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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
bindung gesetzten Personen beschränkten d. h. persönlichen Klage
(der Contracts-Klage oder der Condictionen wegen mangelhaf-
ter oder nicht erfolgter causa). War also das Eigenthum über-
tragen worden z. B. unter einer Voraussetzung, die von An-
fang nicht vorhanden gewesen oder späterhin nicht eingetreten
war, so gewährte dieser Umstand zwar dem Geber eine con-
dictio ob causam datorum,
um damit den erfolgten Eigen-
thumsübergang wieder rückgängig zu machen, aber wohl zu be-
achten: nur gegen den Empfänger -- das Eigenthum selber
ward dadurch nicht berührt, es ging frei aus der einen Hand in
die andere. Dieser Mechanismus, den das spätere Recht im
Wesentlichen auch für die Eigenthumsübertragung durch Tradi-
tion beibehalten hat, ist vielleicht einer der glücklichsten Gedan-
ken des römischen Rechts, jedenfalls einer der festesten Anker für
die Sicherheit des Eigenthums. Man würde sich irren, wenn
man die Gestalt der Sache als etwas sich von selbst Verstehen-
des betrachten wollte; das spätere Recht lehrt das Gegentheil.
Letzteres hat nämlich in einigen Ausnahmsfällen den entgegen-
gesetzten Weg eingeschlagen, so z. B. bei der act. quod metus
causa,
bei der restitutio in integrum der Minderjährigen,264)
bei der Resolutivbedingung, wenigstens in gewissen Verhältnis-
sen.265) Hier behält das Eigenthum sein Muttermal, so zu
sagen, stets bei, der angeborne Fehler ist ein Todeskeim, der,

264) L. 13 §. 1 de minor. (4. 4) .. adversus rei possessorem, licet
cum eo non sit contractum. L. 14 ibid. -- L. 9 pr. ibid. L. 1 Cod. si
adv. vend.
(2. 29). (Nicht bei der rest. majorum, wie man aus L. 30
§. 1 ex q. c. maj.
[4. 6] abnehmen will.) -- L. 58 de re jud. (42. 1).
265) Dazu würden sich auch manche Fälle der reivind. utilis gesellen,
wenn die herrschende Lehre richtig wäre. In meinen Augen ist die Resolutiv-
bedingung in ihrer modernen Gestalt vom legislativen Standpunkt aus einer
der verwerflichsten Rechtsmechanismen, die es gibt; die Form, die ihr ge-
bührt, und die sie stets hätte behalten sollen, ist die des persönlichen An-
spruchs (Contractsklage oder cond. causa data causa non secuta). In ihrer
modern-römischen Gestalt schließt sie eine große Gefahr für das Eigenthum
und eine ergiebige Quelle bedenklichster Verwirrung in sich.

Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik.
bindung geſetzten Perſonen beſchränkten d. h. perſönlichen Klage
(der Contracts-Klage oder der Condictionen wegen mangelhaf-
ter oder nicht erfolgter causa). War alſo das Eigenthum über-
tragen worden z. B. unter einer Vorausſetzung, die von An-
fang nicht vorhanden geweſen oder ſpäterhin nicht eingetreten
war, ſo gewährte dieſer Umſtand zwar dem Geber eine con-
dictio ob causam datorum,
um damit den erfolgten Eigen-
thumsübergang wieder rückgängig zu machen, aber wohl zu be-
achten: nur gegen den Empfänger — das Eigenthum ſelber
ward dadurch nicht berührt, es ging frei aus der einen Hand in
die andere. Dieſer Mechanismus, den das ſpätere Recht im
Weſentlichen auch für die Eigenthumsübertragung durch Tradi-
tion beibehalten hat, iſt vielleicht einer der glücklichſten Gedan-
ken des römiſchen Rechts, jedenfalls einer der feſteſten Anker für
die Sicherheit des Eigenthums. Man würde ſich irren, wenn
man die Geſtalt der Sache als etwas ſich von ſelbſt Verſtehen-
des betrachten wollte; das ſpätere Recht lehrt das Gegentheil.
Letzteres hat nämlich in einigen Ausnahmsfällen den entgegen-
geſetzten Weg eingeſchlagen, ſo z. B. bei der act. quod metus
causa,
bei der restitutio in integrum der Minderjährigen,264)
bei der Reſolutivbedingung, wenigſtens in gewiſſen Verhältniſ-
ſen.265) Hier behält das Eigenthum ſein Muttermal, ſo zu
ſagen, ſtets bei, der angeborne Fehler iſt ein Todeskeim, der,

264) L. 13 §. 1 de minor. (4. 4) .. adversus rei possessorem, licet
cum eo non sit contractum. L. 14 ibid. — L. 9 pr. ibid. L. 1 Cod. si
adv. vend.
(2. 29). (Nicht bei der rest. majorum, wie man aus L. 30
§. 1 ex q. c. maj.
[4. 6] abnehmen will.) — L. 58 de re jud. (42. 1).
265) Dazu würden ſich auch manche Fälle der reivind. utilis geſellen,
wenn die herrſchende Lehre richtig wäre. In meinen Augen iſt die Reſolutiv-
bedingung in ihrer modernen Geſtalt vom legislativen Standpunkt aus einer
der verwerflichſten Rechtsmechanismen, die es gibt; die Form, die ihr ge-
bührt, und die ſie ſtets hätte behalten ſollen, iſt die des perſönlichen An-
ſpruchs (Contractsklage oder cond. causa data causa non secuta). In ihrer
modern-römiſchen Geſtalt ſchließt ſie eine große Gefahr für das Eigenthum
und eine ergiebige Quelle bedenklichſter Verwirrung in ſich.
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[202/0218] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die Technik. A. Die Analytik. bindung geſetzten Perſonen beſchränkten d. h. perſönlichen Klage (der Contracts-Klage oder der Condictionen wegen mangelhaf- ter oder nicht erfolgter causa). War alſo das Eigenthum über- tragen worden z. B. unter einer Vorausſetzung, die von An- fang nicht vorhanden geweſen oder ſpäterhin nicht eingetreten war, ſo gewährte dieſer Umſtand zwar dem Geber eine con- dictio ob causam datorum, um damit den erfolgten Eigen- thumsübergang wieder rückgängig zu machen, aber wohl zu be- achten: nur gegen den Empfänger — das Eigenthum ſelber ward dadurch nicht berührt, es ging frei aus der einen Hand in die andere. Dieſer Mechanismus, den das ſpätere Recht im Weſentlichen auch für die Eigenthumsübertragung durch Tradi- tion beibehalten hat, iſt vielleicht einer der glücklichſten Gedan- ken des römiſchen Rechts, jedenfalls einer der feſteſten Anker für die Sicherheit des Eigenthums. Man würde ſich irren, wenn man die Geſtalt der Sache als etwas ſich von ſelbſt Verſtehen- des betrachten wollte; das ſpätere Recht lehrt das Gegentheil. Letzteres hat nämlich in einigen Ausnahmsfällen den entgegen- geſetzten Weg eingeſchlagen, ſo z. B. bei der act. quod metus causa, bei der restitutio in integrum der Minderjährigen, 264) bei der Reſolutivbedingung, wenigſtens in gewiſſen Verhältniſ- ſen. 265) Hier behält das Eigenthum ſein Muttermal, ſo zu ſagen, ſtets bei, der angeborne Fehler iſt ein Todeskeim, der, 264) L. 13 §. 1 de minor. (4. 4) .. adversus rei possessorem, licet cum eo non sit contractum. L. 14 ibid. — L. 9 pr. ibid. L. 1 Cod. si adv. vend. (2. 29). (Nicht bei der rest. majorum, wie man aus L. 30 §. 1 ex q. c. maj. [4. 6] abnehmen will.) — L. 58 de re jud. (42. 1). 265) Dazu würden ſich auch manche Fälle der reivind. utilis geſellen, wenn die herrſchende Lehre richtig wäre. In meinen Augen iſt die Reſolutiv- bedingung in ihrer modernen Geſtalt vom legislativen Standpunkt aus einer der verwerflichſten Rechtsmechanismen, die es gibt; die Form, die ihr ge- bührt, und die ſie ſtets hätte behalten ſollen, iſt die des perſönlichen An- ſpruchs (Contractsklage oder cond. causa data causa non secuta). In ihrer modern-römiſchen Geſtalt ſchließt ſie eine große Gefahr für das Eigenthum und eine ergiebige Quelle bedenklichſter Verwirrung in ſich.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/218>, abgerufen am 11.12.2024.