Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Erster Abschnitt. Allgemeine Charakteristik des Rechtssystems. I. Aeußerer Eindruck der Rechtswelt. Oeffentlichkeit des Rechtslebens -- Plastik des Rechts. XXIII. Wir suchen uns zunächst des äußern Eindrucks be- Erſter Abſchnitt. Allgemeine Charakteriſtik des Rechtsſyſtems. I. Aeußerer Eindruck der Rechtswelt. Oeffentlichkeit des Rechtslebens — Plaſtik des Rechts. XXIII. Wir ſuchen uns zunächſt des äußern Eindrucks be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0023" n="[9]"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Erſter Abſchnitt.<lb/> Allgemeine Charakteriſtik des Rechtsſyſtems.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Aeußerer Eindruck der Rechtswelt.</hi> </head><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Oeffentlichkeit des Rechtslebens — Plaſtik des Rechts.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#aq">XXIII.</hi> Wir ſuchen uns zunächſt des äußern Eindrucks be-<lb/> wußt zu werden, den das ältere Recht auf uns macht — bei<lb/> dem großen Contraſte, den daſſelbe zu dem der heutigen Zeit<lb/> bildet, eine nicht eben ſchwierige Aufgabe. Für die heutige Zeit<lb/> würde jener Geſichtspunkt kaum mehr als eine negative Aus-<lb/> beute liefern, nämlich die, daß das Recht äußerlich gar nicht<lb/> ſichtbar hervortritt. Man könnte ſagen, daß das Recht heutzu-<lb/> tage ſeine Einwirkungen auf dynamiſchem Wege ausübt, in<lb/> ſeiner Jugend aber auf mechaniſchem, alſo durch ſichtbare Vor-<lb/> richtungen und Operationen. Wie die Wärme oder Electricität<lb/> die Körper, ſo durchdringt heutzutage das Recht die Wirklichkeit;<lb/> es iſt derſelben völlig immanent, und ſeine Bewegung und<lb/> Wirkſamkeit entzieht ſich in der Regel dem Auge. Ein heutiges<lb/> Rechtsgeſchäft wie farblos iſt es in der Regel, wie wenig hat<lb/> es einen feſten, ſcharf abgegränzten Körper. Bald verſchwimmt<lb/> es als einzelner Moment eines Geſprächs, nichts verräth äußer-<lb/> lich, daß hier ein Rechtsgeſchäft hat abgeſchloſſen werden ſollen,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[9]/0023]
Erſter Abſchnitt.
Allgemeine Charakteriſtik des Rechtsſyſtems.
I. Aeußerer Eindruck der Rechtswelt.
Oeffentlichkeit des Rechtslebens — Plaſtik des Rechts.
XXIII. Wir ſuchen uns zunächſt des äußern Eindrucks be-
wußt zu werden, den das ältere Recht auf uns macht — bei
dem großen Contraſte, den daſſelbe zu dem der heutigen Zeit
bildet, eine nicht eben ſchwierige Aufgabe. Für die heutige Zeit
würde jener Geſichtspunkt kaum mehr als eine negative Aus-
beute liefern, nämlich die, daß das Recht äußerlich gar nicht
ſichtbar hervortritt. Man könnte ſagen, daß das Recht heutzu-
tage ſeine Einwirkungen auf dynamiſchem Wege ausübt, in
ſeiner Jugend aber auf mechaniſchem, alſo durch ſichtbare Vor-
richtungen und Operationen. Wie die Wärme oder Electricität
die Körper, ſo durchdringt heutzutage das Recht die Wirklichkeit;
es iſt derſelben völlig immanent, und ſeine Bewegung und
Wirkſamkeit entzieht ſich in der Regel dem Auge. Ein heutiges
Rechtsgeſchäft wie farblos iſt es in der Regel, wie wenig hat
es einen feſten, ſcharf abgegränzten Körper. Bald verſchwimmt
es als einzelner Moment eines Geſprächs, nichts verräth äußer-
lich, daß hier ein Rechtsgeſchäft hat abgeſchloſſen werden ſollen,
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