Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 46. des historischen Ursprunges der sponsio an den Eid 744) zurück-zukommen. Dieselbe Form, die uns in Anwendung auf jene min- destens gesagt als etwas Positives, Römisches erscheint, findet sich für den letztern Act als die regelmäßige bei fast allen Völ- kern. Wer sich einen Eid schwören läßt, nimmt ihn ab, er sagt ihn vor, und der Andere spricht ihn wörtlich nach oder sagt wenigstens die entscheidenden Worte: ich gelobe und schwöre. War nun die sponsio ursprünglich das eidliche Versprechen, das Wort: spondeo das "Geloben und Schwören" und zwar, wie sich von selbst verstand, für Römer bei den römischen Göttern, so ist damit außer der Unfähigkeitserklärung der Peregrinen für diese Form zugleich das Charakteristische der letzteren selbst erklärt. Als unter der religiösen Hülle die Idee der bindenden Kraft des Versprechens genügend er- starkt war, streifte letzteres die religiöse Beziehung ab, behielt aber die Form der Frage und Antwort bei -- ein Uebergang von der ursprünglich sacralen zur profanen Form, zu dem die römische Rechtsgeschichte noch manche andere Seitenstücke lie- fert. 745) Welche andere Idee aber sich jetzt mit dieser Form verband, das auszuführen muß ich einem andern Zusammen- hang überlassen. 746) Rücksichtlich ihrer ausgedehnten Anwendbarkeit durfte 744) Die Ansicht ist inzwischen auch von Danz der sacrale Schutz im römischen Rechtsverkehr S. 105 u. fl. angenommen und von neuem ver- theidigt. 745) S. z. B. das sacramentum B. 1 S. 267 Anm. 746) S. den schon oben citirten § in der Theorie des subj. Willens: reales Element des Willens. 747) Stipulatio kommt von stips, letzteres von der Sanskrit-Wurzel
stha, von der auch Stab und Stift. Im Lateinischen hieß stip, stipit, Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 46. des hiſtoriſchen Urſprunges der sponsio an den Eid 744) zurück-zukommen. Dieſelbe Form, die uns in Anwendung auf jene min- deſtens geſagt als etwas Poſitives, Römiſches erſcheint, findet ſich für den letztern Act als die regelmäßige bei faſt allen Völ- kern. Wer ſich einen Eid ſchwören läßt, nimmt ihn ab, er ſagt ihn vor, und der Andere ſpricht ihn wörtlich nach oder ſagt wenigſtens die entſcheidenden Worte: ich gelobe und ſchwöre. War nun die sponsio urſprünglich das eidliche Verſprechen, das Wort: spondeo das „Geloben und Schwören“ und zwar, wie ſich von ſelbſt verſtand, für Römer bei den römiſchen Göttern, ſo iſt damit außer der Unfähigkeitserklärung der Peregrinen für dieſe Form zugleich das Charakteriſtiſche der letzteren ſelbſt erklärt. Als unter der religiöſen Hülle die Idee der bindenden Kraft des Verſprechens genügend er- ſtarkt war, ſtreifte letzteres die religiöſe Beziehung ab, behielt aber die Form der Frage und Antwort bei — ein Uebergang von der urſprünglich ſacralen zur profanen Form, zu dem die römiſche Rechtsgeſchichte noch manche andere Seitenſtücke lie- fert. 745) Welche andere Idee aber ſich jetzt mit dieſer Form verband, das auszuführen muß ich einem andern Zuſammen- hang überlaſſen. 746) Rückſichtlich ihrer ausgedehnten Anwendbarkeit durfte 744) Die Anſicht iſt inzwiſchen auch von Danz der ſacrale Schutz im römiſchen Rechtsverkehr S. 105 u. fl. angenommen und von neuem ver- theidigt. 745) S. z. B. das sacramentum B. 1 S. 267 Anm. 746) S. den ſchon oben citirten § in der Theorie des ſubj. Willens: reales Element des Willens. 747) Stipulatio kommt von stips, letzteres von der Sanskrit-Wurzel
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Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 46.
des hiſtoriſchen Urſprunges der sponsio an den Eid 744) zurück-
zukommen. Dieſelbe Form, die uns in Anwendung auf jene min-
deſtens geſagt als etwas Poſitives, Römiſches erſcheint, findet
ſich für den letztern Act als die regelmäßige bei faſt allen Völ-
kern. Wer ſich einen Eid ſchwören läßt, nimmt ihn ab, er ſagt
ihn vor, und der Andere ſpricht ihn wörtlich nach oder ſagt
wenigſtens die entſcheidenden Worte: ich gelobe und ſchwöre.
War nun die sponsio urſprünglich das eidliche Verſprechen,
das Wort: spondeo das „Geloben und Schwören“ und zwar,
wie ſich von ſelbſt verſtand, für Römer bei den römiſchen
Göttern, ſo iſt damit außer der Unfähigkeitserklärung der
Peregrinen für dieſe Form zugleich das Charakteriſtiſche der
letzteren ſelbſt erklärt. Als unter der religiöſen Hülle die
Idee der bindenden Kraft des Verſprechens genügend er-
ſtarkt war, ſtreifte letzteres die religiöſe Beziehung ab, behielt
aber die Form der Frage und Antwort bei — ein Uebergang
von der urſprünglich ſacralen zur profanen Form, zu dem die
römiſche Rechtsgeſchichte noch manche andere Seitenſtücke lie-
fert. 745) Welche andere Idee aber ſich jetzt mit dieſer Form
verband, das auszuführen muß ich einem andern Zuſammen-
hang überlaſſen. 746)
Rückſichtlich ihrer ausgedehnten Anwendbarkeit durfte
die Stipulation ſich füglich mit den beiden bisher betrachteten
Formen meſſen; was letztere für die abſoluten Rechte, war ſie
für das relative, die Obligation: eine allgemeine Form, wo-
durch, wie auch in ihrem Namen liegt, 747) die Sache feſt ge-
744) Die Anſicht iſt inzwiſchen auch von Danz der ſacrale Schutz im
römiſchen Rechtsverkehr S. 105 u. fl. angenommen und von neuem ver-
theidigt.
745) S. z. B. das sacramentum B. 1 S. 267 Anm.
746) S. den ſchon oben citirten § in der Theorie des ſubj. Willens:
reales Element des Willens.
747) Stipulatio kommt von stips, letzteres von der Sanskrit-Wurzel
sthâ, von der auch Stab und Stift. Im Lateiniſchen hieß stip, stipit,
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