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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.

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2. Einfluß der Wehrverfassung -- Sinn für Ordnung. §. 17.
durch ihre Wahrheit überraschende Beobachtung, deren Werth
am ersten vom Rechtshistoriker anerkannt werden sollte, insofern
nur er den Fingerzeig, den sie gibt, weiter verfolgen kann.
Jener Formalismus des römischen Rechts, den wir im zweiten
System als einen der hervorstechendsten Charakterzüge desselben
kennen lernen werden, wo fände er, wenn man ihn nicht un-
vermittelt und unerklärt als einfache Thatsache stehn lassen will,
einen bessern Anknüpfungspunkt, als in dem Formalismus der
militärischen Disciplin? Was ist er anders, als wie letzterer
die Ordnung der Ordnung wegen, die Disciplin der Rechts-
geschäfte, die auf strenge Gleichmäßigkeit unerbittlich hält und
jedes Versehn, jede an sich gleichgültige, bedeutungslose Ab-
weichung von der äußern Ordnung unnachsichtlich straft? Für
das römische Recht enthält er dieselbe Schule der Zucht und
Ordnung, die das Volk im Lager fand. Hier im Lager wurde
das Volk an jene Subordination, an jene Strenge des Buch-
stabens gewöhnt, die es nachher in den Formen seines Rechts-
lebens wiederfand, und ein im Dienst ergrauter Feldherr hätte
nicht mit größerer Pedanterie und Strenge die äußere Ordnung
des Rechtsverkehrs feststellen und beaufsichtigen können, als die
Juristen zur Zeit der Republik. Den segensreichen Einfluß, den
diese militärische Disciplinirung der Rechtsgeschäfte auf die
Entwicklung des römischen Rechts ausübte, können wir erst im
zweiten System schildern, aber schon hier ist der Ort zu der
Bemerkung, daß an der Größe des römischen Rechts der kriege-
rische Sinn der Bevölkerung einen Hauptantheil des Verdien-
stes hat, und daß für die segensreichen Rückwirkungen des
Krieges auf Recht und Staat, deren wir am Anfang dieses
Paragraphen gedachten, gerade das römische Recht einen
sprechenden Beleg enthält.

gezwungener Zustand der Subordination, der sich aus solchem Ursprunge
herleitet;" vor allem aber S. 350, wo er namentlich auch hervorhebt, daß
"die Plebs im Aufstande und in der Auflösung der gesetzlichen Ordnung so
oft durch das bloß Formelle wieder zur Ruhe gebracht sei."

2. Einfluß der Wehrverfaſſung — Sinn für Ordnung. §. 17.
durch ihre Wahrheit überraſchende Beobachtung, deren Werth
am erſten vom Rechtshiſtoriker anerkannt werden ſollte, inſofern
nur er den Fingerzeig, den ſie gibt, weiter verfolgen kann.
Jener Formalismus des römiſchen Rechts, den wir im zweiten
Syſtem als einen der hervorſtechendſten Charakterzüge deſſelben
kennen lernen werden, wo fände er, wenn man ihn nicht un-
vermittelt und unerklärt als einfache Thatſache ſtehn laſſen will,
einen beſſern Anknüpfungspunkt, als in dem Formalismus der
militäriſchen Disciplin? Was iſt er anders, als wie letzterer
die Ordnung der Ordnung wegen, die Disciplin der Rechts-
geſchäfte, die auf ſtrenge Gleichmäßigkeit unerbittlich hält und
jedes Verſehn, jede an ſich gleichgültige, bedeutungsloſe Ab-
weichung von der äußern Ordnung unnachſichtlich ſtraft? Für
das römiſche Recht enthält er dieſelbe Schule der Zucht und
Ordnung, die das Volk im Lager fand. Hier im Lager wurde
das Volk an jene Subordination, an jene Strenge des Buch-
ſtabens gewöhnt, die es nachher in den Formen ſeines Rechts-
lebens wiederfand, und ein im Dienſt ergrauter Feldherr hätte
nicht mit größerer Pedanterie und Strenge die äußere Ordnung
des Rechtsverkehrs feſtſtellen und beaufſichtigen können, als die
Juriſten zur Zeit der Republik. Den ſegensreichen Einfluß, den
dieſe militäriſche Disciplinirung der Rechtsgeſchäfte auf die
Entwicklung des römiſchen Rechts ausübte, können wir erſt im
zweiten Syſtem ſchildern, aber ſchon hier iſt der Ort zu der
Bemerkung, daß an der Größe des römiſchen Rechts der kriege-
riſche Sinn der Bevölkerung einen Hauptantheil des Verdien-
ſtes hat, und daß für die ſegensreichen Rückwirkungen des
Krieges auf Recht und Staat, deren wir am Anfang dieſes
Paragraphen gedachten, gerade das römiſche Recht einen
ſprechenden Beleg enthält.

gezwungener Zuſtand der Subordination, der ſich aus ſolchem Urſprunge
herleitet;“ vor allem aber S. 350, wo er namentlich auch hervorhebt, daß
„die Plebs im Aufſtande und in der Auflöſung der geſetzlichen Ordnung ſo
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[255/0273] 2. Einfluß der Wehrverfaſſung — Sinn für Ordnung. §. 17. durch ihre Wahrheit überraſchende Beobachtung, deren Werth am erſten vom Rechtshiſtoriker anerkannt werden ſollte, inſofern nur er den Fingerzeig, den ſie gibt, weiter verfolgen kann. Jener Formalismus des römiſchen Rechts, den wir im zweiten Syſtem als einen der hervorſtechendſten Charakterzüge deſſelben kennen lernen werden, wo fände er, wenn man ihn nicht un- vermittelt und unerklärt als einfache Thatſache ſtehn laſſen will, einen beſſern Anknüpfungspunkt, als in dem Formalismus der militäriſchen Disciplin? Was iſt er anders, als wie letzterer die Ordnung der Ordnung wegen, die Disciplin der Rechts- geſchäfte, die auf ſtrenge Gleichmäßigkeit unerbittlich hält und jedes Verſehn, jede an ſich gleichgültige, bedeutungsloſe Ab- weichung von der äußern Ordnung unnachſichtlich ſtraft? Für das römiſche Recht enthält er dieſelbe Schule der Zucht und Ordnung, die das Volk im Lager fand. Hier im Lager wurde das Volk an jene Subordination, an jene Strenge des Buch- ſtabens gewöhnt, die es nachher in den Formen ſeines Rechts- lebens wiederfand, und ein im Dienſt ergrauter Feldherr hätte nicht mit größerer Pedanterie und Strenge die äußere Ordnung des Rechtsverkehrs feſtſtellen und beaufſichtigen können, als die Juriſten zur Zeit der Republik. Den ſegensreichen Einfluß, den dieſe militäriſche Disciplinirung der Rechtsgeſchäfte auf die Entwicklung des römiſchen Rechts ausübte, können wir erſt im zweiten Syſtem ſchildern, aber ſchon hier iſt der Ort zu der Bemerkung, daß an der Größe des römiſchen Rechts der kriege- riſche Sinn der Bevölkerung einen Hauptantheil des Verdien- ſtes hat, und daß für die ſegensreichen Rückwirkungen des Krieges auf Recht und Staat, deren wir am Anfang dieſes Paragraphen gedachten, gerade das römiſche Recht einen ſprechenden Beleg enthält. 162) 162) gezwungener Zuſtand der Subordination, der ſich aus ſolchem Urſprunge herleitet;“ vor allem aber S. 350, wo er namentlich auch hervorhebt, daß „die Plebs im Aufſtande und in der Auflöſung der geſetzlichen Ordnung ſo oft durch das bloß Formelle wieder zur Ruhe gebracht ſei.“

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht01_1852/273>, abgerufen am 22.11.2024.