gesetzte Eile überstürmt auch dabei. Lasse ja alle Noten weg, die ein griechischer Laie machen könnte; die Meister lesen und meistern dich; diese verzeihen kaum das Beste, geschweige das Gewöhnliche, und lieber 5 Noten zu wenig, als 5 zuviel. -- Du bist aber wahrscheinlich der erste, der zu einem Shakespeare solche Vorrede und zu einem Aristophanes5 solche Noten macht; und doch setzt das eine das andere wechselnd voraus. -- Ach wie nöthig wären mir im Fortspinnen des 3 Theils scharfe Urtheile über die 2 ersten, in Tadel und Lob!
d. 18 Dez.
Ich habe hier niemand -- du jagst immer so sehr nach einem Rezen-10 senten für mich; -- Franz Horn, der in Berlin über mich liest, würde von der Windseite her, wo er nicht zu kränklich-christlich-weich und lau um- weht, etwas passen. -- Sei so gut und lasse durch Max bei Engelmann fragen, welcher Buchhändlergelegenheit er denn den noch nicht ein- gelaufenen Kometen anvertraut, und lass' ihm sagen, er möge doch15 selber beschleunigen helfen. So hab' ich leider auch das neue Werkchen deines herrlichen Vaters nicht erhalten; nur Perthes Protestazion und eines Ungenannten Reprotestazion in der [Allgemeinen] Zeitung kenn' ich. -- Hier send' ich dir ein Druckfehler-Register des Kometen, das blos deine gütige Hand aus einem unvermeidlichen Imperialbogen zu20 einem Oktavblättchen beschnitten. -- Lebe wohl! Habe und habt schönste Weihnachten. Solche Eltern wie deine sind recht zu Gebern und Empfängern dieser Feier gemacht. Grüße noch Sophie Dapping.
Richter
128. An Max Richter in Heidelberg.25
Plus quam citissimeBaireut 18ten Dec. 1820
Gerade, da ich dir, lieber Sohn, schreiben wollte, kam mein Emanuel und deiner auch. Dein letzter Brief hat meine Seele erquickt und be- friedigt. -- Nächstens schreib' ich dir einen starken Brief für deine körperliche Schonung im Arbeiten und für deine geistige Diät. --30 Sende mir vor allem deine Rechnung. -- Über die 100 fl. schickst du die Quittung nach dem angepichten Formular an den liebevollen Weiller, auf einen Bogen geschrieben, aber frankiert. -- Du vergißt mir immer meine Fragen zu beantworten. Ich will daher neben jede das Zeichen responsorium wie es in den katholischen Gesängen ist setzen.35
geſetzte Eile überſtürmt auch dabei. Laſſe ja alle Noten weg, die ein griechiſcher Laie machen könnte; die Meiſter leſen und meiſtern dich; dieſe verzeihen kaum das Beſte, geſchweige das Gewöhnliche, und lieber 5 Noten zu wenig, als 5 zuviel. — Du biſt aber wahrſcheinlich der erſte, der zu einem Shakeſpeare ſolche Vorrede und zu einem Ariſtophanes5 ſolche Noten macht; und doch ſetzt das eine das andere wechſelnd voraus. — Ach wie nöthig wären mir im Fortſpinnen des 3 Theils ſcharfe Urtheile über die 2 erſten, in Tadel und Lob!
d. 18 Dez.
Ich habe hier niemand — du jagſt immer ſo ſehr nach einem Rezen-10 ſenten für mich; — Franz Horn, der in Berlin über mich lieſt, würde von der Windſeite her, wo er nicht zu kränklich-chriſtlich-weich und lau um- weht, etwas paſſen. — Sei ſo gut und laſſe durch Max bei Engelmann fragen, welcher Buchhändlergelegenheit er denn den noch nicht ein- gelaufenen Kometen anvertraut, und laſſ’ ihm ſagen, er möge doch15 ſelber beſchleunigen helfen. So hab’ ich leider auch das neue Werkchen deines herrlichen Vaters nicht erhalten; nur Perthes Proteſtazion und eines Ungenannten Reproteſtazion in der [Allgemeinen] Zeitung kenn’ ich. — Hier ſend’ ich dir ein Druckfehler-Regiſter des Kometen, das blos deine gütige Hand aus einem unvermeidlichen Imperialbogen zu20 einem Oktavblättchen beſchnitten. — Lebe wohl! Habe und habt ſchönſte Weihnachten. Solche Eltern wie deine ſind recht zu Gebern und Empfängern dieſer Feier gemacht. Grüße noch Sophie Dapping.
Richter
128. An Max Richter in Heidelberg.25
Plus quam citissimeBaireut 18ten Dec. 1820
Gerade, da ich dir, lieber Sohn, ſchreiben wollte, kam mein Emanuel und deiner auch. Dein letzter Brief hat meine Seele erquickt und be- friedigt. — Nächſtens ſchreib’ ich dir einen ſtarken Brief für deine körperliche Schonung im Arbeiten und für deine geiſtige Diät. —30 Sende mir vor allem deine Rechnung. — Über die 100 fl. ſchickſt du die Quittung nach dem angepichten Formular an den liebevollen Weiller, auf einen Bogen geſchrieben, aber frankiert. — Du vergißt mir immer meine Fragen zu beantworten. Ich will daher neben jede das Zeichen responsorium wie es in den katholiſchen Geſängen iſt ſetzen.35
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geſetzte Eile überſtürmt auch dabei. Laſſe ja alle Noten weg, die ein
griechiſcher Laie machen könnte; die Meiſter leſen und meiſtern dich;
dieſe verzeihen kaum das Beſte, geſchweige das Gewöhnliche, und lieber
5 Noten zu wenig, als 5 zuviel. — Du biſt aber wahrſcheinlich der erſte,
der zu einem Shakeſpeare ſolche Vorrede und zu einem Ariſtophanes 5
ſolche Noten macht; und doch ſetzt das eine das andere wechſelnd voraus.
— Ach wie nöthig wären mir im Fortſpinnen des 3 Theils ſcharfe
Urtheile über die 2 erſten, in Tadel und Lob!
d. 18 Dez.
Ich habe hier niemand — du jagſt immer ſo ſehr nach einem Rezen- 10
ſenten für mich; — Franz Horn, der in Berlin über mich lieſt, würde von
der Windſeite her, wo er nicht zu kränklich-chriſtlich-weich und lau um-
weht, etwas paſſen. — Sei ſo gut und laſſe durch Max bei Engelmann
fragen, welcher Buchhändlergelegenheit er denn den noch nicht ein-
gelaufenen Kometen anvertraut, und laſſ’ ihm ſagen, er möge doch 15
ſelber beſchleunigen helfen. So hab’ ich leider auch das neue Werkchen
deines herrlichen Vaters nicht erhalten; nur Perthes Proteſtazion und
eines Ungenannten Reproteſtazion in der [Allgemeinen] Zeitung kenn’
ich. — Hier ſend’ ich dir ein Druckfehler-Regiſter des Kometen, das
blos deine gütige Hand aus einem unvermeidlichen Imperialbogen zu 20
einem Oktavblättchen beſchnitten. — Lebe wohl! Habe und habt
ſchönſte Weihnachten. Solche Eltern wie deine ſind recht zu Gebern und
Empfängern dieſer Feier gemacht. Grüße noch Sophie Dapping.
Richter
128. An Max Richter in Heidelberg. 25
Baireut 18ten Dec. 1820
Gerade, da ich dir, lieber Sohn, ſchreiben wollte, kam mein Emanuel
und deiner auch. Dein letzter Brief hat meine Seele erquickt und be-
friedigt. — Nächſtens ſchreib’ ich dir einen ſtarken Brief für deine
körperliche Schonung im Arbeiten und für deine geiſtige Diät. — 30
Sende mir vor allem deine Rechnung. — Über die 100 fl. ſchickſt du die
Quittung nach dem angepichten Formular an den liebevollen Weiller,
auf einen Bogen geſchrieben, aber frankiert. — Du vergißt mir immer
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responsorium wie es in den katholiſchen Geſängen iſt ſetzen. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/90>, abgerufen am 20.07.2024.
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