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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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Zweites Buch. Erster Abschnitt. II. Die Grundtriebe.
eine Sache mancipirt hatte, wegen fehlender dicta promissa
und Evictionsleistung, 128) die actio de tigno juncto gegen
den, der wissentlich oder unwissentlich fremdes Baumaterial
verbaut hatte, und bei allen 129) in rem actiones wurde der Be-
klagte auf doppelte Früchte verurtheilt. Andere Klagen erhielten
erst durch das Läugnen des Beklagten die Richtung auf das
Doppelte. 130) Eine besondere Beachtung verdient die condictio
certi
auf baares Geld. Dem Gläubiger, dem es um rechtzeitige
Zurückzahlung seines Kapitals zu thun war, versagte hier das
gewöhnliche Mittel einer Conventionalpön, 131) denn letztere
mußte sich, wo es sich um Geld handelte, innerhalb der Gränzen
der erlaubten Zinsen halten, 132) damit aber war ihre Wirksam-

128) Varro de re rust. II. c. 10. Paul. Sent. Rec. II. 17 §. 3: si
evincatur, auctoritatis venditor duplotenus obligatur. Cicero de offic.
III. 16: Nam cum ex XII tabulis satis esset ea praestari, quae essent
lingua nuncupata, quae qui esset infitiatus
(nicht: wer dies in Abrede ge-
stellt hat, sondern: wer dabei d. h. bei der Nuncupation die Unwahrheit ge-
sprochen, eine falsche Versicherung ertheilt hat) dupli poenam subiret. Daß
dieser Fall nicht zu den Litiscrescenzfällen gehört, hat Rudorff Zeitschr. für
gesch. Rechtsw. B. 14 S. 423--455 überzeugend dargethan.
129) So wie bei der act. ad exhibendum. S. Bachofen Pfandrecht
B. 1 S. 214 Anm. 6.
130) Es gehören dahin z. B. namentlich die act. depensi des Bürgen
gegen den Schuldner, die act. judicati, das Nexum, das Damnationslegat,
das damnum injuria datum. Gaj. IV. §. 171. Es ist übrigens schon im
ersten Bande S. 149, 150 ein Versuch zur Erklärung dieser Litiscrescenz ge-
macht.
131) Beim Nexum hatte das Gesetz dem Gläubiger Macht genug über
den Schuldner eingeräumt, um denselben auf dem Wege der Vereinbarung
zur Leistung des Interesses zu zwingen. Gell. XX. 1 .. erat autem in-
terea jus paciscendi:
ähnlich wie beim furtum (B. 1 S. 125 ff.). Der
Schuldner mußte sich hier wie dort loskaufen (pacisci), und gerade dieser
Umstand machte das Nexum vielleicht so besonders drückend, in ähnlicher
Weise wie die lex commissoria das Pfand.
132) Ich nehme wenigstens keinen Anstand, den Ausspruch von Paulus
in L. 13 §. 26 de act. emti (19. 1) und von Papinian in Vat. fragm. §. 11
auch auf die ältere Zeit zu beziehen.

Zweites Buch. Erſter Abſchnitt. II. Die Grundtriebe.
eine Sache mancipirt hatte, wegen fehlender dicta promissa
und Evictionsleiſtung, 128) die actio de tigno juncto gegen
den, der wiſſentlich oder unwiſſentlich fremdes Baumaterial
verbaut hatte, und bei allen 129) in rem actiones wurde der Be-
klagte auf doppelte Früchte verurtheilt. Andere Klagen erhielten
erſt durch das Läugnen des Beklagten die Richtung auf das
Doppelte. 130) Eine beſondere Beachtung verdient die condictio
certi
auf baares Geld. Dem Gläubiger, dem es um rechtzeitige
Zurückzahlung ſeines Kapitals zu thun war, verſagte hier das
gewöhnliche Mittel einer Conventionalpön, 131) denn letztere
mußte ſich, wo es ſich um Geld handelte, innerhalb der Gränzen
der erlaubten Zinſen halten, 132) damit aber war ihre Wirkſam-

128) Varro de re rust. II. c. 10. Paul. Sent. Rec. II. 17 §. 3: si
evincatur, auctoritatis venditor duplotenus obligatur. Cicero de offic.
III. 16: Nam cum ex XII tabulis satis esset ea praestari, quae essent
lingua nuncupata, quae qui esset infitiatus
(nicht: wer dies in Abrede ge-
ſtellt hat, ſondern: wer dabei d. h. bei der Nuncupation die Unwahrheit ge-
ſprochen, eine falſche Verſicherung ertheilt hat) dupli poenam subiret. Daß
dieſer Fall nicht zu den Litiscrescenzfällen gehört, hat Rudorff Zeitſchr. für
geſch. Rechtsw. B. 14 S. 423—455 überzeugend dargethan.
129) So wie bei der act. ad exhibendum. S. Bachofen Pfandrecht
B. 1 S. 214 Anm. 6.
130) Es gehören dahin z. B. namentlich die act. depensi des Bürgen
gegen den Schuldner, die act. judicati, das Nexum, das Damnationslegat,
das damnum injuria datum. Gaj. IV. §. 171. Es iſt übrigens ſchon im
erſten Bande S. 149, 150 ein Verſuch zur Erklärung dieſer Litiscrescenz ge-
macht.
131) Beim Nexum hatte das Geſetz dem Gläubiger Macht genug über
den Schuldner eingeräumt, um denſelben auf dem Wege der Vereinbarung
zur Leiſtung des Intereſſes zu zwingen. Gell. XX. 1 .. erat autem in-
terea jus paciscendi:
ähnlich wie beim furtum (B. 1 S. 125 ff.). Der
Schuldner mußte ſich hier wie dort loskaufen (pacisci), und gerade dieſer
Umſtand machte das Nexum vielleicht ſo beſonders drückend, in ähnlicher
Weiſe wie die lex commissoria das Pfand.
132) Ich nehme wenigſtens keinen Anſtand, den Ausſpruch von Paulus
in L. 13 §. 26 de act. emti (19. 1) und von Papinian in Vat. fragm. §. 11
auch auf die ältere Zeit zu beziehen.
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[116/0130] Zweites Buch. Erſter Abſchnitt. II. Die Grundtriebe. eine Sache mancipirt hatte, wegen fehlender dicta promissa und Evictionsleiſtung, 128) die actio de tigno juncto gegen den, der wiſſentlich oder unwiſſentlich fremdes Baumaterial verbaut hatte, und bei allen 129) in rem actiones wurde der Be- klagte auf doppelte Früchte verurtheilt. Andere Klagen erhielten erſt durch das Läugnen des Beklagten die Richtung auf das Doppelte. 130) Eine beſondere Beachtung verdient die condictio certi auf baares Geld. Dem Gläubiger, dem es um rechtzeitige Zurückzahlung ſeines Kapitals zu thun war, verſagte hier das gewöhnliche Mittel einer Conventionalpön, 131) denn letztere mußte ſich, wo es ſich um Geld handelte, innerhalb der Gränzen der erlaubten Zinſen halten, 132) damit aber war ihre Wirkſam- 128) Varro de re rust. II. c. 10. Paul. Sent. Rec. II. 17 §. 3: si evincatur, auctoritatis venditor duplotenus obligatur. Cicero de offic. III. 16: Nam cum ex XII tabulis satis esset ea praestari, quae essent lingua nuncupata, quae qui esset infitiatus (nicht: wer dies in Abrede ge- ſtellt hat, ſondern: wer dabei d. h. bei der Nuncupation die Unwahrheit ge- ſprochen, eine falſche Verſicherung ertheilt hat) dupli poenam subiret. Daß dieſer Fall nicht zu den Litiscrescenzfällen gehört, hat Rudorff Zeitſchr. für geſch. Rechtsw. B. 14 S. 423—455 überzeugend dargethan. 129) So wie bei der act. ad exhibendum. S. Bachofen Pfandrecht B. 1 S. 214 Anm. 6. 130) Es gehören dahin z. B. namentlich die act. depensi des Bürgen gegen den Schuldner, die act. judicati, das Nexum, das Damnationslegat, das damnum injuria datum. Gaj. IV. §. 171. Es iſt übrigens ſchon im erſten Bande S. 149, 150 ein Verſuch zur Erklärung dieſer Litiscrescenz ge- macht. 131) Beim Nexum hatte das Geſetz dem Gläubiger Macht genug über den Schuldner eingeräumt, um denſelben auf dem Wege der Vereinbarung zur Leiſtung des Intereſſes zu zwingen. Gell. XX. 1 .. erat autem in- terea jus paciscendi: ähnlich wie beim furtum (B. 1 S. 125 ff.). Der Schuldner mußte ſich hier wie dort loskaufen (pacisci), und gerade dieſer Umſtand machte das Nexum vielleicht ſo beſonders drückend, in ähnlicher Weiſe wie die lex commissoria das Pfand. 132) Ich nehme wenigſtens keinen Anſtand, den Ausſpruch von Paulus in L. 13 §. 26 de act. emti (19. 1) und von Papinian in Vat. fragm. §. 11 auch auf die ältere Zeit zu beziehen.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/130>, abgerufen am 18.12.2024.