Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts.
Das ist so allgemein die Natur des concreteren sinnlicheren und sinnigeren Bildungszustandes. Der Antwortende kann noch nicht nach-denken und nach-wollen ohne nach-zu sprechen und hat die instinktmäßige Vorsicht bei dieser Weise, die ihm dien- licher und sicherer ist, zu bleiben. Denn nur wenn das Ge- fragte nach gesprochen ist, können beide Theile sicher sein, daß auch dasselbe gemeint ist.
Im gebildeten Zustande würde auf die Frage: "willst du für zweitausend mir u. s. w. geben" mit einem bloßen Ja ge- antwortet werden und damit die unumwundeste Einigkeit vor- zuliegen scheinen. Im Einzelnen, also im Ganzen ist aber in- nerlich vielleicht die größte Uneinigkeit vorhanden; der Ver- käufer verstand vielleicht "drei" statt "zwei" u. s. w. Alle diese Dinge wären beim wörtlichen Nachsprechen zum Vorschein gekommen. Wenn dagegen bei den Alten der Gläubiger fragte: spondesne Stichum hominem .... dare, so antwortete der Gläubiger nicht bloß mit spondeo, sondern er wiederholte den ganzen Satz. Nur bei der feierlichsten Form der Aussage oder Zusage durch rechten Eid verlangen auch wir noch jenen ur- sprünglich ganz allgemein üblichen umständlichen, detaillirten Ausspruch. Beim Katechisiren mit Kindern, bei Aufträgen an Ungebildete begnügt man sich ebenfalls nicht mit einem bloßen "Ja", sondern verlangt umständliche Wiederholung.
Es ist einleuchtend, in welchem Grade diese concrete Be- jahung größere Garantie des Einverständnisses und Ernstes gibt, als die abstracte. Es ist zwischen beiden in Hinsicht der Zuverlässigkeit ungefähr der Unterschied, wie ob man eine zu hebende Last mit dem bloßen Augenmaße probirt und approbirt oder sie wirklich auf die Schultern nimmt."
Soweit Christiansen. Die von ihm in Bezug genommene Analogie des Eides gibt mir den Anlaß, auf die von mir bei einer andern Gelegenheit (B. 1 S. 264) versuchte Anknüpfung
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
Das iſt ſo allgemein die Natur des concreteren ſinnlicheren und ſinnigeren Bildungszuſtandes. Der Antwortende kann noch nicht nach-denken und nach-wollen ohne nach-zu ſprechen und hat die inſtinktmäßige Vorſicht bei dieſer Weiſe, die ihm dien- licher und ſicherer iſt, zu bleiben. Denn nur wenn das Ge- fragte nach geſprochen iſt, können beide Theile ſicher ſein, daß auch daſſelbe gemeint iſt.
Im gebildeten Zuſtande würde auf die Frage: „willſt du für zweitauſend mir u. ſ. w. geben“ mit einem bloßen Ja ge- antwortet werden und damit die unumwundeſte Einigkeit vor- zuliegen ſcheinen. Im Einzelnen, alſo im Ganzen iſt aber in- nerlich vielleicht die größte Uneinigkeit vorhanden; der Ver- käufer verſtand vielleicht „drei“ ſtatt „zwei“ u. ſ. w. Alle dieſe Dinge wären beim wörtlichen Nachſprechen zum Vorſchein gekommen. Wenn dagegen bei den Alten der Gläubiger fragte: spondesne Stichum hominem .... dare, ſo antwortete der Gläubiger nicht bloß mit spondeo, ſondern er wiederholte den ganzen Satz. Nur bei der feierlichſten Form der Ausſage oder Zuſage durch rechten Eid verlangen auch wir noch jenen ur- ſprünglich ganz allgemein üblichen umſtändlichen, detaillirten Ausſpruch. Beim Katechiſiren mit Kindern, bei Aufträgen an Ungebildete begnügt man ſich ebenfalls nicht mit einem bloßen „Ja“, ſondern verlangt umſtändliche Wiederholung.
Es iſt einleuchtend, in welchem Grade dieſe concrete Be- jahung größere Garantie des Einverſtändniſſes und Ernſtes gibt, als die abſtracte. Es iſt zwiſchen beiden in Hinſicht der Zuverläſſigkeit ungefähr der Unterſchied, wie ob man eine zu hebende Laſt mit dem bloßen Augenmaße probirt und approbirt oder ſie wirklich auf die Schultern nimmt.“
Soweit Chriſtianſen. Die von ihm in Bezug genommene Analogie des Eides gibt mir den Anlaß, auf die von mir bei einer andern Gelegenheit (B. 1 S. 264) verſuchte Anknüpfung
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
Das iſt ſo allgemein die Natur des concreteren ſinnlicheren und
ſinnigeren Bildungszuſtandes. Der Antwortende kann noch
nicht nach-denken und nach-wollen ohne nach-zu ſprechen und
hat die inſtinktmäßige Vorſicht bei dieſer Weiſe, die ihm dien-
licher und ſicherer iſt, zu bleiben. Denn nur wenn das Ge-
fragte nach geſprochen iſt, können beide Theile ſicher ſein,
daß auch daſſelbe gemeint iſt.
Im gebildeten Zuſtande würde auf die Frage: „willſt du
für zweitauſend mir u. ſ. w. geben“ mit einem bloßen Ja ge-
antwortet werden und damit die unumwundeſte Einigkeit vor-
zuliegen ſcheinen. Im Einzelnen, alſo im Ganzen iſt aber in-
nerlich vielleicht die größte Uneinigkeit vorhanden; der Ver-
käufer verſtand vielleicht „drei“ ſtatt „zwei“ u. ſ. w. Alle dieſe
Dinge wären beim wörtlichen Nachſprechen zum Vorſchein
gekommen. Wenn dagegen bei den Alten der Gläubiger fragte:
spondesne Stichum hominem .... dare, ſo antwortete der
Gläubiger nicht bloß mit spondeo, ſondern er wiederholte den
ganzen Satz. Nur bei der feierlichſten Form der Ausſage oder
Zuſage durch rechten Eid verlangen auch wir noch jenen ur-
ſprünglich ganz allgemein üblichen umſtändlichen, detaillirten
Ausſpruch. Beim Katechiſiren mit Kindern, bei Aufträgen an
Ungebildete begnügt man ſich ebenfalls nicht mit einem bloßen
„Ja“, ſondern verlangt umſtändliche Wiederholung.
Es iſt einleuchtend, in welchem Grade dieſe concrete Be-
jahung größere Garantie des Einverſtändniſſes und Ernſtes
gibt, als die abſtracte. Es iſt zwiſchen beiden in Hinſicht der
Zuverläſſigkeit ungefähr der Unterſchied, wie ob man eine zu
hebende Laſt mit dem bloßen Augenmaße probirt und approbirt
oder ſie wirklich auf die Schultern nimmt.“
Soweit Chriſtianſen. Die von ihm in Bezug genommene
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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/290>, abgerufen am 16.07.2024.
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