tückische ästhetische Rabulist meine mit guter Laune erzählte preußische Präbendengeschichte -- aus Haß gegen Preußen und mich -- unter Lobvorwand zu meinem möglichen politischen Nachtheil auszieht; so wie er schon 2mal Göthe's wolwollendes Urtheil über mich im Divan zu einem feindlichen verdrehte. Schon seit Jahren hass' ich diesen5 zweiten Merkel, den er nur in dem juristischen Wehethun übertrifft, aber an Witz und Leichtigkeit nicht erreicht. Ich habe über diese Hornisse mit 3 Stacheln -- Merkel war nur eine Wespe mit 1 -- recht stark an Cotta geschrieben und ihm gesagt, daß ich am Ende diesem Franziskus wie Merkeln erscheinen*) und ihm einige Wundenmale (ein Strick von10 unten nach oben gerückt wäre freilich besser) eindrücken würde. Eine Anekdote seines Gemüths nur kurz: der Professor Levezow in Berlin bat ihm zu Gefallen die besten Schauspieler zusammen. Nach langem Warten erscheint er -- sagt dem Wirthe etwas ins Ohr, nämlich die Frage nach dem Abtritt und wird von jenem mit 2 Lichtern dahin ge-15 führt, wo er noch sitzen kann, denn er kam nicht wieder zurück.
Schenkte doch Gott meinen "Doppelwörtern" nur Einen tüchtigen, unparteiischen, wenn auch anders glaubenden Richter! -- Aber das Rezensierwesen ist jetzo wegen der Menge der Bücher eben so flach als unvollständig.20
Desto froher, Alter, bin ich über dein Versprechen -- das aber bald halte, bitt' ich recht -- den Kometen wie ein Zach anzuzeigen. Das Aus- ziehen der Geschichte wirst du dabei, hoff' ich, klüger als andere, unter- lassen.
Engelmann soll mir doch einmal meine Freiexemplare schicken**);25 1 auf Velinpapier (das 2te dir) und 10 auf Schreibpapier (wieder eines oder 2 dir). -- Auf deines Vaters Büchelchen freu' ich mich unsäglich, aus Lust an Sprache, Kraft und Sinn. Seine neulich wiedergelesene Rezension der "grammatischen Gespräche von Klopstock" macht mich nach jeder deutschen Seite von ihm und noch mehr nach seinem deutschen30 Wörterbuche lüstern, das uns das verlorne von Lessing ersetzen könnte.
Sub rosa! (Denn in deinen Briefen sollst du nichts verrathen höchstens lateinisch und Max soll es in seinen auch nicht, da ich ungern mein Ziel
*) Nur kostet mir es Zeit und den Ekel, ihn zu lesen, und manches andere, das ich unterdessen machen könnte.35
**) Er soll mir wenigstens, eh er alle mit Buchhändlergelegenheit zuschickt, Ein Exemplar voraus mit der Post zufertigen.
tückiſche äſthetiſche Rabuliſt meine mit guter Laune erzählte preußiſche Präbendengeſchichte — aus Haß gegen Preußen und mich — unter Lobvorwand zu meinem möglichen politiſchen Nachtheil auszieht; ſo wie er ſchon 2mal Göthe’s wolwollendes Urtheil über mich im Divan zu einem feindlichen verdrehte. Schon ſeit Jahren haſſ’ ich dieſen5 zweiten Merkel, den er nur in dem juriſtiſchen Wehethun übertrifft, aber an Witz und Leichtigkeit nicht erreicht. Ich habe über dieſe Horniſſe mit 3 Stacheln — Merkel war nur eine Weſpe mit 1 — recht ſtark an Cotta geſchrieben und ihm geſagt, daß ich am Ende dieſem Franziſkus wie Merkeln erſcheinen*) und ihm einige Wundenmale (ein Strick von10 unten nach oben gerückt wäre freilich beſſer) eindrücken würde. Eine Anekdote ſeines Gemüths nur kurz: der Profeſſor Levezow in Berlin bat ihm zu Gefallen die beſten Schauſpieler zuſammen. Nach langem Warten erſcheint er — ſagt dem Wirthe etwas ins Ohr, nämlich die Frage nach dem Abtritt und wird von jenem mit 2 Lichtern dahin ge-15 führt, wo er noch ſitzen kann, denn er kam nicht wieder zurück.
Schenkte doch Gott meinen „Doppelwörtern“ nur Einen tüchtigen, unparteiiſchen, wenn auch anders glaubenden Richter! — Aber das Rezenſierweſen iſt jetzo wegen der Menge der Bücher eben ſo flach als unvollſtändig.20
Deſto froher, Alter, bin ich über dein Verſprechen — das aber bald halte, bitt’ ich recht — den Kometen wie ein Zach anzuzeigen. Das Aus- ziehen der Geſchichte wirſt du dabei, hoff’ ich, klüger als andere, unter- laſſen.
Engelmann ſoll mir doch einmal meine Freiexemplare ſchicken**);25 1 auf Velinpapier (das 2te dir) und 10 auf Schreibpapier (wieder eines oder 2 dir). — Auf deines Vaters Büchelchen freu’ ich mich unſäglich, aus Luſt an Sprache, Kraft und Sinn. Seine neulich wiedergeleſene Rezenſion der „grammatiſchen Geſpräche von Klopſtock“ macht mich nach jeder deutſchen Seite von ihm und noch mehr nach ſeinem deutſchen30 Wörterbuche lüſtern, das uns das verlorne von Leſſing erſetzen könnte.
Sub rosa! (Denn in deinen Briefen ſollſt du nichts verrathen 〈höchſtens lateiniſch〉 und Max ſoll es in ſeinen auch nicht, da ich ungern mein Ziel
*) Nur koſtet mir es Zeit und den Ekel, ihn zu leſen, und manches andere, das ich unterdeſſen machen könnte.35
**) Er ſoll mir wenigſtens, eh er alle mit Buchhändlergelegenheit zuſchickt, Ein Exemplar voraus mit der Poſt zufertigen.
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Lobvorwand zu meinem möglichen politiſchen Nachtheil auszieht; ſo
wie er ſchon 2mal Göthe’s wolwollendes Urtheil über mich im Divan
zu einem feindlichen verdrehte. Schon ſeit Jahren haſſ’ ich dieſen 5
zweiten Merkel, den er nur in dem juriſtiſchen Wehethun übertrifft, aber
an Witz und Leichtigkeit nicht erreicht. Ich habe über dieſe Horniſſe mit
3 Stacheln — Merkel war nur eine Weſpe mit 1 — recht ſtark an
Cotta geſchrieben und ihm geſagt, daß ich am Ende dieſem Franziſkus
wie Merkeln erſcheinen *) und ihm einige Wundenmale (ein Strick von 10
unten nach oben gerückt wäre freilich beſſer) eindrücken würde. Eine
Anekdote ſeines Gemüths nur kurz: der Profeſſor Levezow in Berlin bat
ihm zu Gefallen die beſten Schauſpieler zuſammen. Nach langem
Warten erſcheint er — ſagt dem Wirthe etwas ins Ohr, nämlich die
Frage nach dem Abtritt und wird von jenem mit 2 Lichtern dahin ge- 15
führt, wo er noch ſitzen kann, denn er kam nicht wieder zurück.
Schenkte doch Gott meinen „Doppelwörtern“ nur Einen tüchtigen,
unparteiiſchen, wenn auch anders glaubenden Richter! — Aber das
Rezenſierweſen iſt jetzo wegen der Menge der Bücher eben ſo flach als
unvollſtändig. 20
Deſto froher, Alter, bin ich über dein Verſprechen — das aber bald
halte, bitt’ ich recht — den Kometen wie ein Zach anzuzeigen. Das Aus-
ziehen der Geſchichte wirſt du dabei, hoff’ ich, klüger als andere, unter-
laſſen.
Engelmann ſoll mir doch einmal meine Freiexemplare ſchicken **); 25
1 auf Velinpapier (das 2te dir) und 10 auf Schreibpapier (wieder eines
oder 2 dir). — Auf deines Vaters Büchelchen freu’ ich mich unſäglich,
aus Luſt an Sprache, Kraft und Sinn. Seine neulich wiedergeleſene
Rezenſion der „grammatiſchen Geſpräche von Klopſtock“ macht mich
nach jeder deutſchen Seite von ihm und noch mehr nach ſeinem deutſchen 30
Wörterbuche lüſtern, das uns das verlorne von Leſſing erſetzen könnte.
Sub rosa! (Denn in deinen Briefen ſollſt du nichts verrathen 〈höchſtens
lateiniſch〉 und Max ſoll es in ſeinen auch nicht, da ich ungern mein Ziel
*) Nur koſtet mir es Zeit und den Ekel, ihn zu leſen, und manches andere, das
ich unterdeſſen machen könnte. 35
**) Er ſoll mir wenigſtens, eh er alle mit Buchhändlergelegenheit zuſchickt, Ein
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/82>, abgerufen am 19.07.2024.
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