Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. auf dieser Seite des Rechts ausschließlich von der Gesetzgebungaus, so war damit doch der Jurisprudenz nicht aller und jeder Raum zur Einwirkung verschlossen. Aber der Spielraum war ein enger; er fiel zusammen mit dem der alten Interpretation (S. 481 fl.). Das Wort also mußte man stehen lassen, 904) -- darauf war ja die ganze Idee der Legisactionen basirt -- allein in und mit dem Wort konnte man in der früher charak- terisirten Weise operiren. Auf diesem Wege gelang es denn, ohne Veränderung der Worte manchen Klagen einen weitern, vielleicht auch engern Umfang zu geben, als sie dem Gesetz nach in Anspruch nehmen konnten, so z. B. der actio de tigno juncto, bei der man das Wort tignum, der actio arborum furtim cae- sarum, bei der man das Wort arbores, der actio de glande legenda, bei der man das Wort glans im weitesten Sinn nahm. 905) Sehr weit aber reichte dieses Mittel allerdings nicht. Mochte 904) Damit waren die Fictionen ausgeschlossen, die Gajus darum auch erst bei Gelegenheit des Formularprocesses (IV, 32 und fl.) erwähnt. 905) S. über diese Beispiele L. 1 de tign. junct. (47. 3) L. 3 arb. furt. (47. 7) und oben S. 485. Ein anderes Beispiel (das Wort nocet in der act. aquae pluviae arcendae) S. 486. 906) Gaj. IV, 24 nec me praeterit in forma legis Furiae testamen-
tariae pro judicato verbum inseri, cum in ipsa lege non sit, quod videtur nulla ratione factum. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. auf dieſer Seite des Rechts ausſchließlich von der Geſetzgebungaus, ſo war damit doch der Jurisprudenz nicht aller und jeder Raum zur Einwirkung verſchloſſen. Aber der Spielraum war ein enger; er fiel zuſammen mit dem der alten Interpretation (S. 481 fl.). Das Wort alſo mußte man ſtehen laſſen, 904) — darauf war ja die ganze Idee der Legisactionen baſirt — allein in und mit dem Wort konnte man in der früher charak- teriſirten Weiſe operiren. Auf dieſem Wege gelang es denn, ohne Veränderung der Worte manchen Klagen einen weitern, vielleicht auch engern Umfang zu geben, als ſie dem Geſetz nach in Anſpruch nehmen konnten, ſo z. B. der actio de tigno juncto, bei der man das Wort tignum, der actio arborum furtim cae- sarum, bei der man das Wort arbores, der actio de glande legenda, bei der man das Wort glans im weiteſten Sinn nahm. 905) Sehr weit aber reichte dieſes Mittel allerdings nicht. Mochte 904) Damit waren die Fictionen ausgeſchloſſen, die Gajus darum auch erſt bei Gelegenheit des Formularproceſſes (IV, 32 und fl.) erwähnt. 905) S. über dieſe Beiſpiele L. 1 de tign. junct. (47. 3) L. 3 arb. furt. (47. 7) und oben S. 485. Ein anderes Beiſpiel (das Wort nocet in der act. aquae pluviae arcendae) S. 486. 906) Gaj. IV, 24 nec me praeterit in forma legis Furiae testamen-
tariae pro judicato verbum inseri, cum in ipsa lege non sit, quod videtur nulla ratione factum. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <p><pb facs="#f0376" n="670"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">B.</hi> Des ält. Rechts.</fw><lb/> auf dieſer Seite des Rechts ausſchließlich von der Geſetzgebung<lb/> aus, ſo war damit doch der Jurisprudenz nicht aller und jeder<lb/> Raum zur Einwirkung verſchloſſen. Aber der Spielraum war<lb/> ein enger; er fiel zuſammen mit dem der alten Interpretation<lb/> (S. 481 fl.). Das <hi rendition="#g">Wort</hi> alſo mußte man ſtehen laſſen, <note place="foot" n="904)">Damit waren die Fictionen ausgeſchloſſen, die Gajus darum auch<lb/> erſt bei Gelegenheit des Formularproceſſes (<hi rendition="#aq">IV,</hi> 32 und fl.) erwähnt.</note><lb/> — darauf war ja die ganze Idee der Legisactionen baſirt —<lb/> allein in und mit dem Wort konnte man in der früher charak-<lb/> teriſirten Weiſe operiren. Auf dieſem Wege gelang es denn,<lb/> ohne Veränderung der Worte manchen Klagen einen weitern,<lb/> vielleicht auch engern Umfang zu geben, als ſie dem Geſetz nach<lb/> in Anſpruch nehmen konnten, ſo z. B. der <hi rendition="#aq">actio de tigno juncto,</hi><lb/> bei der man das Wort <hi rendition="#aq">tignum,</hi> der <hi rendition="#aq">actio arborum furtim cae-<lb/> sarum,</hi> bei der man das Wort <hi rendition="#aq">arbores,</hi> der <hi rendition="#aq">actio de glande<lb/> legenda,</hi> bei der man das Wort <hi rendition="#aq">glans</hi> im weiteſten Sinn<lb/> nahm. <note place="foot" n="905)">S. über dieſe Beiſpiele <hi rendition="#aq">L. 1 de tign. junct. (47. 3) L. 3 arb.<lb/> furt. (47. 7)</hi> und oben S. 485. Ein anderes Beiſpiel (das Wort <hi rendition="#aq">nocet</hi> in<lb/> der <hi rendition="#aq">act. aquae pluviae arcendae</hi>) S. 486.</note></p><lb/> <p>Sehr weit aber reichte dieſes Mittel allerdings nicht. Mochte<lb/> man den Sinn des Worts drehen und wenden wie man wollte,<lb/> dies hatte doch ſeine Gränze. Aus dem Worte: <hi rendition="#aq">in jure</hi> bei-<lb/> ſpielsweiſe konnte man nicht die pure Negation deſſelben machen,<lb/> wie dies doch hätte geſchehen müſſen, wenn man die früher be-<lb/> ſprochene Veränderung in der Vornahme des <hi rendition="#aq">manum conserere</hi><lb/> (S. 600) rein auf dem Wege der Interpretation hätte bewerk-<lb/> ſtelligen wollen. Hier entſchloß man ſich denn mit dem Princip<lb/> der <hi rendition="#aq">legis actio</hi> geradezu zu brechen und ein Wort in die Formel<lb/> zu bringen, das mit dem des Geſetzes in offenem Widerſpruch<lb/> ſtand. Gajus hat noch <hi rendition="#g">einen</hi> Fall überliefert; <note place="foot" n="906)"><hi rendition="#aq">Gaj. IV, 24 nec me praeterit in forma legis Furiae testamen-<lb/> tariae <hi rendition="#g">pro judicato</hi> verbum inseri, cum in ipsa lege non sit, quod<lb/> videtur nulla ratione factum.</hi></note> die Art und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [670/0376]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
auf dieſer Seite des Rechts ausſchließlich von der Geſetzgebung
aus, ſo war damit doch der Jurisprudenz nicht aller und jeder
Raum zur Einwirkung verſchloſſen. Aber der Spielraum war
ein enger; er fiel zuſammen mit dem der alten Interpretation
(S. 481 fl.). Das Wort alſo mußte man ſtehen laſſen, 904)
— darauf war ja die ganze Idee der Legisactionen baſirt —
allein in und mit dem Wort konnte man in der früher charak-
teriſirten Weiſe operiren. Auf dieſem Wege gelang es denn,
ohne Veränderung der Worte manchen Klagen einen weitern,
vielleicht auch engern Umfang zu geben, als ſie dem Geſetz nach
in Anſpruch nehmen konnten, ſo z. B. der actio de tigno juncto,
bei der man das Wort tignum, der actio arborum furtim cae-
sarum, bei der man das Wort arbores, der actio de glande
legenda, bei der man das Wort glans im weiteſten Sinn
nahm. 905)
Sehr weit aber reichte dieſes Mittel allerdings nicht. Mochte
man den Sinn des Worts drehen und wenden wie man wollte,
dies hatte doch ſeine Gränze. Aus dem Worte: in jure bei-
ſpielsweiſe konnte man nicht die pure Negation deſſelben machen,
wie dies doch hätte geſchehen müſſen, wenn man die früher be-
ſprochene Veränderung in der Vornahme des manum conserere
(S. 600) rein auf dem Wege der Interpretation hätte bewerk-
ſtelligen wollen. Hier entſchloß man ſich denn mit dem Princip
der legis actio geradezu zu brechen und ein Wort in die Formel
zu bringen, das mit dem des Geſetzes in offenem Widerſpruch
ſtand. Gajus hat noch einen Fall überliefert; 906) die Art und
904) Damit waren die Fictionen ausgeſchloſſen, die Gajus darum auch
erſt bei Gelegenheit des Formularproceſſes (IV, 32 und fl.) erwähnt.
905) S. über dieſe Beiſpiele L. 1 de tign. junct. (47. 3) L. 3 arb.
furt. (47. 7) und oben S. 485. Ein anderes Beiſpiel (das Wort nocet in
der act. aquae pluviae arcendae) S. 486.
906) Gaj. IV, 24 nec me praeterit in forma legis Furiae testamen-
tariae pro judicato verbum inseri, cum in ipsa lege non sit, quod
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