Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. worden sei, so lange werden wir auch den Versuch, den gött-lichen Zorn zur Erklärung des Wesens der Legisactionen zu ver- wenden, für einen mißlungenen erklären dürfen. Mit den Legisactionen als dem dritten Anwendungsfall des Ein Gegenstand, der dem ersten Anlauf eine solche Ausbeute Ich brauche mich nicht dagegen zu verwahren, als ob ich 912) Einige Beobachtungen habe ich aus Mangel an geeigneten Ge- sichtspunkten, denen ich sie hätte unterordnen können, nicht mitgetheilt, man verstatte mir, eine hervorzuheben. Warum lautete die Formel des Vindica- tionslegats: capito, sumito, habeto, die des Damnationslegats: dato, fa- cito? Hätten sie nicht umgekehrt lauten können? Nein! Die Obligation geht auf eine Leistung, ein dare, facere des Schuldners, der Eigenthums- erwerb besteht nach römischer Ansicht in einem Nehmen des Erwerbers (B. 1 §. 11), einem capere, sumere, darum lautet die eine Formel auf eine Handlung des Erben, die andere auf eine des Legatars, ohne des Erben zu erwähnen (ähnlich wie die Formel der mancipatio und in jure cessio). 913) Namentlich möchte ich ihn auch der Aufmerksamkeit der Philologen
anempfehlen. Wo fänden sie z. B. eine so absichtliche Unterscheidung der Conjunctionen quod und quando, als in den vier Formeln der Cognitoris datio bei Gaj. IV, 83, von denen die beiden des Klägers sich der einen, die des Beklagten sich der andern bedienen? Ich bin fest überzeugt, daß die be- griffliche Nüancirung der Conjunctionen quod, quum, quoniam, quando, si u. s. w. nirgends so beobachtet und folglich auch zu beobachten ist, als in den alten Formeln. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. worden ſei, ſo lange werden wir auch den Verſuch, den gött-lichen Zorn zur Erklärung des Weſens der Legisactionen zu ver- wenden, für einen mißlungenen erklären dürfen. Mit den Legisactionen als dem dritten Anwendungsfall des Ein Gegenſtand, der dem erſten Anlauf eine ſolche Ausbeute Ich brauche mich nicht dagegen zu verwahren, als ob ich 912) Einige Beobachtungen habe ich aus Mangel an geeigneten Ge- ſichtspunkten, denen ich ſie hätte unterordnen können, nicht mitgetheilt, man verſtatte mir, eine hervorzuheben. Warum lautete die Formel des Vindica- tionslegats: capito, sumito, habeto, die des Damnationslegats: dato, fa- cito? Hätten ſie nicht umgekehrt lauten können? Nein! Die Obligation geht auf eine Leiſtung, ein dare, facere des Schuldners, der Eigenthums- erwerb beſteht nach römiſcher Anſicht in einem Nehmen des Erwerbers (B. 1 §. 11), einem capere, sumere, darum lautet die eine Formel auf eine Handlung des Erben, die andere auf eine des Legatars, ohne des Erben zu erwähnen (ähnlich wie die Formel der mancipatio und in jure cessio). 913) Namentlich möchte ich ihn auch der Aufmerkſamkeit der Philologen
anempfehlen. Wo fänden ſie z. B. eine ſo abſichtliche Unterſcheidung der Conjunctionen quod und quando, als in den vier Formeln der Cognitoris datio bei Gaj. IV, 83, von denen die beiden des Klägers ſich der einen, die des Beklagten ſich der andern bedienen? Ich bin feſt überzeugt, daß die be- griffliche Nüancirung der Conjunctionen quod, quum, quoniam, quando, si u. ſ. w. nirgends ſo beobachtet und folglich auch zu beobachten iſt, als in den alten Formeln. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <p><pb facs="#f0384" n="678"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">B.</hi> Des ält. Rechts.</fw><lb/> worden ſei, ſo lange werden wir auch den Verſuch, den gött-<lb/> lichen Zorn zur Erklärung des Weſens der Legisactionen zu ver-<lb/> wenden, für einen mißlungenen erklären dürfen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Mit den Legisactionen als dem dritten Anwendungsfall des<lb/> Geſetzes der Correſpondenz der Form habe ich die Erörterung<lb/> des letzteren und damit meine Theorie der Compoſition der For-<lb/> meln überhaupt beſchloſſen.</p><lb/> <p>Ein Gegenſtand, der dem erſten Anlauf eine ſolche Ausbeute<lb/> gewährte, ſchließt jedenfalls noch eine Menge ungehobener<lb/> Schätze in ſich. <note place="foot" n="912)">Einige Beobachtungen habe ich aus Mangel an geeigneten Ge-<lb/> ſichtspunkten, denen ich ſie hätte unterordnen können, nicht mitgetheilt, man<lb/> verſtatte mir, eine hervorzuheben. Warum lautete die Formel des Vindica-<lb/> tionslegats: <hi rendition="#aq">capito, sumito, habeto,</hi> die des Damnationslegats: <hi rendition="#aq">dato, fa-<lb/> cito?</hi> Hätten ſie nicht umgekehrt lauten können? Nein! Die Obligation geht<lb/> auf eine Leiſtung, ein <hi rendition="#aq">dare, facere</hi> des <hi rendition="#g">Schuldners</hi>, der Eigenthums-<lb/> erwerb beſteht nach römiſcher Anſicht in einem <hi rendition="#g">Nehmen</hi> des <hi rendition="#g">Erwerbers</hi><lb/> (B. 1 §. 11), einem <hi rendition="#aq">capere, sumere,</hi> darum lautet die eine Formel auf eine<lb/> Handlung des <hi rendition="#g">Erben</hi>, die andere auf eine des <hi rendition="#g">Legatars</hi>, ohne des Erben<lb/> zu erwähnen (ähnlich wie die Formel der <hi rendition="#aq">mancipatio</hi> und <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi>).</note> Möge mein Verſuch dazu beigetragen haben,<lb/> die rechtshiſtoriſche Forſchung mehr als bisher auf dieſen Punkt<lb/> zu lenken. <note place="foot" n="913)">Namentlich möchte ich ihn auch der Aufmerkſamkeit der Philologen<lb/> anempfehlen. Wo fänden ſie z. B. eine ſo abſichtliche Unterſcheidung der<lb/> Conjunctionen <hi rendition="#aq">quod</hi> und <hi rendition="#aq">quando,</hi> als in den vier Formeln der <hi rendition="#aq">Cognitoris<lb/> datio</hi> bei <hi rendition="#aq">Gaj. IV,</hi> 83, von denen die beiden des Klägers ſich der <hi rendition="#g">einen</hi>, die<lb/> des Beklagten ſich der <hi rendition="#g">andern</hi> bedienen? Ich bin feſt überzeugt, daß die be-<lb/> griffliche Nüancirung der Conjunctionen <hi rendition="#aq">quod, quum, quoniam, quando,<lb/> si</hi> u. ſ. w. nirgends ſo beobachtet und folglich auch zu beobachten iſt, als in<lb/> den alten Formeln.</note> Darin würde zugleich das wirkſamſte Gegenge-<lb/> wicht liegen gegen eine zu einer Art Modekrankheit gewor-<lb/> dene — ich kann keinen andern Ausdruck wählen — Spielerei,<lb/> die man mit der Sache getrieben hat.</p><lb/> <p>Ich brauche mich nicht dagegen zu verwahren, als ob ich<lb/> das Verdienſtliche einer auf Grund poſitiver Baſis unternom-<lb/> menen Reſtitution der Formeln unterſchätze. Wogegen ich mich<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [678/0384]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
worden ſei, ſo lange werden wir auch den Verſuch, den gött-
lichen Zorn zur Erklärung des Weſens der Legisactionen zu ver-
wenden, für einen mißlungenen erklären dürfen.
Mit den Legisactionen als dem dritten Anwendungsfall des
Geſetzes der Correſpondenz der Form habe ich die Erörterung
des letzteren und damit meine Theorie der Compoſition der For-
meln überhaupt beſchloſſen.
Ein Gegenſtand, der dem erſten Anlauf eine ſolche Ausbeute
gewährte, ſchließt jedenfalls noch eine Menge ungehobener
Schätze in ſich. 912) Möge mein Verſuch dazu beigetragen haben,
die rechtshiſtoriſche Forſchung mehr als bisher auf dieſen Punkt
zu lenken. 913) Darin würde zugleich das wirkſamſte Gegenge-
wicht liegen gegen eine zu einer Art Modekrankheit gewor-
dene — ich kann keinen andern Ausdruck wählen — Spielerei,
die man mit der Sache getrieben hat.
Ich brauche mich nicht dagegen zu verwahren, als ob ich
das Verdienſtliche einer auf Grund poſitiver Baſis unternom-
menen Reſtitution der Formeln unterſchätze. Wogegen ich mich
912) Einige Beobachtungen habe ich aus Mangel an geeigneten Ge-
ſichtspunkten, denen ich ſie hätte unterordnen können, nicht mitgetheilt, man
verſtatte mir, eine hervorzuheben. Warum lautete die Formel des Vindica-
tionslegats: capito, sumito, habeto, die des Damnationslegats: dato, fa-
cito? Hätten ſie nicht umgekehrt lauten können? Nein! Die Obligation geht
auf eine Leiſtung, ein dare, facere des Schuldners, der Eigenthums-
erwerb beſteht nach römiſcher Anſicht in einem Nehmen des Erwerbers
(B. 1 §. 11), einem capere, sumere, darum lautet die eine Formel auf eine
Handlung des Erben, die andere auf eine des Legatars, ohne des Erben
zu erwähnen (ähnlich wie die Formel der mancipatio und in jure cessio).
913) Namentlich möchte ich ihn auch der Aufmerkſamkeit der Philologen
anempfehlen. Wo fänden ſie z. B. eine ſo abſichtliche Unterſcheidung der
Conjunctionen quod und quando, als in den vier Formeln der Cognitoris
datio bei Gaj. IV, 83, von denen die beiden des Klägers ſich der einen, die
des Beklagten ſich der andern bedienen? Ich bin feſt überzeugt, daß die be-
griffliche Nüancirung der Conjunctionen quod, quum, quoniam, quando,
si u. ſ. w. nirgends ſo beobachtet und folglich auch zu beobachten iſt, als in
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