Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.Einleitung -- Plan des Werks. Hauptfaktor des zweiten Systems gewesen, tritt hier mit glei-cher Bedeutung für die Schöpfung des dritten Systems die höchste intellektuelle Begabung. Auf den festen, unverwüstlichen Grundlagen, die ihr überliefert wurden, führte sie ein Meister- stück juristischer Kunst aus, wie die Welt dessen gleichen nicht kennt, ein Gebäude von solcher Vollendung und Festigkeit, daß noch beinah ein Jahrtausend später fremde Völker die verschloße- nen Pforten desselben wieder öffnen, um hier ihre Lehr- und Gerichtssäle einzurichten. Der Stoff zur Charakteristik dieses dritten Systems drängt Es wird schließlich noch die Bemerkung erlaubt sein, daß, Einleitung — Plan des Werks. Hauptfaktor des zweiten Syſtems geweſen, tritt hier mit glei-cher Bedeutung für die Schöpfung des dritten Syſtems die höchſte intellektuelle Begabung. Auf den feſten, unverwüſtlichen Grundlagen, die ihr überliefert wurden, führte ſie ein Meiſter- ſtück juriſtiſcher Kunſt aus, wie die Welt deſſen gleichen nicht kennt, ein Gebäude von ſolcher Vollendung und Feſtigkeit, daß noch beinah ein Jahrtauſend ſpäter fremde Völker die verſchloße- nen Pforten deſſelben wieder öffnen, um hier ihre Lehr- und Gerichtsſäle einzurichten. Der Stoff zur Charakteriſtik dieſes dritten Syſtems drängt Es wird ſchließlich noch die Bemerkung erlaubt ſein, daß, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0100" n="82"/><fw place="top" type="header">Einleitung — Plan des Werks.</fw><lb/> Hauptfaktor des zweiten Syſtems geweſen, tritt hier mit glei-<lb/> cher Bedeutung für die Schöpfung des dritten Syſtems die höchſte<lb/><hi rendition="#g">intellektuelle</hi> Begabung. Auf den feſten, unverwüſtlichen<lb/> Grundlagen, die ihr überliefert wurden, führte ſie ein Meiſter-<lb/> ſtück juriſtiſcher Kunſt aus, wie die Welt deſſen gleichen nicht<lb/> kennt, ein Gebäude von ſolcher Vollendung und Feſtigkeit, daß<lb/> noch beinah ein Jahrtauſend ſpäter fremde Völker die verſchloße-<lb/> nen Pforten deſſelben wieder öffnen, um hier ihre Lehr- und<lb/> Gerichtsſäle einzurichten.</p><lb/> <p>Der Stoff zur Charakteriſtik dieſes dritten Syſtems drängt<lb/> in ſolcher Fülle, daß es unmöglich iſt, das Weſentliche deſſelben<lb/> in wenig Züge zuſammenzudrängen, ein Mehres wäre aber an<lb/> dieſer Stelle, wo es uns nicht um eine concentrirte Anticipirung<lb/> unſerer Reſultate, ſondern nur um die Mittheilung unſeres<lb/> Planes zu thun iſt, völlig ungeeignet, ein Minderes hingegen,<lb/> weil es ein ſchiefes Bild gewähren würde, eher nachtheilig, als<lb/> vortheilhaft. Mögen wir alſo vorläufig dies Syſtem als das<lb/> ſupranationale oder freiere bezeichnen und der Darſtellung ſelbſt<lb/> den Nachweis vorbehalten, in welchen Punkten dies Syſtem<lb/> von den ſpecifiſch römiſchen Ideen ſich entfernt und woran die<lb/> geiſtig freiere Behandlung ſich bethätigt hat.</p><lb/> <p>Es wird ſchließlich noch die Bemerkung erlaubt ſein, daß,<lb/> wenn es uns gleich nur um die allgemeinen Charakterzüge des<lb/> römiſchen Rechts zu thun iſt, die Begründung unſerer Urtheile<lb/> ſtets ein Eingehen auf den concreten rechtshiſtoriſchen Stoff un-<lb/> entbehrlich macht. Ueberzeugt, daß abſtrachte Geſichtspunkte ohne<lb/> eine gewiſſe ſtoffliche Schwere keinen rechten Eingang gewinnen,<lb/> habe ich in letzterer Beziehung eher zu viel, als zu wenig ge-<lb/> than, und der Juriſt, dem dieſer Stoff bekannt iſt, möge ſich<lb/> erinnern, daß dieſes Werk zugleich für Laien beſtimmt iſt.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [82/0100]
Einleitung — Plan des Werks.
Hauptfaktor des zweiten Syſtems geweſen, tritt hier mit glei-
cher Bedeutung für die Schöpfung des dritten Syſtems die höchſte
intellektuelle Begabung. Auf den feſten, unverwüſtlichen
Grundlagen, die ihr überliefert wurden, führte ſie ein Meiſter-
ſtück juriſtiſcher Kunſt aus, wie die Welt deſſen gleichen nicht
kennt, ein Gebäude von ſolcher Vollendung und Feſtigkeit, daß
noch beinah ein Jahrtauſend ſpäter fremde Völker die verſchloße-
nen Pforten deſſelben wieder öffnen, um hier ihre Lehr- und
Gerichtsſäle einzurichten.
Der Stoff zur Charakteriſtik dieſes dritten Syſtems drängt
in ſolcher Fülle, daß es unmöglich iſt, das Weſentliche deſſelben
in wenig Züge zuſammenzudrängen, ein Mehres wäre aber an
dieſer Stelle, wo es uns nicht um eine concentrirte Anticipirung
unſerer Reſultate, ſondern nur um die Mittheilung unſeres
Planes zu thun iſt, völlig ungeeignet, ein Minderes hingegen,
weil es ein ſchiefes Bild gewähren würde, eher nachtheilig, als
vortheilhaft. Mögen wir alſo vorläufig dies Syſtem als das
ſupranationale oder freiere bezeichnen und der Darſtellung ſelbſt
den Nachweis vorbehalten, in welchen Punkten dies Syſtem
von den ſpecifiſch römiſchen Ideen ſich entfernt und woran die
geiſtig freiere Behandlung ſich bethätigt hat.
Es wird ſchließlich noch die Bemerkung erlaubt ſein, daß,
wenn es uns gleich nur um die allgemeinen Charakterzüge des
römiſchen Rechts zu thun iſt, die Begründung unſerer Urtheile
ſtets ein Eingehen auf den concreten rechtshiſtoriſchen Stoff un-
entbehrlich macht. Ueberzeugt, daß abſtrachte Geſichtspunkte ohne
eine gewiſſe ſtoffliche Schwere keinen rechten Eingang gewinnen,
habe ich in letzterer Beziehung eher zu viel, als zu wenig ge-
than, und der Juriſt, dem dieſer Stoff bekannt iſt, möge ſich
erinnern, daß dieſes Werk zugleich für Laien beſtimmt iſt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |