Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. bei Gelegenheit des ältern römischen Rechts am besten wird nach-weisen lassen. Für letzteres werden wir auf diesem Wege das Re- sultat gewinnen, daß dasselbe in Wirklichkeit nichts weniger als ein System der Rohheit, Grausamkeit und des sittlichen Indif- ferentismus war, 146) wie man dasselbe nicht selten aufgefaßt hat, sondern ein System der Freiheit in dem Sinne, in dem wir dasselbe oben als sittlich berechtigt nachzuweisen versuchten. II. Das römische System. A. Die Stellung des Individuums. 1. Die Freiheit und Macht das Ziel des subjek- tiven Willens. Die römische Herrschsucht im Allgemeinen. -- Die politische und XXXI. Während die beiden vorhergehenden Grundtriebe 146) Wie verkehrt also der Schluß ist, daß diese Prinzipien, weil es
einem Forscher nicht gelang, sie an dieser Stelle zu entdecken, einem Volk überall nicht zu eigen gewesen seien, erhellt hieraus von selbst, wenn es nicht schon aus der ganzen bisherigen Entwickelung hervorginge. Wenn Schmidt in seinem citirten Werk dies beachtet und die von ihm vermißten Prinzipien da gesucht, wo sie zum Vorschein kommen, und nicht da, wo sie sich einmal wenigstens im alten römischen Recht nicht zeigen, so würde sein Urtheil über dasselbe wohl etwas anders ausgefallen sein. Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. bei Gelegenheit des ältern römiſchen Rechts am beſten wird nach-weiſen laſſen. Für letzteres werden wir auf dieſem Wege das Re- ſultat gewinnen, daß daſſelbe in Wirklichkeit nichts weniger als ein Syſtem der Rohheit, Grauſamkeit und des ſittlichen Indif- ferentismus war, 146) wie man daſſelbe nicht ſelten aufgefaßt hat, ſondern ein Syſtem der Freiheit in dem Sinne, in dem wir daſſelbe oben als ſittlich berechtigt nachzuweiſen verſuchten. II. Das römiſche Syſtem. A. Die Stellung des Individuums. 1. Die Freiheit und Macht das Ziel des ſubjek- tiven Willens. Die römiſche Herrſchſucht im Allgemeinen. — Die politiſche und XXXI. Während die beiden vorhergehenden Grundtriebe 146) Wie verkehrt alſo der Schluß iſt, daß dieſe Prinzipien, weil es
einem Forſcher nicht gelang, ſie an dieſer Stelle zu entdecken, einem Volk überall nicht zu eigen geweſen ſeien, erhellt hieraus von ſelbſt, wenn es nicht ſchon aus der ganzen bisherigen Entwickelung hervorginge. Wenn Schmidt in ſeinem citirten Werk dies beachtet und die von ihm vermißten Prinzipien da geſucht, wo ſie zum Vorſchein kommen, und nicht da, wo ſie ſich einmal wenigſtens im alten römiſchen Recht nicht zeigen, ſo würde ſein Urtheil über daſſelbe wohl etwas anders ausgefallen ſein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0148" n="134"/><fw place="top" type="header">Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. <hi rendition="#aq">II.</hi> Die Grundtriebe. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Freiheitstrieb.</fw><lb/> bei Gelegenheit des ältern römiſchen Rechts am beſten wird nach-<lb/> weiſen laſſen. Für letzteres werden wir auf dieſem Wege das Re-<lb/> ſultat gewinnen, daß daſſelbe in Wirklichkeit nichts weniger als<lb/> ein Syſtem der Rohheit, Grauſamkeit und des ſittlichen Indif-<lb/> ferentismus war, <note place="foot" n="146)">Wie verkehrt alſo der Schluß iſt, daß dieſe Prinzipien, weil es<lb/> einem Forſcher nicht gelang, ſie an <hi rendition="#g">dieſer</hi> Stelle zu entdecken, einem Volk<lb/> überall nicht zu eigen geweſen ſeien, erhellt hieraus von ſelbſt, wenn es nicht<lb/> ſchon aus der ganzen bisherigen Entwickelung hervorginge. Wenn Schmidt<lb/> in ſeinem citirten Werk dies beachtet und die von ihm vermißten Prinzipien<lb/> da geſucht, wo ſie zum Vorſchein kommen, und nicht da, wo ſie ſich einmal<lb/> wenigſtens im <hi rendition="#g">alten</hi> römiſchen Recht nicht zeigen, ſo würde ſein Urtheil über<lb/> daſſelbe wohl etwas anders ausgefallen ſein.</note> wie man daſſelbe nicht ſelten aufgefaßt<lb/> hat, ſondern ein Syſtem der Freiheit in dem Sinne, in dem<lb/> wir daſſelbe oben als ſittlich berechtigt nachzuweiſen verſuchten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Das römiſche Syſtem.</hi> </head><lb/> <div n="6"> <head><hi rendition="#aq">A.</hi> Die Stellung des Individuums.</head><lb/> <div n="7"> <head>1. <hi rendition="#g">Die Freiheit und Macht das Ziel des ſubjek-<lb/> tiven Willens</hi>.</head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Die römiſche Herrſchſucht im Allgemeinen. — Die politiſche und<lb/> perſönliche Freiheit. — Die abſtracte privatrechtliche Freiheit<lb/> und die effektive Gebundenheit des Subjekts. — (Die Sitte und<lb/> die Macht der öffentlichen Meinung in Rom.) — Das Syſtem<lb/> der privatrechtlichen Autonomie in ſeinen einzelnen Theilen.</hi> </p> </argument><lb/> <p><hi rendition="#aq">XXXI.</hi> Während die beiden vorhergehenden Grundtriebe<lb/> Anforderungen an das Recht von mehr formaler Art enthielten,<lb/> erſchließt uns der gegenwärtige die eigentliche Subſtanz des<lb/> Rechts, ja des römiſchen Willens überhaupt — den Gedanken<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
bei Gelegenheit des ältern römiſchen Rechts am beſten wird nach-
weiſen laſſen. Für letzteres werden wir auf dieſem Wege das Re-
ſultat gewinnen, daß daſſelbe in Wirklichkeit nichts weniger als
ein Syſtem der Rohheit, Grauſamkeit und des ſittlichen Indif-
ferentismus war, 146) wie man daſſelbe nicht ſelten aufgefaßt
hat, ſondern ein Syſtem der Freiheit in dem Sinne, in dem
wir daſſelbe oben als ſittlich berechtigt nachzuweiſen verſuchten.
II. Das römiſche Syſtem.
A. Die Stellung des Individuums.
1. Die Freiheit und Macht das Ziel des ſubjek-
tiven Willens.
Die römiſche Herrſchſucht im Allgemeinen. — Die politiſche und
perſönliche Freiheit. — Die abſtracte privatrechtliche Freiheit
und die effektive Gebundenheit des Subjekts. — (Die Sitte und
die Macht der öffentlichen Meinung in Rom.) — Das Syſtem
der privatrechtlichen Autonomie in ſeinen einzelnen Theilen.
XXXI. Während die beiden vorhergehenden Grundtriebe
Anforderungen an das Recht von mehr formaler Art enthielten,
erſchließt uns der gegenwärtige die eigentliche Subſtanz des
Rechts, ja des römiſchen Willens überhaupt — den Gedanken
146) Wie verkehrt alſo der Schluß iſt, daß dieſe Prinzipien, weil es
einem Forſcher nicht gelang, ſie an dieſer Stelle zu entdecken, einem Volk
überall nicht zu eigen geweſen ſeien, erhellt hieraus von ſelbſt, wenn es nicht
ſchon aus der ganzen bisherigen Entwickelung hervorginge. Wenn Schmidt
in ſeinem citirten Werk dies beachtet und die von ihm vermißten Prinzipien
da geſucht, wo ſie zum Vorſchein kommen, und nicht da, wo ſie ſich einmal
wenigſtens im alten römiſchen Recht nicht zeigen, ſo würde ſein Urtheil über
daſſelbe wohl etwas anders ausgefallen ſein.
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