ein, wie rücksichtlich der Vindication einer zusam- mengesetzten Sache, z. B. eines Hauses, welches als Ganzes vindicirt werden kann, obschon einzelne Bestandtheile anderen Personen gehören. Ein anderes Beispiel außer der Heerde bietet der Bienenschwarm L. 5 §. 2, 4 de A. R. D. (41. 1), nicht dagegen ein Viergespann oder ein Waarenlager. arg. L. 79 pr. de leg. III. (3. 1). 23) Die Gleichartigkeit des Zwecks kann dieselben in der Ausübung be-
schränken (Concurrenz der Klagen), allein zur Entstehung kommen sie alle. A. Der Proceß. Individualitätsmoment des Eigenthums. §. 51. an dem einen folgt nicht das an dem andern — es liegen ſoviel ſelbſtändige Fragen als Gegenſtände vor, und um dem Richter Gelegenheit zu geben, über jede einzelne beſonders zu antworten, bedarf es der Form der ſeparaten Klage; ohne dieſe Form hätte er dies nicht gekonnt, vielmehr über ſämmtliche gleich- lautend entweder mit Ja oder Nein antworten müſſen. Bei der Obligation beſtimmt ſich demnach die Mehrfältig- daß hinzugekommene fremde Schaafe hinterher von ihrem Eigenthümer vin- dicirt werden könnten, L. 30 §. 2 de usuc. (41. 3) L. 1 §. 3 de R. V. (6. 1); es tritt daſſelbe Verhältniß ein, wie rückſichtlich der Vindication einer zuſam- mengeſetzten Sache, z. B. eines Hauſes, welches als Ganzes vindicirt werden kann, obſchon einzelne Beſtandtheile anderen Perſonen gehören. Ein anderes Beiſpiel außer der Heerde bietet der Bienenſchwarm L. 5 §. 2, 4 de A. R. D. (41. 1), nicht dagegen ein Viergeſpann oder ein Waarenlager. arg. L. 79 pr. de leg. III. (3. 1). 23) Die Gleichartigkeit des Zwecks kann dieſelben in der Ausübung be-
ſchränken (Concurrenz der Klagen), allein zur Entſtehung kommen ſie alle. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0055" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">A.</hi> Der Proceß. Individualitätsmoment des Eigenthums. §. 51.</fw><lb/> an dem einen folgt nicht das an dem andern — es liegen ſo<lb/> viel ſelbſtändige Fragen als Gegenſtände vor, und um dem<lb/> Richter Gelegenheit zu geben, über jede einzelne beſonders zu<lb/> antworten, bedarf es der Form der ſeparaten Klage; ohne dieſe<lb/> Form hätte er dies nicht gekonnt, vielmehr über ſämmtliche gleich-<lb/> lautend entweder mit Ja oder Nein antworten müſſen.</p><lb/> <p>Bei der Obligation beſtimmt ſich demnach die Mehrfältig-<lb/> keit des Verhältniſſes nach dem <hi rendition="#g">Entſtehungsgrunde</hi>, bei<lb/> dem Eigenthum nach dem <hi rendition="#g">Gegenſtande</hi>; dort gilt der Satz:<lb/><hi rendition="#g">ſo viel obligatoriſche Thatſachen ſo viel perſön-<lb/> liche Klagen</hi>, <note place="foot" n="23)">Die Gleichartigkeit des Zwecks kann dieſelben in der Ausübung be-<lb/> ſchränken (Concurrenz der Klagen), allein zur Entſtehung kommen ſie alle.</note> hier: <hi rendition="#g">ſo viel Gegenſtände ſo viel<lb/> Vindicationen</hi>. Der Umfang, in dem der Eigenthums-<lb/> begriff ſich im einzelnen Fall bethätigt und erſchöpft, iſt durch die<lb/> Natur, d. i. durch die Sache ſelbſt, vorgezeichnet; Recht und<lb/> Gegenſtand fallen, wie auch der Sprachgebrauch, welcher die<lb/> Sache ſtatt des Rechts nennt, andeutet, in dem Maße zuſam-<lb/> men, daß jenes hinter dieſem weder zurückbleiben, noch über<lb/> denſelben hinausgehen kann, d. h. an <hi rendition="#g">einer</hi> Sache ſind nicht<lb/> zwei Eigenthumsverhältniſſe möglich (<hi rendition="#g">Einheit der Sache<lb/> Einheit des Rechts</hi> — Lehre von der Acceſſion) und an<lb/><hi rendition="#g">zwei</hi> Sachen nicht <hi rendition="#g">ein</hi> Eigenthum (<hi rendition="#g">Mehrheit der Sache<lb/> Mehrheit des Eigenthums</hi>). Bei der Obligation hinge-<lb/> gen beſtimmt lediglich der ſubjective Wille den Umfang des ein-<lb/> zelnen Rechtsverhältniſſes. Ob die Stipulation auf 100 oder<lb/> 1000 lauten, der Kaufcontract einen oder zehn Gegenſtände um-<lb/><note xml:id="seg2pn_2_2" prev="#seg2pn_2_1" place="foot" n="22)">daß hinzugekommene <hi rendition="#g">fremde</hi> Schaafe hinterher von ihrem Eigenthümer vin-<lb/> dicirt werden könnten, <hi rendition="#aq">L. 30 §. 2 de usuc. (41. 3) L. 1 §. 3 de R. V. (6. 1);</hi><lb/> es tritt daſſelbe Verhältniß ein, wie rückſichtlich der Vindication einer zuſam-<lb/> mengeſetzten Sache, z. B. eines Hauſes, welches als Ganzes vindicirt werden<lb/> kann, obſchon einzelne Beſtandtheile anderen Perſonen gehören. Ein anderes<lb/> Beiſpiel außer der Heerde bietet der Bienenſchwarm <hi rendition="#aq">L. 5 §. 2, 4 de A. R. D.<lb/> (41. 1),</hi> nicht dagegen ein Viergeſpann oder ein Waarenlager. <hi rendition="#aq">arg. L. 79<lb/> pr. de leg. III.</hi> (3. 1).</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0055]
A. Der Proceß. Individualitätsmoment des Eigenthums. §. 51.
an dem einen folgt nicht das an dem andern — es liegen ſo
viel ſelbſtändige Fragen als Gegenſtände vor, und um dem
Richter Gelegenheit zu geben, über jede einzelne beſonders zu
antworten, bedarf es der Form der ſeparaten Klage; ohne dieſe
Form hätte er dies nicht gekonnt, vielmehr über ſämmtliche gleich-
lautend entweder mit Ja oder Nein antworten müſſen.
Bei der Obligation beſtimmt ſich demnach die Mehrfältig-
keit des Verhältniſſes nach dem Entſtehungsgrunde, bei
dem Eigenthum nach dem Gegenſtande; dort gilt der Satz:
ſo viel obligatoriſche Thatſachen ſo viel perſön-
liche Klagen, 23) hier: ſo viel Gegenſtände ſo viel
Vindicationen. Der Umfang, in dem der Eigenthums-
begriff ſich im einzelnen Fall bethätigt und erſchöpft, iſt durch die
Natur, d. i. durch die Sache ſelbſt, vorgezeichnet; Recht und
Gegenſtand fallen, wie auch der Sprachgebrauch, welcher die
Sache ſtatt des Rechts nennt, andeutet, in dem Maße zuſam-
men, daß jenes hinter dieſem weder zurückbleiben, noch über
denſelben hinausgehen kann, d. h. an einer Sache ſind nicht
zwei Eigenthumsverhältniſſe möglich (Einheit der Sache
Einheit des Rechts — Lehre von der Acceſſion) und an
zwei Sachen nicht ein Eigenthum (Mehrheit der Sache
Mehrheit des Eigenthums). Bei der Obligation hinge-
gen beſtimmt lediglich der ſubjective Wille den Umfang des ein-
zelnen Rechtsverhältniſſes. Ob die Stipulation auf 100 oder
1000 lauten, der Kaufcontract einen oder zehn Gegenſtände um-
22)
23) Die Gleichartigkeit des Zwecks kann dieſelben in der Ausübung be-
ſchränken (Concurrenz der Klagen), allein zur Entſtehung kommen ſie alle.
22) daß hinzugekommene fremde Schaafe hinterher von ihrem Eigenthümer vin-
dicirt werden könnten, L. 30 §. 2 de usuc. (41. 3) L. 1 §. 3 de R. V. (6. 1);
es tritt daſſelbe Verhältniß ein, wie rückſichtlich der Vindication einer zuſam-
mengeſetzten Sache, z. B. eines Hauſes, welches als Ganzes vindicirt werden
kann, obſchon einzelne Beſtandtheile anderen Perſonen gehören. Ein anderes
Beiſpiel außer der Heerde bietet der Bienenſchwarm L. 5 §. 2, 4 de A. R. D.
(41. 1), nicht dagegen ein Viergeſpann oder ein Waarenlager. arg. L. 79
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