Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die Technik. A. Die Analytik. zuwider, so ladet er die Schuld auf sein Haupt und leidetStrafe,279) aber den Magistrat kümmert dies nicht, er hält sich einfach an den Ausspruch des Technikers, ohne denselben einer weitern Prüfung zu unterziehen, dazu hat er weder das Recht,280) noch die Pflicht.281) Das Erforderniß günstiger Auspicien redu- cirt sich also juristisch lediglich auf die Verkündigung dersel- ben. Nicht aber, als ob die Römer das Wort an die Stelle der Sache gesetzt hätten282) -- mit welchem Grunde hätte dies geschehen können? -- sondern weil der Magistrat, der dem Au- gurn die Prüfung der Auspicien übertragen hatte, das Urtheil desselben ebenso zu respectiren hatte, wie der Prätor, der den judex bestellt hatte, das des letztern. Mit andern Worten: das Erforderniß der richtigen Beobachtung der Auspicien ist in die Form einer dem Augurn auferlegten Verpflichtung gebracht, es ist keine Anforderung für den Akt, durch den er das Dasein günstiger Auspicien constatirt, sondern eine Anforderung an seine Person. Ein Prätor hatte an einem dies nefastus eine legis actio 279) wenn er unvorsätzlich gehandelt, ein piaculum (Varro de L. L. VI. 30), sonst außer der Strafe des Himmels (Liv. X. 40) die nota censoria (Cic. de divin. I. 16, 19), die auch die politischen Beamten in ähnlichen Fällen traf (Gell. XIV. 7, 8), und sicherlich noch sonstige Strafe, die wenig- stens für weltliche Beamte bei Verletzung dieser Vorschriften bezeugt ist, Cic. de div. II. 33, Val. Max I. 4, 3. 280) Cic. Phil. II. 35, 88: ementita auspicia, quibus tamen parere necesse erat. 281) Liv. X. 40 .. si quid falsi nuntiat, in semet ipsum reli- gionem recipit, mihi quidem tripudium nuntiatum, populo Ro- mano exercituique egregium auspicium est; nicht entgegen Liv. XLI. 18 a. E. 282) So Danz sacraler Schutz S. 238. Schwegler Röm. Gesch.
I. S. 772 Note 1 erblickt darin einen eigenthümlichen Grundsatz der etrus- cisch-römischen Disciplin. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik. zuwider, ſo ladet er die Schuld auf ſein Haupt und leidetStrafe,279) aber den Magiſtrat kümmert dies nicht, er hält ſich einfach an den Ausſpruch des Technikers, ohne denſelben einer weitern Prüfung zu unterziehen, dazu hat er weder das Recht,280) noch die Pflicht.281) Das Erforderniß günſtiger Auſpicien redu- cirt ſich alſo juriſtiſch lediglich auf die Verkündigung derſel- ben. Nicht aber, als ob die Römer das Wort an die Stelle der Sache geſetzt hätten282) — mit welchem Grunde hätte dies geſchehen können? — ſondern weil der Magiſtrat, der dem Au- gurn die Prüfung der Auſpicien übertragen hatte, das Urtheil deſſelben ebenſo zu reſpectiren hatte, wie der Prätor, der den judex beſtellt hatte, das des letztern. Mit andern Worten: das Erforderniß der richtigen Beobachtung der Auſpicien iſt in die Form einer dem Augurn auferlegten Verpflichtung gebracht, es iſt keine Anforderung für den Akt, durch den er das Daſein günſtiger Auſpicien conſtatirt, ſondern eine Anforderung an ſeine Perſon. Ein Prätor hatte an einem dies nefastus eine legis actio 279) wenn er unvorſätzlich gehandelt, ein piaculum (Varro de L. L. VI. 30), ſonſt außer der Strafe des Himmels (Liv. X. 40) die nota censoria (Cic. de divin. I. 16, 19), die auch die politiſchen Beamten in ähnlichen Fällen traf (Gell. XIV. 7, 8), und ſicherlich noch ſonſtige Strafe, die wenig- ſtens für weltliche Beamte bei Verletzung dieſer Vorſchriften bezeugt iſt, Cic. de div. II. 33, Val. Max I. 4, 3. 280) Cic. Phil. II. 35, 88: ementita auspicia, quibus tamen parere necesse erat. 281) Liv. X. 40 .. si quid falsi nuntiat, in semet ipsum reli- gionem recipit, mihi quidem tripudium nuntiatum, populo Ro- mano exercituique egregium auspicium est; nicht entgegen Liv. XLI. 18 a. E. 282) So Danz ſacraler Schutz S. 238. Schwegler Röm. Geſch.
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
zuwider, ſo ladet er die Schuld auf ſein Haupt und leidet
Strafe, 279) aber den Magiſtrat kümmert dies nicht, er hält ſich
einfach an den Ausſpruch des Technikers, ohne denſelben einer
weitern Prüfung zu unterziehen, dazu hat er weder das Recht, 280)
noch die Pflicht. 281) Das Erforderniß günſtiger Auſpicien redu-
cirt ſich alſo juriſtiſch lediglich auf die Verkündigung derſel-
ben. Nicht aber, als ob die Römer das Wort an die Stelle
der Sache geſetzt hätten 282) — mit welchem Grunde hätte dies
geſchehen können? — ſondern weil der Magiſtrat, der dem Au-
gurn die Prüfung der Auſpicien übertragen hatte, das Urtheil
deſſelben ebenſo zu reſpectiren hatte, wie der Prätor, der den
judex beſtellt hatte, das des letztern. Mit andern Worten: das
Erforderniß der richtigen Beobachtung der Auſpicien iſt in die
Form einer dem Augurn auferlegten Verpflichtung gebracht,
es iſt keine Anforderung für den Akt, durch den er das Daſein
günſtiger Auſpicien conſtatirt, ſondern eine Anforderung an
ſeine Perſon.
Ein Prätor hatte an einem dies nefastus eine legis actio
vornehmen laſſen; war dieſelbe nichtig? Die Beobachtung der
richtigen Zeiten und Tage war eins der Grundgeſetze des heili-
gen Rechts, aber dieſe Vorſchrift beſtand nicht für die Partheien,
279) wenn er unvorſätzlich gehandelt, ein piaculum (Varro de L. L. VI.
30), ſonſt außer der Strafe des Himmels (Liv. X. 40) die nota censoria
(Cic. de divin. I. 16, 19), die auch die politiſchen Beamten in ähnlichen
Fällen traf (Gell. XIV. 7, 8), und ſicherlich noch ſonſtige Strafe, die wenig-
ſtens für weltliche Beamte bei Verletzung dieſer Vorſchriften bezeugt iſt,
Cic. de div. II. 33, Val. Max I. 4, 3.
280) Cic. Phil. II. 35, 88: ementita auspicia, quibus tamen parere
necesse erat.
281) Liv. X. 40 .. si quid falsi nuntiat, in semet ipsum reli-
gionem recipit, mihi quidem tripudium nuntiatum, populo Ro-
mano exercituique egregium auspicium est; nicht entgegen Liv. XLI.
18 a. E.
282) So Danz ſacraler Schutz S. 238. Schwegler Röm. Geſch.
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