Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. S. 158); der dabei benutzte solenne Ausdruck ist: videri.832)Ebenso das Zeugniß (Gutachten des Kunstverständigen?), für welches der Ausdruck: arbitrari üblich war,833) und höchst wahrscheinlich wird man in älterer Zeit diese Form auch bei allen Arten von Gutachten beobachtet haben, so z. B. bei den Responsen der Juristen, Augurn, Fetialen, Pontifices u. s. w.834) 4. Der Indicativ. Er ist die Form der Behauptung, sollten, kann ich nicht glauben, habe jedoch meine Untersuchung nicht so weit ausdehnen können. 832) Cic. Acad. prior. II, 47: majores voluerunt ... quae judices cognovissent, ea non ut esse facta sed ut videri pronuntiarent. Bei- spiele bei Briss. V, c. 218. Namentlich scheint im Sacramentsproceß das Urtheil auf sacramentum (actoris, rei) justum videri gelautet zu haben. Keller Civilproceß §. 66 bezeichnet das videri bloß als "alt anständig". 833) Cic. pro Fontejo c. 9: illud verbum consideratissi- mum nostrae consuetudinis: arbitror, quo nos etiam tunc utimur, quum ea dicimus jurati quae comperti habemus, quae ipsi vidimus. Acad. prior. II, 47. 834) Daß man späterhin sich nicht an diese Form band, ist freilich un- zweifelhaft, allein dies ist für die ältere Zeit durchaus nicht maßgebend. Bei- spiele jener Responsen s. bei Briss. I, 211, 215, 218 II, 98 III, 88 u. a. 835) Die letztere Formel bei Val. Prob. de notis §. 4, die erstere bei
Gaj. IV, 16. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. S. 158); der dabei benutzte ſolenne Ausdruck iſt: videri.832)Ebenſo das Zeugniß (Gutachten des Kunſtverſtändigen?), für welches der Ausdruck: arbitrari üblich war,833) und höchſt wahrſcheinlich wird man in älterer Zeit dieſe Form auch bei allen Arten von Gutachten beobachtet haben, ſo z. B. bei den Reſponſen der Juriſten, Augurn, Fetialen, Pontifices u. ſ. w.834) 4. Der Indicativ. Er iſt die Form der Behauptung, ſollten, kann ich nicht glauben, habe jedoch meine Unterſuchung nicht ſo weit ausdehnen können. 832) Cic. Acad. prior. II, 47: majores voluerunt … quae judices cognovissent, ea non ut esse facta sed ut videri pronuntiarent. Bei- ſpiele bei Briss. V, c. 218. Namentlich ſcheint im Sacramentsproceß das Urtheil auf sacramentum (actoris, rei) justum videri gelautet zu haben. Keller Civilproceß §. 66 bezeichnet das videri bloß als „alt anſtändig“. 833) Cic. pro Fontejo c. 9: illud verbum consideratissi- mum nostrae consuetudinis: arbitror, quo nos etiam tunc utimur, quum ea dicimus jurati quae comperti habemus, quae ipsi vidimus. Acad. prior. II, 47. 834) Daß man ſpäterhin ſich nicht an dieſe Form band, iſt freilich un- zweifelhaft, allein dies iſt für die ältere Zeit durchaus nicht maßgebend. Bei- ſpiele jener Reſponſen ſ. bei Briss. I, 211, 215, 218 II, 98 III, 88 u. a. 835) Die letztere Formel bei Val. Prob. de notis §. 4, die erſtere bei
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
S. 158); der dabei benutzte ſolenne Ausdruck iſt: videri. 832)
Ebenſo das Zeugniß (Gutachten des Kunſtverſtändigen?), für
welches der Ausdruck: arbitrari üblich war, 833) und höchſt
wahrſcheinlich wird man in älterer Zeit dieſe Form auch bei
allen Arten von Gutachten beobachtet haben, ſo z. B. bei
den Reſponſen der Juriſten, Augurn, Fetialen, Pontifices
u. ſ. w. 834)
4. Der Indicativ. Er iſt die Form der Behauptung,
Erklärung, Verſicherung, Conſtatirung. Aber mit
einem wohl zu beachtenden, ungemein feinen Unterſchiede.
Wenn die Thatſache, welche der Sprechende behauptet, ledig-
lich auf ſeiner ſubjectiven Ueberzeugung beruht, z. B. daß
er Eigenthümer oder Gläubiger ſei, ſo kann er nicht ſagen: res
mea est, te mihi dare oportet, ſondern nur: ajo rem
meam esse, ajo te mihi dare oportere. 835) Anders hingegen,
wenn ſeine bloße Erklärung ausreicht, die beabſichtigte Wir-
kung objectiv hervorzurufen, oder wenn ſie ſeine eigne Hand-
lung oder eine Thatſache, die vor ſeinen Augen geſchieht, con-
ſtatiren, ohrenkundig machen ſoll. Hier ſpricht er kategoriſch,
alſo z. B. auctor fio, praes sum, spondeo, hereditatem adeo,
831)
832) Cic. Acad. prior. II, 47: majores voluerunt … quae judices
cognovissent, ea non ut esse facta sed ut videri pronuntiarent. Bei-
ſpiele bei Briss. V, c. 218. Namentlich ſcheint im Sacramentsproceß das
Urtheil auf sacramentum (actoris, rei) justum videri gelautet zu haben.
Keller Civilproceß §. 66 bezeichnet das videri bloß als „alt anſtändig“.
833) Cic. pro Fontejo c. 9: illud verbum consideratissi-
mum nostrae consuetudinis: arbitror, quo nos etiam tunc utimur,
quum ea dicimus jurati quae comperti habemus, quae ipsi vidimus.
Acad. prior. II, 47.
834) Daß man ſpäterhin ſich nicht an dieſe Form band, iſt freilich un-
zweifelhaft, allein dies iſt für die ältere Zeit durchaus nicht maßgebend. Bei-
ſpiele jener Reſponſen ſ. bei Briss. I, 211, 215, 218 II, 98 III, 88 u. a.
835) Die letztere Formel bei Val. Prob. de notis §. 4, die erſtere bei
Gaj. IV, 16.
831) ſollten, kann ich nicht glauben, habe jedoch meine Unterſuchung nicht ſo weit
ausdehnen können.
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