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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.

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I. Prinzip des subjektiven Willens -- Erbeutung. §. 10.
zugleich der Gott des Handels und der Diebe ist. Jene Mitthei-
lung von Gajus ist wohl nichts weiter, als ein Schluß, den er
selbst macht, allein sie ist doch insofern nicht ohne Gewicht, als
hier ein römischer Jurist, dem für die Kenntniß des ältern
Rechts ganz andere Materialien zu Gebote standen, als uns, in
demselben jene Anschauung ausgeprägt fand, die wir hier nach-
weisen wollen. Dem Worte praedium, Grundstück, scheint noch
jene Ansicht, die er den alten Römern unterlegt, anzukleben,
denn der Zusammenhang mit praeda, 15) der Beute, liegt auf
der Hand, und es ist gewiß höchst charakteristisch, daß die Sprache
bei der Bezeichnung des Grund und Bodens, statt sich an das
so vorwiegende Moment der Unbeweglichkeit zu halten das fern
liegende der Erbeutung wählt. Auch die Eintheilung der Sachen
in res mancipi und nec mancipi hat man mit der kriegerischen
Erbeutung in Beziehung setzen wollen; 16) die res mancipi, bei
denen nur mancipatio oder ein sonstiger civilrechtlicher Erwer-
bungsact Eigenthum übertrug, sollen die Sachen gewesen sein,
die die Römer bei ihren Raubzügen mit fort zu schleppen pfleg-
ten. Und in der That bleibt, da die Erbeutung, das manu ca-
pere
im wirklichen Sinn, nicht bloß als Form, doch keine An-
wendung gegen die Genossen fand, nichts übrig, als die Rich-
tung derselben gegen den Feind, und somit auch die Beziehung
jener res mancipi auf die Erbeutung. Diese Sachen werden
also aufgefaßt als Beute, und wir können jetzt den ursprüng-
lichen Begriff des Eigenthums, wie er in mancipium enthalten
ist, und den wir zunächst auf das Nehmen stellten, näher dahin
präcisiren, daß er das Eigenthum nach Kriegsrecht, das Recht

15) Ueber praeda, zusammengezogen aus prae-hida von prae hendere,
prendere,
Wurzel hed s. Pott a. a. O. 1 S. 142, 199. Praedium anstatt
mit praeda mit praes, dem Bürgen, zusammen bringen zu wollen, nämlich
als Sicherungsobjekt, heißt die Frage nur verändern, nicht sie lösen. Denn
hängt praes, praedis nicht selbst mit praeda zusammen? Ist praes nicht der
Nehmende d. h. der etwas auf sich nimmt?
16) Puchta Cursus der Institutionen B. 2. §. 238.

I. Prinzip des ſubjektiven Willens — Erbeutung. §. 10.
zugleich der Gott des Handels und der Diebe iſt. Jene Mitthei-
lung von Gajus iſt wohl nichts weiter, als ein Schluß, den er
ſelbſt macht, allein ſie iſt doch inſofern nicht ohne Gewicht, als
hier ein römiſcher Juriſt, dem für die Kenntniß des ältern
Rechts ganz andere Materialien zu Gebote ſtanden, als uns, in
demſelben jene Anſchauung ausgeprägt fand, die wir hier nach-
weiſen wollen. Dem Worte praedium, Grundſtück, ſcheint noch
jene Anſicht, die er den alten Römern unterlegt, anzukleben,
denn der Zuſammenhang mit praeda, 15) der Beute, liegt auf
der Hand, und es iſt gewiß höchſt charakteriſtiſch, daß die Sprache
bei der Bezeichnung des Grund und Bodens, ſtatt ſich an das
ſo vorwiegende Moment der Unbeweglichkeit zu halten das fern
liegende der Erbeutung wählt. Auch die Eintheilung der Sachen
in res mancipi und nec mancipi hat man mit der kriegeriſchen
Erbeutung in Beziehung ſetzen wollen; 16) die res mancipi, bei
denen nur mancipatio oder ein ſonſtiger civilrechtlicher Erwer-
bungsact Eigenthum übertrug, ſollen die Sachen geweſen ſein,
die die Römer bei ihren Raubzügen mit fort zu ſchleppen pfleg-
ten. Und in der That bleibt, da die Erbeutung, das manu ca-
pere
im wirklichen Sinn, nicht bloß als Form, doch keine An-
wendung gegen die Genoſſen fand, nichts übrig, als die Rich-
tung derſelben gegen den Feind, und ſomit auch die Beziehung
jener res mancipi auf die Erbeutung. Dieſe Sachen werden
alſo aufgefaßt als Beute, und wir können jetzt den urſprüng-
lichen Begriff des Eigenthums, wie er in mancipium enthalten
iſt, und den wir zunächſt auf das Nehmen ſtellten, näher dahin
präciſiren, daß er das Eigenthum nach Kriegsrecht, das Recht

15) Ueber praeda, zuſammengezogen aus prae-hida von prae hendere,
prendere,
Wurzel hed ſ. Pott a. a. O. 1 S. 142, 199. Praedium anſtatt
mit praeda mit praes, dem Bürgen, zuſammen bringen zu wollen, nämlich
als Sicherungsobjekt, heißt die Frage nur verändern, nicht ſie löſen. Denn
hängt praes, praedis nicht ſelbſt mit praeda zuſammen? Iſt praes nicht der
Nehmende d. h. der etwas auf ſich nimmt?
16) Puchta Curſus der Inſtitutionen B. 2. §. 238.
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[109/0127] I. Prinzip des ſubjektiven Willens — Erbeutung. §. 10. zugleich der Gott des Handels und der Diebe iſt. Jene Mitthei- lung von Gajus iſt wohl nichts weiter, als ein Schluß, den er ſelbſt macht, allein ſie iſt doch inſofern nicht ohne Gewicht, als hier ein römiſcher Juriſt, dem für die Kenntniß des ältern Rechts ganz andere Materialien zu Gebote ſtanden, als uns, in demſelben jene Anſchauung ausgeprägt fand, die wir hier nach- weiſen wollen. Dem Worte praedium, Grundſtück, ſcheint noch jene Anſicht, die er den alten Römern unterlegt, anzukleben, denn der Zuſammenhang mit praeda, 15) der Beute, liegt auf der Hand, und es iſt gewiß höchſt charakteriſtiſch, daß die Sprache bei der Bezeichnung des Grund und Bodens, ſtatt ſich an das ſo vorwiegende Moment der Unbeweglichkeit zu halten das fern liegende der Erbeutung wählt. Auch die Eintheilung der Sachen in res mancipi und nec mancipi hat man mit der kriegeriſchen Erbeutung in Beziehung ſetzen wollen; 16) die res mancipi, bei denen nur mancipatio oder ein ſonſtiger civilrechtlicher Erwer- bungsact Eigenthum übertrug, ſollen die Sachen geweſen ſein, die die Römer bei ihren Raubzügen mit fort zu ſchleppen pfleg- ten. Und in der That bleibt, da die Erbeutung, das manu ca- pere im wirklichen Sinn, nicht bloß als Form, doch keine An- wendung gegen die Genoſſen fand, nichts übrig, als die Rich- tung derſelben gegen den Feind, und ſomit auch die Beziehung jener res mancipi auf die Erbeutung. Dieſe Sachen werden alſo aufgefaßt als Beute, und wir können jetzt den urſprüng- lichen Begriff des Eigenthums, wie er in mancipium enthalten iſt, und den wir zunächſt auf das Nehmen ſtellten, näher dahin präciſiren, daß er das Eigenthum nach Kriegsrecht, das Recht 15) Ueber praeda, zuſammengezogen aus prae-hida von prae hendere, prendere, Wurzel hed ſ. Pott a. a. O. 1 S. 142, 199. Praedium anſtatt mit praeda mit praes, dem Bürgen, zuſammen bringen zu wollen, nämlich als Sicherungsobjekt, heißt die Frage nur verändern, nicht ſie löſen. Denn hängt praes, praedis nicht ſelbſt mit praeda zuſammen? Iſt praes nicht der Nehmende d. h. der etwas auf ſich nimmt? 16) Puchta Curſus der Inſtitutionen B. 2. §. 238.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht01_1852/127>, abgerufen am 22.11.2024.