Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. dem Anschlagen des Erzes an die Wagschale als der Darstel-lung der Zahlung. Die obige Hypothese löst das Räthsel. Die mancipatio beginnt mit dem Ergreifen und dem ihm ent- sprechenden Theil der Formel, weil dies der eigenthümliche Kern und ursprüngliche Stamm der Mancipatio, also das Prin- cipale ist, das Zahlen aber und der entsprechende Theil der Formel bekömmt als neuerer Zusatz und bloßes Accessorium die zweite Stelle. Ebenso erklärt sich auf diese Weise, wie Mani- lius und Gallus Aelius bei ihren Definitionen des Nexum auch die Mancipation mit unter diesen Begriff bringen konn- ten. 713) Es hätte jeder Schein eines Grundes dazu gefehlt, wenn beide Geschäfte sich von jeher fremd gegen einander über gestanden hätten, während wenn, wie ich annehme, die Schein- zahlung vom Nexum in die Mancipation hinübergenommen war, jene Auffassung allerdings eine gewisse Wahrheit hatte. Sie litt nur an dem Fehler, daß sie die Wortbedeutung von Nexum zu weit griff, man hatte zwar die Sache, nicht aber den Ausdruck mit entlehnt, und in dieser rein sprach- lichen Beziehung traf daher ein dritter Jurist, Q. Mutius Scävola, 714) gewiß das allein Richtige, wenn er das Nexum als obligatorisches Geschäft per aes et libram defi- nirte. 715) 713) Varro de L. L. VII, 5 §. 105: Nexum Mamilius (Manilius) scribit omne quod per libram et aes geritur, in quo sint mancipia. Fest. Nexum. Nexum est ut ait Gallus Aelius quodcunque per aes et libram geritur idque necti dicitur, quo in genere sunt (nämlich als zu seiner Zeit praktische Fälle) haec: testamenti factio, nexi datio, nexi liberatio. 714) Varro a. a. O.: Mutius: quae per aes et libram fiant, ut obligentur (Huschke: obligetur), praeter quam (Niebuhr: quae, Huschke: quum), mancipio detur (Niebuhr: dentur). Hoc verius esse ipsum ver- bum ostendit, de quo quaerit, nam idem quod obligatur per libram ne- que suum fit (was nicht behalten, sondern zurückgegeben werden soll d. h. geliehen wird) inde nexum dictum. 715) Bei nicht juristischen Schriftstellern kömmt jedoch der Ausdruck
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. dem Anſchlagen des Erzes an die Wagſchale als der Darſtel-lung der Zahlung. Die obige Hypotheſe löſt das Räthſel. Die mancipatio beginnt mit dem Ergreifen und dem ihm ent- ſprechenden Theil der Formel, weil dies der eigenthümliche Kern und urſprüngliche Stamm der Mancipatio, alſo das Prin- cipale iſt, das Zahlen aber und der entſprechende Theil der Formel bekömmt als neuerer Zuſatz und bloßes Acceſſorium die zweite Stelle. Ebenſo erklärt ſich auf dieſe Weiſe, wie Mani- lius und Gallus Aelius bei ihren Definitionen des Nexum auch die Mancipation mit unter dieſen Begriff bringen konn- ten. 713) Es hätte jeder Schein eines Grundes dazu gefehlt, wenn beide Geſchäfte ſich von jeher fremd gegen einander über geſtanden hätten, während wenn, wie ich annehme, die Schein- zahlung vom Nexum in die Mancipation hinübergenommen war, jene Auffaſſung allerdings eine gewiſſe Wahrheit hatte. Sie litt nur an dem Fehler, daß ſie die Wortbedeutung von Nexum zu weit griff, man hatte zwar die Sache, nicht aber den Ausdruck mit entlehnt, und in dieſer rein ſprach- lichen Beziehung traf daher ein dritter Juriſt, Q. Mutius Scävola, 714) gewiß das allein Richtige, wenn er das Nexum als obligatoriſches Geſchäft per aes et libram defi- nirte. 715) 713) Varro de L. L. VII, 5 §. 105: Nexum Mamilius (Manilius) scribit omne quod per libram et aes geritur, in quo sint mancipia. Fest. Nexum. Nexum est ut ait Gallus Aelius quodcunque per aes et libram geritur idque necti dicitur, quo in genere sunt (nämlich als zu ſeiner Zeit praktiſche Fälle) haec: testamenti factio, nexi datio, nexi liberatio. 714) Varro a. a. O.: Mutius: quae per aes et libram fiant, ut obligentur (Huſchke: obligetur), praeter quam (Niebuhr: quae, Huſchke: quum), mancipio detur (Niebuhr: dentur). Hoc verius esse ipsum ver- bum ostendit, de quo quaerit, nam idem quod obligatur per libram ne- que suum fit (was nicht behalten, ſondern zurückgegeben werden ſoll d. h. geliehen wird) inde nexum dictum. 715) Bei nicht juriſtiſchen Schriftſtellern kömmt jedoch der Ausdruck
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
dem Anſchlagen des Erzes an die Wagſchale als der Darſtel-
lung der Zahlung. Die obige Hypotheſe löſt das Räthſel.
Die mancipatio beginnt mit dem Ergreifen und dem ihm ent-
ſprechenden Theil der Formel, weil dies der eigenthümliche
Kern und urſprüngliche Stamm der Mancipatio, alſo das Prin-
cipale iſt, das Zahlen aber und der entſprechende Theil der
Formel bekömmt als neuerer Zuſatz und bloßes Acceſſorium die
zweite Stelle. Ebenſo erklärt ſich auf dieſe Weiſe, wie Mani-
lius und Gallus Aelius bei ihren Definitionen des Nexum
auch die Mancipation mit unter dieſen Begriff bringen konn-
ten. 713) Es hätte jeder Schein eines Grundes dazu gefehlt,
wenn beide Geſchäfte ſich von jeher fremd gegen einander über
geſtanden hätten, während wenn, wie ich annehme, die Schein-
zahlung vom Nexum in die Mancipation hinübergenommen
war, jene Auffaſſung allerdings eine gewiſſe Wahrheit hatte.
Sie litt nur an dem Fehler, daß ſie die Wortbedeutung
von Nexum zu weit griff, man hatte zwar die Sache, nicht
aber den Ausdruck mit entlehnt, und in dieſer rein ſprach-
lichen Beziehung traf daher ein dritter Juriſt, Q. Mutius
Scävola, 714) gewiß das allein Richtige, wenn er das Nexum
als obligatoriſches Geſchäft per aes et libram defi-
nirte. 715)
713) Varro de L. L. VII, 5 §. 105: Nexum Mamilius (Manilius)
scribit omne quod per libram et aes geritur, in quo sint mancipia.
Fest. Nexum. Nexum est ut ait Gallus Aelius quodcunque per
aes et libram geritur idque necti dicitur, quo in genere sunt (nämlich
als zu ſeiner Zeit praktiſche Fälle) haec: testamenti factio, nexi datio,
nexi liberatio.
714) Varro a. a. O.: Mutius: quae per aes et libram fiant, ut
obligentur (Huſchke: obligetur), praeter quam (Niebuhr: quae, Huſchke:
quum), mancipio detur (Niebuhr: dentur). Hoc verius esse ipsum ver-
bum ostendit, de quo quaerit, nam idem quod obligatur per libram ne-
que suum fit (was nicht behalten, ſondern zurückgegeben werden ſoll d. h.
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715) Bei nicht juriſtiſchen Schriftſtellern kömmt jedoch der Ausdruck
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