Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. ken geflohen und in einer absoluten Monarchie sich niedergelas-sen. Wo die Staatsgewalt sich zur ausschließlichen Quelle alles Rechts und aller Kraft gemacht, die Freiheit und Bewe- gung, die über den ganzen Organismus ausgebreitet sein sollte, sich allein zugeeignet hat und nur von sich aus entläßt, da hört der Raub, den die Staatsgewalt hier an der wahren Freiheit begangen, dadurch nicht auf es zu sein, daß die republikanische Form der Verfassung jedem Einzelnen seinen homöopathisch verdünnten Antheil an demselben verstattet. Darum gilt mir diese Form der römischen Staatsverfassung Das Prinzip der Civilrechtspflege ist die Gerechtigkeit d. i. 411) Darum war denn auch die Stellung des Prätors in der Rechts-
pflege eine ganz andere, als die der übrigen römischen Beamten, und alles, was von letzteren in der Folge gesagt werden wird, bezieht sich, wie ich schon hier bemerken will, nur auf sie, nicht auf den Prätor. Die Stellung des letztern ist bereits früher (S. 80 u. 108) berührt. Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. ken geflohen und in einer abſoluten Monarchie ſich niedergelaſ-ſen. Wo die Staatsgewalt ſich zur ausſchließlichen Quelle alles Rechts und aller Kraft gemacht, die Freiheit und Bewe- gung, die über den ganzen Organismus ausgebreitet ſein ſollte, ſich allein zugeeignet hat und nur von ſich aus entläßt, da hört der Raub, den die Staatsgewalt hier an der wahren Freiheit begangen, dadurch nicht auf es zu ſein, daß die republikaniſche Form der Verfaſſung jedem Einzelnen ſeinen homöopathiſch verdünnten Antheil an demſelben verſtattet. Darum gilt mir dieſe Form der römiſchen Staatsverfaſſung Das Prinzip der Civilrechtspflege iſt die Gerechtigkeit d. i. 411) Darum war denn auch die Stellung des Prätors in der Rechts-
pflege eine ganz andere, als die der übrigen römiſchen Beamten, und alles, was von letzteren in der Folge geſagt werden wird, bezieht ſich, wie ich ſchon hier bemerken will, nur auf ſie, nicht auf den Prätor. Die Stellung des letztern iſt bereits früher (S. 80 u. 108) berührt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0282" n="268"/><fw place="top" type="header">Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. <hi rendition="#aq">II.</hi> Die Grundtriebe. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Freiheitstrieb.</fw><lb/> ken geflohen und in einer abſoluten Monarchie ſich niedergelaſ-<lb/> ſen. Wo die Staatsgewalt ſich zur ausſchließlichen Quelle<lb/> alles Rechts und aller Kraft gemacht, die Freiheit und Bewe-<lb/> gung, die über den ganzen Organismus ausgebreitet ſein ſollte,<lb/> ſich allein zugeeignet hat und nur von ſich aus entläßt, da hört<lb/> der Raub, den die Staatsgewalt hier an der wahren Freiheit<lb/> begangen, dadurch nicht auf es zu ſein, daß die republikaniſche<lb/> Form der Verfaſſung jedem Einzelnen ſeinen homöopathiſch<lb/> verdünnten Antheil an demſelben verſtattet.</p><lb/> <p>Darum gilt mir dieſe Form der römiſchen Staatsverfaſſung<lb/> an und für ſich noch nicht als Beweis, daß der Geiſt ächter<lb/> Freiheit ſie beſeelt habe. Aber es genügt wohl ein Blick auf die<lb/> römiſche Welt, um dieſe Ueberzeugung in ſich hervorzurufen,<lb/> und ich würde mir ſchwerlich den Dank des Leſers verdienen,<lb/> wenn ich alle die Momente, auf die ſich dieſelbe ſtützen läßt,<lb/> hier zuſammenſtellen wollte; ich müßte zu dem Zwecke Dinge<lb/> anführen, die theils allbekannt, theils bereits an verſchiedenen<lb/> Stellen der bisherigen Darſtellung (S. z. B. S. 137 fl.) berührt<lb/> worden ſind. Ich will mich lieber beſchränken auf einen einzigen<lb/> Punkt, aber einen Punkt, der zu den intereſſanteſten, lehrreich-<lb/> ſten und doch am wenigſten gewürdigten Parthien der römi-<lb/> ſchen Verfaſſung gehört.</p><lb/> <p>Das Prinzip der Civilrechtspflege iſt die Gerechtigkeit d. i.<lb/> die Gleichmäßigkeit, und als Mittel zur Erreichung dieſes<lb/> Zweckes haben wir früher (S. 31 fl.) die möglichſte Objektivi-<lb/> rung der anzuwendenden Rechtsnormen kennen lernen. Je<lb/> ſchärfer, beſtimmter, detaillirter dieſelben bezeichnet werden kön-<lb/> nen, je mehr der Einfluß des perſönlichen Elements auf die<lb/> Rechtspflege dadurch zurückgedrängt wird, deſto beſſer.<note place="foot" n="411)">Darum war denn auch die Stellung des Prätors in der Rechts-<lb/> pflege eine ganz andere, als die der übrigen römiſchen Beamten, und alles,<lb/> was von letzteren in der Folge geſagt werden wird, bezieht ſich, wie ich ſchon<lb/> hier bemerken will, nur auf ſie, nicht auf den Prätor. Die Stellung des<lb/> letztern iſt bereits früher (S. 80 u. 108) berührt.</note> Ganz<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [268/0282]
Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
ken geflohen und in einer abſoluten Monarchie ſich niedergelaſ-
ſen. Wo die Staatsgewalt ſich zur ausſchließlichen Quelle
alles Rechts und aller Kraft gemacht, die Freiheit und Bewe-
gung, die über den ganzen Organismus ausgebreitet ſein ſollte,
ſich allein zugeeignet hat und nur von ſich aus entläßt, da hört
der Raub, den die Staatsgewalt hier an der wahren Freiheit
begangen, dadurch nicht auf es zu ſein, daß die republikaniſche
Form der Verfaſſung jedem Einzelnen ſeinen homöopathiſch
verdünnten Antheil an demſelben verſtattet.
Darum gilt mir dieſe Form der römiſchen Staatsverfaſſung
an und für ſich noch nicht als Beweis, daß der Geiſt ächter
Freiheit ſie beſeelt habe. Aber es genügt wohl ein Blick auf die
römiſche Welt, um dieſe Ueberzeugung in ſich hervorzurufen,
und ich würde mir ſchwerlich den Dank des Leſers verdienen,
wenn ich alle die Momente, auf die ſich dieſelbe ſtützen läßt,
hier zuſammenſtellen wollte; ich müßte zu dem Zwecke Dinge
anführen, die theils allbekannt, theils bereits an verſchiedenen
Stellen der bisherigen Darſtellung (S. z. B. S. 137 fl.) berührt
worden ſind. Ich will mich lieber beſchränken auf einen einzigen
Punkt, aber einen Punkt, der zu den intereſſanteſten, lehrreich-
ſten und doch am wenigſten gewürdigten Parthien der römi-
ſchen Verfaſſung gehört.
Das Prinzip der Civilrechtspflege iſt die Gerechtigkeit d. i.
die Gleichmäßigkeit, und als Mittel zur Erreichung dieſes
Zweckes haben wir früher (S. 31 fl.) die möglichſte Objektivi-
rung der anzuwendenden Rechtsnormen kennen lernen. Je
ſchärfer, beſtimmter, detaillirter dieſelben bezeichnet werden kön-
nen, je mehr der Einfluß des perſönlichen Elements auf die
Rechtspflege dadurch zurückgedrängt wird, deſto beſſer. 411) Ganz
411) Darum war denn auch die Stellung des Prätors in der Rechts-
pflege eine ganz andere, als die der übrigen römiſchen Beamten, und alles,
was von letzteren in der Folge geſagt werden wird, bezieht ſich, wie ich ſchon
hier bemerken will, nur auf ſie, nicht auf den Prätor. Die Stellung des
letztern iſt bereits früher (S. 80 u. 108) berührt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |