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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. B. Die juristische Oekonomie.
als gerade dieser.403) Bei der entgegengesetzten Ansicht hätte
darin ein völlig nutzloser Hohn gegen das Pontificalcollegium
gelegen.

Zu diesem Schößling der Arrogation fügte die Kaiserzeit noch
einen andern, so viel ich weiß, bisher nicht beachteten hinzu:
die Adoption als Form der Ernennung des Thronfolgers. Unter
den ersten Kaisern eine wirkliche Adoption, die dem Adoptirten
ganz die Stellung eines Hauskindes anwies,404) ward sie nach
und nach eine reine Form für die angegebenen Zwecke, deren
Unterschied von der ächten Adoption ein Zeugniß aus der Zeit
Diocletians als einen ganz bekannten voraussetzt.405) Daß es
bei diesem Akt nicht auf einen Sohn im natürlich-sittlichen und
juristischen Sinn abgesehen sei, ward bereits in früher Zeit von
einigen der Kaiser selber betont,406) und nachdem man sich daran
gewöhnt hatte, den Akt in anderm Licht zu betrachten, kam man
schwerlich mehr in Versuchung die Consequenzen der gewöhn-
lichen Adoptionstheorie zu ziehen, das Vermögen des Thron-
folgers dem Kaiser407) und umgekehrt die Privaterbschaft des
letztern jenem zuzusprechen. Hadrian stellte dem Antoninus Pius
bei seiner Adoption die Bedingung, daß er als seinen Nach-

403) Lange a. a. O. S. 13. Eine Parallele findet er in der angeblich
symbolischen Bedeutung der senes coemptionales (Note 387 a. E.).
404) Darnach richtete z. B. Tiberius seit seiner Adoption von Augustus
seine ganze Handlungsweise ein. Sueton. Tiberius c. 15: nec quidquam
postea pro patrefamilias egit etc.
405) Spartian. Aelius Verus c. 1 .. non testamento, ut antea solebat,
neque eo modo, quo Trajanus est adoptatus, sed eo prope genere, quo
nostris temporibus a vestra clementia Maximianus atque Constantius
Caesares dicti sunt quasi quidam principum filii viri et designati
augustae majestatis heredes.
406) So z. B. Galba bei Tac. I. 15: Augustus in domo successorem
quaesivit, ego in re publica,
Hadrian bei Spartian. c. 4: tu patrimonii
tui, non reipublicae quaeris heredem.
407) Sonst hätte z. B. das Vermögen des Aelius Verus, der mit Zurück-
lassung eines Sohnes vor Hadrian starb, als Pekulium an letztern fallen
müssen.

Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie.
als gerade dieſer.403) Bei der entgegengeſetzten Anſicht hätte
darin ein völlig nutzloſer Hohn gegen das Pontificalcollegium
gelegen.

Zu dieſem Schößling der Arrogation fügte die Kaiſerzeit noch
einen andern, ſo viel ich weiß, bisher nicht beachteten hinzu:
die Adoption als Form der Ernennung des Thronfolgers. Unter
den erſten Kaiſern eine wirkliche Adoption, die dem Adoptirten
ganz die Stellung eines Hauskindes anwies,404) ward ſie nach
und nach eine reine Form für die angegebenen Zwecke, deren
Unterſchied von der ächten Adoption ein Zeugniß aus der Zeit
Diocletians als einen ganz bekannten vorausſetzt.405) Daß es
bei dieſem Akt nicht auf einen Sohn im natürlich-ſittlichen und
juriſtiſchen Sinn abgeſehen ſei, ward bereits in früher Zeit von
einigen der Kaiſer ſelber betont,406) und nachdem man ſich daran
gewöhnt hatte, den Akt in anderm Licht zu betrachten, kam man
ſchwerlich mehr in Verſuchung die Conſequenzen der gewöhn-
lichen Adoptionstheorie zu ziehen, das Vermögen des Thron-
folgers dem Kaiſer407) und umgekehrt die Privaterbſchaft des
letztern jenem zuzuſprechen. Hadrian ſtellte dem Antoninus Pius
bei ſeiner Adoption die Bedingung, daß er als ſeinen Nach-

403) Lange a. a. O. S. 13. Eine Parallele findet er in der angeblich
ſymboliſchen Bedeutung der senes coemptionales (Note 387 a. E.).
404) Darnach richtete z. B. Tiberius ſeit ſeiner Adoption von Auguſtus
ſeine ganze Handlungsweiſe ein. Sueton. Tiberius c. 15: nec quidquam
postea pro patrefamilias egit etc.
405) Spartian. Aelius Verus c. 1 .. non testamento, ut antea solebat,
neque eo modo, quo Trajanus est adoptatus, sed eo prope genere, quo
nostris temporibus a vestra clementia Maximianus atque Constantius
Caesares dicti sunt quasi quidam principum filii viri et designati
augustae majestatis heredes.
406) So z. B. Galba bei Tac. I. 15: Augustus in domo successorem
quaesivit, ego in re publica,
Hadrian bei Spartian. c. 4: tu patrimonii
tui, non reipublicae quaeris heredem.
407) Sonſt hätte z. B. das Vermögen des Aelius Verus, der mit Zurück-
laſſung eines Sohnes vor Hadrian ſtarb, als Pekulium an letztern fallen
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[282/0298] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie. als gerade dieſer. 403) Bei der entgegengeſetzten Anſicht hätte darin ein völlig nutzloſer Hohn gegen das Pontificalcollegium gelegen. Zu dieſem Schößling der Arrogation fügte die Kaiſerzeit noch einen andern, ſo viel ich weiß, bisher nicht beachteten hinzu: die Adoption als Form der Ernennung des Thronfolgers. Unter den erſten Kaiſern eine wirkliche Adoption, die dem Adoptirten ganz die Stellung eines Hauskindes anwies, 404) ward ſie nach und nach eine reine Form für die angegebenen Zwecke, deren Unterſchied von der ächten Adoption ein Zeugniß aus der Zeit Diocletians als einen ganz bekannten vorausſetzt. 405) Daß es bei dieſem Akt nicht auf einen Sohn im natürlich-ſittlichen und juriſtiſchen Sinn abgeſehen ſei, ward bereits in früher Zeit von einigen der Kaiſer ſelber betont, 406) und nachdem man ſich daran gewöhnt hatte, den Akt in anderm Licht zu betrachten, kam man ſchwerlich mehr in Verſuchung die Conſequenzen der gewöhn- lichen Adoptionstheorie zu ziehen, das Vermögen des Thron- folgers dem Kaiſer 407) und umgekehrt die Privaterbſchaft des letztern jenem zuzuſprechen. Hadrian ſtellte dem Antoninus Pius bei ſeiner Adoption die Bedingung, daß er als ſeinen Nach- 403) Lange a. a. O. S. 13. Eine Parallele findet er in der angeblich ſymboliſchen Bedeutung der senes coemptionales (Note 387 a. E.). 404) Darnach richtete z. B. Tiberius ſeit ſeiner Adoption von Auguſtus ſeine ganze Handlungsweiſe ein. Sueton. Tiberius c. 15: nec quidquam postea pro patrefamilias egit etc. 405) Spartian. Aelius Verus c. 1 .. non testamento, ut antea solebat, neque eo modo, quo Trajanus est adoptatus, sed eo prope genere, quo nostris temporibus a vestra clementia Maximianus atque Constantius Caesares dicti sunt quasi quidam principum filii viri et designati augustae majestatis heredes. 406) So z. B. Galba bei Tac. I. 15: Augustus in domo successorem quaesivit, ego in re publica, Hadrian bei Spartian. c. 4: tu patrimonii tui, non reipublicae quaeris heredem. 407) Sonſt hätte z. B. das Vermögen des Aelius Verus, der mit Zurück- laſſung eines Sohnes vor Hadrian ſtarb, als Pekulium an letztern fallen müſſen.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/298>, abgerufen am 22.11.2024.