Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 45. Metall zuzuwägen -- durch jene Maßregel ward man dessenüberhoben. Allein im Nexum und in der Mancipation behielt man, wenn auch nicht das Wägen selbst, so doch das Erz und die Wagschale bei (§. 46). In allen diesen Fällen, die sich noch durch manche vermeh- Wie nun in den letztern ein Stück Vergangenheit, ganz so 677) So ist z. B. die Auffassung, deren Puchta Curs. der Instit. B. 2
§. 162 Note m gedenkt, nicht so weit wegzuwerfen, als er es thut. Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 45. Metall zuzuwägen — durch jene Maßregel ward man deſſenüberhoben. Allein im Nexum und in der Mancipation behielt man, wenn auch nicht das Wägen ſelbſt, ſo doch das Erz und die Wagſchale bei (§. 46). In allen dieſen Fällen, die ſich noch durch manche vermeh- Wie nun in den letztern ein Stück Vergangenheit, ganz ſo 677) So iſt z. B. die Auffaſſung, deren Puchta Curſ. der Inſtit. B. 2
§. 162 Note m gedenkt, nicht ſo weit wegzuwerfen, als er es thut. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0245" n="539"/><fw place="top" type="header">Haften an der Aeußerlichkeit. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Formalismus. §. 45.</fw><lb/> Metall <hi rendition="#g">zuzuwägen</hi> — durch jene Maßregel ward man deſſen<lb/> überhoben. Allein im Nexum und in der Mancipation behielt<lb/> man, wenn auch nicht das Wägen ſelbſt, ſo doch das Erz und<lb/> die Wagſchale bei (§. 46).</p><lb/> <p>In allen dieſen Fällen, die ſich noch durch manche vermeh-<lb/> ren ließen, hatte die Form von vornherein nicht die geringſte<lb/> innere Bedeutung, ſie war ein bloßer Niederſchlag vergangner<lb/> Zuſtände, ein reines Caput mortuum. Was verhalf ihr nun zu<lb/> dieſem Leben als Form? Die bloße Vis inertiä, die Macht der<lb/> Gewohnheit? Mögen wir immerhin ſo ſagen, aber überſehen<lb/> wir nur nicht, daß die Macht der Gewohnheit ihrerſeits hier<lb/> wiederum ſubjectiv eine der Form geneigte Stimmung voraus-<lb/> ſetzt. Bei einem gleichgültigen Verhalten des Geiſtes gegen<lb/> das Moment des Aeußerlichen würde das Alte, nachdem es<lb/> einmal der <hi rendition="#g">Sache</hi> nach und in der praktiſchen Anwendung dem<lb/> Neuen Platz gemacht, es auch der <hi rendition="#g">Form</hi> nach gethan haben.<lb/> Uebrigens iſt es ſehr wohl möglich, daß die reſiduären Formen<lb/> für eine ſpätere Zeit, der der hiſtoriſche Urſprung derſelben<lb/> entſchwunden iſt, dadurch daß ſie in dieſelben einen Sinn hin-<lb/> einträgt, den ſie urſprünglich nicht hatten, die Kraft und Be-<lb/> deutung von ſymboliſchen erhalten, und ich bin überzeugt, daß<lb/> eine Menge von Formen als ſymboliſche angeſehen werden, die<lb/> von Haus aus nichts waren als reſiduäre. <note place="foot" n="677)">So iſt z. B. die Auffaſſung, deren Puchta Curſ. der Inſtit. B. 2<lb/> §. 162 Note <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">m</hi></hi> gedenkt, nicht ſo weit wegzuwerfen, als er es thut.</note></p><lb/> <p>Wie nun in den letztern ein Stück Vergangenheit, ganz ſo<lb/> wie es war, zur Form verſteinert, ſo wird in andern Fällen,<lb/> wenn ich ſo ſagen darf, wenigſtens die <hi rendition="#g">Reminiscenz</hi> erhal-<lb/> ten, nämlich vermöge <hi rendition="#g">repräſentativer</hi> Darſtellung (ſ.<lb/> oben). An Stelle der bisherigen Weiſe, die man gezwungen iſt<lb/> ganz oder zum Theil zu verlaſſen, wird eine bequemere, zeit-<lb/> gemäßere Nachbildung geſetzt und zwar lediglich <hi rendition="#g">als Form</hi>,<lb/> lediglich des Aeußern wegen — eine Conceſſion, durch die man<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [539/0245]
Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 45.
Metall zuzuwägen — durch jene Maßregel ward man deſſen
überhoben. Allein im Nexum und in der Mancipation behielt
man, wenn auch nicht das Wägen ſelbſt, ſo doch das Erz und
die Wagſchale bei (§. 46).
In allen dieſen Fällen, die ſich noch durch manche vermeh-
ren ließen, hatte die Form von vornherein nicht die geringſte
innere Bedeutung, ſie war ein bloßer Niederſchlag vergangner
Zuſtände, ein reines Caput mortuum. Was verhalf ihr nun zu
dieſem Leben als Form? Die bloße Vis inertiä, die Macht der
Gewohnheit? Mögen wir immerhin ſo ſagen, aber überſehen
wir nur nicht, daß die Macht der Gewohnheit ihrerſeits hier
wiederum ſubjectiv eine der Form geneigte Stimmung voraus-
ſetzt. Bei einem gleichgültigen Verhalten des Geiſtes gegen
das Moment des Aeußerlichen würde das Alte, nachdem es
einmal der Sache nach und in der praktiſchen Anwendung dem
Neuen Platz gemacht, es auch der Form nach gethan haben.
Uebrigens iſt es ſehr wohl möglich, daß die reſiduären Formen
für eine ſpätere Zeit, der der hiſtoriſche Urſprung derſelben
entſchwunden iſt, dadurch daß ſie in dieſelben einen Sinn hin-
einträgt, den ſie urſprünglich nicht hatten, die Kraft und Be-
deutung von ſymboliſchen erhalten, und ich bin überzeugt, daß
eine Menge von Formen als ſymboliſche angeſehen werden, die
von Haus aus nichts waren als reſiduäre. 677)
Wie nun in den letztern ein Stück Vergangenheit, ganz ſo
wie es war, zur Form verſteinert, ſo wird in andern Fällen,
wenn ich ſo ſagen darf, wenigſtens die Reminiscenz erhal-
ten, nämlich vermöge repräſentativer Darſtellung (ſ.
oben). An Stelle der bisherigen Weiſe, die man gezwungen iſt
ganz oder zum Theil zu verlaſſen, wird eine bequemere, zeit-
gemäßere Nachbildung geſetzt und zwar lediglich als Form,
lediglich des Aeußern wegen — eine Conceſſion, durch die man
677) So iſt z. B. die Auffaſſung, deren Puchta Curſ. der Inſtit. B. 2
§. 162 Note m gedenkt, nicht ſo weit wegzuwerfen, als er es thut.
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