Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.Erstes Buch -- Ausgangspunkte des römischen Rechts. ausgewirkt wurde. Die Formen, in denen er ertheilt wurde,waren gewiß sehr verschieden und wechselnd; die höchste Spitze derselben bestand in der Verleihung des römischen commercium, wodurch dem Fremden Theilnahme am römischen Vermögens- recht, also auch Provokation auf den vom Staat gewährten Rechtsschutz freigestellt wurde. Hiermit reicht das römische Recht bereits an die Höhe unserer heutigen Rechtsentwicklung an, auf der wir den Fremden nach unserm Recht beurtheilen, nur mit dem freilich sehr wichtigen Unterschiede, daß dies in Rom Folge eines besonders ertheilten Privilegiums oder eines Staats- vertrages war, bei uns aber Anwendung eines allgemeinen Grundsatzes, Wirkung einer höhern Rechtsanschauung ist. Die Ertheilung des commercium war aber bei den Rö- 130) Ich verweise wegen dieser Institute beispielsweise auf Puchta
Cursus der Instit. B. 1 §. 83. Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts. ausgewirkt wurde. Die Formen, in denen er ertheilt wurde,waren gewiß ſehr verſchieden und wechſelnd; die höchſte Spitze derſelben beſtand in der Verleihung des römiſchen commercium, wodurch dem Fremden Theilnahme am römiſchen Vermögens- recht, alſo auch Provokation auf den vom Staat gewährten Rechtsſchutz freigeſtellt wurde. Hiermit reicht das römiſche Recht bereits an die Höhe unſerer heutigen Rechtsentwicklung an, auf der wir den Fremden nach unſerm Recht beurtheilen, nur mit dem freilich ſehr wichtigen Unterſchiede, daß dies in Rom Folge eines beſonders ertheilten Privilegiums oder eines Staats- vertrages war, bei uns aber Anwendung eines allgemeinen Grundſatzes, Wirkung einer höhern Rechtsanſchauung iſt. Die Ertheilung des commercium war aber bei den Rö- 130) Ich verweiſe wegen dieſer Inſtitute beiſpielsweiſe auf Puchta
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Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.
ausgewirkt wurde. Die Formen, in denen er ertheilt wurde,
waren gewiß ſehr verſchieden und wechſelnd; die höchſte Spitze
derſelben beſtand in der Verleihung des römiſchen commercium,
wodurch dem Fremden Theilnahme am römiſchen Vermögens-
recht, alſo auch Provokation auf den vom Staat gewährten
Rechtsſchutz freigeſtellt wurde. Hiermit reicht das römiſche Recht
bereits an die Höhe unſerer heutigen Rechtsentwicklung an, auf
der wir den Fremden nach unſerm Recht beurtheilen, nur mit
dem freilich ſehr wichtigen Unterſchiede, daß dies in Rom Folge
eines beſonders ertheilten Privilegiums oder eines Staats-
vertrages war, bei uns aber Anwendung eines allgemeinen
Grundſatzes, Wirkung einer höhern Rechtsanſchauung iſt.
Die Ertheilung des commercium war aber bei den Rö-
mern nichts weniger als die reguläre Form, in der der interna-
tionale Rechtsverkehr vermittelt wurde. Am Ende des fünften
Jahrhunderts der Stadt finden wir in Rom einen eignen Ge-
richtshof für die Rechtsſtreitigkeiten der Peregrinen und Römer,
den des Praetor peregrinus, und es entwickelt ſich hier auf
Grundlage der bisherigen Staatsverträge und unter Mitwirkung
der Theorie und Praxis ein allgemeines internationales Han-
delsrecht, das jus gentium, das wir erſt im dritten Syſtem,
wo ſeine Rückwirkungen auf das römiſche Recht kenntlich her-
vortreten, ins Auge faſſen werden. Der Einführung jener Ma-
giſtratur aber gingen andere Formen vorher, von denen uns
nur hinſichtlich einiger wie z. B. der von den Fetialen vorzu-
nehmenden clarigatio und des bald ſtändigen, bald im einzelnen
Fall eingeſetzten und mit ihm aufhörenden Rekuperatorengerichts
dürftige Kunde erhalten iſt. 130) So intereſſant es wäre, die all-
mählige Ausbildung des internationalen Rechtsverkehrs im einzel-
nen verfolgen zu können, ſo dürfen und müſſen wir uns hier doch
mit dem allgemeinen Geſichtspunkt begnügen, daß jener Rechts-
130) Ich verweiſe wegen dieſer Inſtitute beiſpielsweiſe auf Puchta
Curſus der Inſtit. B. 1 §. 83.
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