Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 45. hierhin, insofern letztere selbst aber nur die Imitation einervorhandenen ist, dorthin. Das Verhältniß, das wir hier zu betrachten haben: die 678) z. B. das Bestätigungsrecht der Curiatcomitien Liv. I, 18 .. id sic ratum esset, si patres auctores fierent; hodieque in legibus magi- stratibusque rogandis usurpatur idem jus vi ademta (d. h. indem das Recht der Verweigerung der auctoritas entzogen ist); priusquam populus suffragium ineat, in incertum comitiorum eventum patres auctores fiunt, die tutela mulierum testamentaria der späteren Zeit Gaj. I, 190-- 192, die Huldigung u. s. w. 679) So z. B. statt der Talion eine Geldstrafe (B. 1 S. 130), statt der Rinder und Schaafe, worauf die Multa lautete, die gesetzlich tarifirte Summe. So wird namentlich auch heutzutage noch an einigen Orten und Ländern (z. B. Schweden) in gewissen Fällen Todesstrafe erkannt, wo praktisch eine unbedeutende Geld- oder Gefängnißstrafe an die Stelle tritt. 680) Saturn. I, 12. Auch der Ceres durfte nicht mit Wein libirt wer-
den. Macr. III, 11. Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 45. hierhin, inſofern letztere ſelbſt aber nur die Imitation einervorhandenen iſt, dorthin. Das Verhältniß, das wir hier zu betrachten haben: die 678) z. B. das Beſtätigungsrecht der Curiatcomitien Liv. I, 18 .. id sic ratum esset, si patres auctores fierent; hodieque in legibus magi- stratibusque rogandis usurpatur idem jus vi ademta (d. h. indem das Recht der Verweigerung der auctoritas entzogen iſt); priusquam populus suffragium ineat, in incertum comitiorum eventum patres auctores fiunt, die tutela mulierum testamentaria der ſpäteren Zeit Gaj. I, 190— 192, die Huldigung u. ſ. w. 679) So z. B. ſtatt der Talion eine Geldſtrafe (B. 1 S. 130), ſtatt der Rinder und Schaafe, worauf die Multa lautete, die geſetzlich tarifirte Summe. So wird namentlich auch heutzutage noch an einigen Orten und Ländern (z. B. Schweden) in gewiſſen Fällen Todesſtrafe erkannt, wo praktiſch eine unbedeutende Geld- oder Gefängnißſtrafe an die Stelle tritt. 680) Saturn. I, 12. Auch der Ceres durfte nicht mit Wein libirt wer-
den. Macr. III, 11. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0247" n="541"/><fw place="top" type="header">Haften an der Aeußerlichkeit. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Formalismus. §. 45.</fw><lb/> hierhin, inſofern letztere ſelbſt aber nur die Imitation einer<lb/><hi rendition="#g">vorhandenen</hi> iſt, dorthin.</p><lb/> <p>Das Verhältniß, das wir hier zu betrachten haben: die<lb/> Fortdauer des Aeußern als leere Form nach Abſterben des In-<lb/> nern, iſt ſowohl bei <hi rendition="#g">Formen</hi> als <hi rendition="#g">Einrichtungen</hi> möglich.<lb/> Bei erſteren — nämlich bei <hi rendition="#g">ſymboliſchen</hi> Formen, die ſich<lb/> überlebt haben, d. h. die ſubjectiv, ſei es kein Verſtändniß, ſei<lb/> es keinen Glauben mehr finden. Bei dieſen — wenn ſie ihre<lb/><hi rendition="#g">praktiſche</hi> Wahrheit und Bedeutung verloren haben, z. B.<lb/> dadurch daß die freie Handlung ſich in eine nothwendige ver-<lb/> wandelt, <note place="foot" n="678)">z. B. das Beſtätigungsrecht der Curiatcomitien <hi rendition="#aq">Liv. I, 18 .. id<lb/> sic ratum esset, si patres auctores fierent; hodieque in legibus magi-<lb/> stratibusque rogandis usurpatur idem jus <hi rendition="#g">vi ademta</hi></hi> (d. h. indem das<lb/> Recht der Verweigerung der <hi rendition="#aq">auctoritas</hi> entzogen iſt); <hi rendition="#aq">priusquam populus<lb/> suffragium ineat, in incertum comitiorum eventum patres auctores<lb/> fiunt,</hi> die <hi rendition="#aq">tutela mulierum testamentaria</hi> der ſpäteren Zeit <hi rendition="#aq">Gaj. I,</hi> 190—<lb/> 192, die Huldigung u. ſ. w.</note> daß an die Stelle der Leiſtung, auf die das Geſetz,<lb/> der Richterſpruch, der Vertrag lautet, in der Ausführung eine<lb/> andere geſetzt wird, <note place="foot" n="679)">So z. B. ſtatt der Talion eine Geldſtrafe (B. 1 S. 130), ſtatt<lb/> der Rinder und Schaafe, worauf die Multa lautete, die geſetzlich tarifirte<lb/> Summe. So wird namentlich auch heutzutage noch an einigen Orten und<lb/> Ländern (z. B. Schweden) in gewiſſen Fällen Todesſtrafe erkannt, wo<lb/><hi rendition="#g">praktiſch</hi> eine unbedeutende Geld- oder Gefängnißſtrafe an die Stelle<lb/> tritt.</note> u. ſ. w. Als letzter Reſt der alten Ein-<lb/> richtung bleibt nicht ſelten das nackte, bloße <hi rendition="#g">Wort</hi>, die For-<lb/> mel, der Name, ungeachtet die Sache ſelbſt eine völlig andere<lb/> geworden iſt. Der Wein, der in den Tempel der Ops gebracht<lb/> ward, kam, wie Macrobius berichtet, <note place="foot" n="680)"><hi rendition="#aq">Saturn. I,</hi> 12. Auch der Ceres durfte nicht mit Wein libirt wer-<lb/> den. <hi rendition="#aq">Macr. III,</hi> 11.</note> nicht unter ſeinem<lb/> eignen Namen hinein, ſondern als „Milch“, das Gefäß ward<lb/> „Honigtopf“ genannt, was darauf hinweiſt, daß in dem Tempel<lb/> urſprünglich nur Milch und Honig zugelaſſen war. In alter<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [541/0247]
Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 45.
hierhin, inſofern letztere ſelbſt aber nur die Imitation einer
vorhandenen iſt, dorthin.
Das Verhältniß, das wir hier zu betrachten haben: die
Fortdauer des Aeußern als leere Form nach Abſterben des In-
nern, iſt ſowohl bei Formen als Einrichtungen möglich.
Bei erſteren — nämlich bei ſymboliſchen Formen, die ſich
überlebt haben, d. h. die ſubjectiv, ſei es kein Verſtändniß, ſei
es keinen Glauben mehr finden. Bei dieſen — wenn ſie ihre
praktiſche Wahrheit und Bedeutung verloren haben, z. B.
dadurch daß die freie Handlung ſich in eine nothwendige ver-
wandelt, 678) daß an die Stelle der Leiſtung, auf die das Geſetz,
der Richterſpruch, der Vertrag lautet, in der Ausführung eine
andere geſetzt wird, 679) u. ſ. w. Als letzter Reſt der alten Ein-
richtung bleibt nicht ſelten das nackte, bloße Wort, die For-
mel, der Name, ungeachtet die Sache ſelbſt eine völlig andere
geworden iſt. Der Wein, der in den Tempel der Ops gebracht
ward, kam, wie Macrobius berichtet, 680) nicht unter ſeinem
eignen Namen hinein, ſondern als „Milch“, das Gefäß ward
„Honigtopf“ genannt, was darauf hinweiſt, daß in dem Tempel
urſprünglich nur Milch und Honig zugelaſſen war. In alter
678) z. B. das Beſtätigungsrecht der Curiatcomitien Liv. I, 18 .. id
sic ratum esset, si patres auctores fierent; hodieque in legibus magi-
stratibusque rogandis usurpatur idem jus vi ademta (d. h. indem das
Recht der Verweigerung der auctoritas entzogen iſt); priusquam populus
suffragium ineat, in incertum comitiorum eventum patres auctores
fiunt, die tutela mulierum testamentaria der ſpäteren Zeit Gaj. I, 190—
192, die Huldigung u. ſ. w.
679) So z. B. ſtatt der Talion eine Geldſtrafe (B. 1 S. 130), ſtatt
der Rinder und Schaafe, worauf die Multa lautete, die geſetzlich tarifirte
Summe. So wird namentlich auch heutzutage noch an einigen Orten und
Ländern (z. B. Schweden) in gewiſſen Fällen Todesſtrafe erkannt, wo
praktiſch eine unbedeutende Geld- oder Gefängnißſtrafe an die Stelle
tritt.
680) Saturn. I, 12. Auch der Ceres durfte nicht mit Wein libirt wer-
den. Macr. III, 11.
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