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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts.
solve) als an die Partheien (mittite ambo hominem, inite
viam)
imperativisch. Folgeweise auch das Urtheil des Richters,
wenn ihm eine Condemnation und nicht etwa ein bloßer
Ausspruch (praejudicialis formula) aufgetragen ist;821) der
Prätor hat die Macht zu befehlen auf ihn übertragen. Bei
einem Antrage ans Volk bedient der Magistrat sich der milde-
ren Form der Aufforderung: des Conjunctivs -- velitis ju-
beatis.
822)

Eine Aufforderung von Seiten der Privatperson lautet
nur da imperativisch, wo letztere im Voraus der Erfüllung ver-
sichert worden ist, so z. B. an die Zeugen, welche ihr ihre Mit-
wirkung versprochen haben, (Litiscontestatio: testes estote;
nuncupatio testamenti: testimonium mihi perhibetote)
oder
umgekehrt von Seiten des Libripens an die Parthei (S. 565
Note 708). Dagegen lautet die Aufforderung an die Gegen-
parthei nicht imperativisch, also z. B. nicht: ambula mecum
in jus,
sondern in jus te voco (s. u.), nicht dic, ex qua causa
vindicaveris,
sondern postulo anne dicas, ex qua u. s. w.823)
Noch weniger kann natürlich die Parthei zum Prätor sagen: da
mihi judicem,
sondern: postulo, uti des, oder gar den Impe-
rativ an sich selbst richten, was der Fall sein würde, wenn die
Formel der Mancipation nach Meinung eines heutigen Juri-
sten (S. 564 Note 706) imperativisch: emtus esto hätte lau-
ten sollen. Bei der feinen Unterscheidung, die die Römer im
Gebrauch des Imperativs beobachten, wäre dies ein gar zu

821) z. B. Solve L. 59 §. 1 de re jud. (42. 1). Daß für das Urtheil
keine verba solennia erforderlich gewesen sein sollten (Keller röm. Proceß
§. 66: läßt sich höchstens für die spätere Zeit behaupten. Für die ältere
s. Varro de L. L. VI, 61 judex .. quibusdam verbis dicendo finit.
Ueber die Form des bloßen Ausspruches s. unten.
822) z. B. Gell. V, 19.
823) Gaj. IV, 16. Ebenso die dort mitgetheilte Formel: sacramento
te provoco,
und bei Val. Prob. de notis §. 4: quando in jure te conspi-
cio, postulo an fas (fuas, fias) autor.
Ebendaselbst die gleich nachher im
Text erwähnte Formel der judicis postulatio.

Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
solve) als an die Partheien (mittite ambo hominem, inite
viam)
imperativiſch. Folgeweiſe auch das Urtheil des Richters,
wenn ihm eine Condemnation und nicht etwa ein bloßer
Ausſpruch (praejudicialis formula) aufgetragen iſt;821) der
Prätor hat die Macht zu befehlen auf ihn übertragen. Bei
einem Antrage ans Volk bedient der Magiſtrat ſich der milde-
ren Form der Aufforderung: des Conjunctivs — velitis ju-
beatis.
822)

Eine Aufforderung von Seiten der Privatperſon lautet
nur da imperativiſch, wo letztere im Voraus der Erfüllung ver-
ſichert worden iſt, ſo z. B. an die Zeugen, welche ihr ihre Mit-
wirkung verſprochen haben, (Litiscontestatio: testes estote;
nuncupatio testamenti: testimonium mihi perhibetote)
oder
umgekehrt von Seiten des Libripens an die Parthei (S. 565
Note 708). Dagegen lautet die Aufforderung an die Gegen-
parthei nicht imperativiſch, alſo z. B. nicht: ambula mecum
in jus,
ſondern in jus te voco (ſ. u.), nicht dic, ex qua causa
vindicaveris,
ſondern postulo anne dicas, ex qua u. ſ. w.823)
Noch weniger kann natürlich die Parthei zum Prätor ſagen: da
mihi judicem,
ſondern: postulo, uti des, oder gar den Impe-
rativ an ſich ſelbſt richten, was der Fall ſein würde, wenn die
Formel der Mancipation nach Meinung eines heutigen Juri-
ſten (S. 564 Note 706) imperativiſch: emtus esto hätte lau-
ten ſollen. Bei der feinen Unterſcheidung, die die Römer im
Gebrauch des Imperativs beobachten, wäre dies ein gar zu

821) z. B. Solve L. 59 §. 1 de re jud. (42. 1). Daß für das Urtheil
keine verba solennia erforderlich geweſen ſein ſollten (Keller röm. Proceß
§. 66: läßt ſich höchſtens für die ſpätere Zeit behaupten. Für die ältere
ſ. Varro de L. L. VI, 61 judex .. quibusdam verbis dicendo finit.
Ueber die Form des bloßen Ausſpruches ſ. unten.
822) z. B. Gell. V, 19.
823) Gaj. IV, 16. Ebenſo die dort mitgetheilte Formel: sacramento
te provoco,
und bei Val. Prob. de notis §. 4: quando in jure te conspi-
cio, postulo an fas (fuas, fias) autor.
Ebendaſelbſt die gleich nachher im
Text erwähnte Formel der judicis postulatio.
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[628/0334] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. solve) als an die Partheien (mittite ambo hominem, inite viam) imperativiſch. Folgeweiſe auch das Urtheil des Richters, wenn ihm eine Condemnation und nicht etwa ein bloßer Ausſpruch (praejudicialis formula) aufgetragen iſt; 821) der Prätor hat die Macht zu befehlen auf ihn übertragen. Bei einem Antrage ans Volk bedient der Magiſtrat ſich der milde- ren Form der Aufforderung: des Conjunctivs — velitis ju- beatis. 822) Eine Aufforderung von Seiten der Privatperſon lautet nur da imperativiſch, wo letztere im Voraus der Erfüllung ver- ſichert worden iſt, ſo z. B. an die Zeugen, welche ihr ihre Mit- wirkung verſprochen haben, (Litiscontestatio: testes estote; nuncupatio testamenti: testimonium mihi perhibetote) oder umgekehrt von Seiten des Libripens an die Parthei (S. 565 Note 708). Dagegen lautet die Aufforderung an die Gegen- parthei nicht imperativiſch, alſo z. B. nicht: ambula mecum in jus, ſondern in jus te voco (ſ. u.), nicht dic, ex qua causa vindicaveris, ſondern postulo anne dicas, ex qua u. ſ. w. 823) Noch weniger kann natürlich die Parthei zum Prätor ſagen: da mihi judicem, ſondern: postulo, uti des, oder gar den Impe- rativ an ſich ſelbſt richten, was der Fall ſein würde, wenn die Formel der Mancipation nach Meinung eines heutigen Juri- ſten (S. 564 Note 706) imperativiſch: emtus esto hätte lau- ten ſollen. Bei der feinen Unterſcheidung, die die Römer im Gebrauch des Imperativs beobachten, wäre dies ein gar zu 821) z. B. Solve L. 59 §. 1 de re jud. (42. 1). Daß für das Urtheil keine verba solennia erforderlich geweſen ſein ſollten (Keller röm. Proceß §. 66: läßt ſich höchſtens für die ſpätere Zeit behaupten. Für die ältere ſ. Varro de L. L. VI, 61 judex .. quibusdam verbis dicendo finit. Ueber die Form des bloßen Ausſpruches ſ. unten. 822) z. B. Gell. V, 19. 823) Gaj. IV, 16. Ebenſo die dort mitgetheilte Formel: sacramento te provoco, und bei Val. Prob. de notis §. 4: quando in jure te conspi- cio, postulo an fas (fuas, fias) autor. Ebendaſelbſt die gleich nachher im Text erwähnte Formel der judicis postulatio.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/334>, abgerufen am 25.11.2024.