alle zum Verbessern gebrauchen. -- Geht alles im Hause gut? Gruß und Kuß der Allzeit Mehrerin des häuslichen Reichs. Ich bin Ihr auch noch den 1ten Kuß nach der Nieder- und Wiederkunft schuldig.
89. An Johann Kreuser in Berlin.
[Kopie][Bayreuth, 27. Aug. 1820]5
Nicht Sie bedürfen der Verzeihung sondern ich. Ihre Gedichte hätt' ich gewiß früher [zurückgeschickt,] wenn ich sie früher gelesen -- d. h. gekannt hätte ... ich ließ H. Lanz auf 1 andern Tag einladen, um sie unter dessen zu lesen und Ihnen zu antworten; -- aber am Morgen war er schon davon geflogen, wenn man anders mit der Postkutsche fliegt.10 Während seines Flugs hatt' ich den Genuß des Ihrigen, obwol von schönerer Art .... Fehler hab' ich -- gegen die Regel der Fürsten -- besternt ... Nur hüten Sie sich vor der Schlinge Tieckischer Sorg- und Arbeitlosigkeit und Reimleichtigkeit; gerade durch Arbeit wird das poetische Paradies verdient und die Alten und die Neuen, welche wie15 Raubvögel ohne alle Anstrengung durch die Lüfte zu gleiten und zu schweben scheinen, rudern in der Nähe doch mit Fuß und Schwanz.
90. An Georg Reimer in Berlin.
Baireut d. 27. Aug. 1820
Den 15ten Jul. ließ ich an Sie, guter H. Reimer, ein Briefchen und die20 Vorrede zum 2ten Bande des Kometen mit der fahrenden Post abgehen. Noch hab' ich keine Antwort, wahrscheinlich darum, weil das Briefchen Sie auf der Reise traf. Seitdem wurde nun die Vorrede im Morgen- blatt gedruckt, weil der Baron Trott in Stuttgart, welchen die Re- dakzion darüber befragte, (er war bei dem Wienerkongreß und arbeitete25 in des Königs Kabinet) nicht die kleinste Bedenklichkeit dagegen fand. Und ich hätte noch weniger eine vollends bei einem ganzen Buche haben sollen. Jedoch entschuldigt meine Rücksicht auf Ihre Verhältnisse das Übermaß der Vorsicht.
Jetzo weiß ich nun nicht, wo Sie sind und wo die Vorrede ist und ob30 es des Portos lohnt, sie nach Heidelberg an Heinrich Voß abzusenden; oder ob es nicht besser ist, diesen um das Abschreibenlassen derselben aus dem Morgenblatte zu bitten. -- Es wird nun stark am 2ten Bande gedruckt, der wenigstens 20 Bogen stark wird; der 1te wurde nur 16. --
5 Jean Paul Briefe. VIII.
alle zum Verbeſſern gebrauchen. — Geht alles im Hauſe gut? Gruß und Kuß der Allzeit Mehrerin des häuslichen Reichs. Ich bin Ihr auch noch den 1ten Kuß nach der Nieder- und Wiederkunft ſchuldig.
89. An Johann Kreuſer in Berlin.
[Kopie][Bayreuth, 27. Aug. 1820]5
Nicht Sie bedürfen der Verzeihung ſondern ich. Ihre Gedichte hätt’ ich gewiß früher [zurückgeſchickt,] wenn ich ſie früher geleſen — d. h. gekannt hätte ... ich ließ H. Lanz auf 1 andern Tag einladen, um ſie unter deſſen zu leſen und Ihnen zu antworten; — aber am Morgen war er ſchon davon geflogen, wenn man anders mit der Poſtkutſche fliegt.10 Während ſeines Flugs hatt’ ich den Genuß des Ihrigen, obwol von ſchönerer Art .... Fehler hab’ ich — gegen die Regel der Fürſten — beſternt ... Nur hüten Sie ſich vor der Schlinge Tieckiſcher Sorg- und Arbeitloſigkeit und Reimleichtigkeit; gerade durch Arbeit wird das poetiſche Paradies verdient und die Alten und die Neuen, welche wie15 Raubvögel ohne alle Anſtrengung durch die Lüfte zu gleiten und zu ſchweben ſcheinen, rudern in der Nähe doch mit Fuß und Schwanz.
90. An Georg Reimer in Berlin.
Baireut d. 27. Aug. 1820
Den 15ten Jul. ließ ich an Sie, guter H. Reimer, ein Briefchen und die20 Vorrede zum 2ten Bande des Kometen mit der fahrenden Poſt abgehen. Noch hab’ ich keine Antwort, wahrſcheinlich darum, weil das Briefchen Sie auf der Reiſe traf. Seitdem wurde nun die Vorrede im Morgen- blatt gedruckt, weil der Baron Trott in Stuttgart, welchen die Re- dakzion darüber befragte, (er war bei dem Wienerkongreß und arbeitete25 in des Königs Kabinet) nicht die kleinſte Bedenklichkeit dagegen fand. Und ich hätte noch weniger eine vollends bei einem ganzen Buche haben ſollen. Jedoch entſchuldigt meine Rückſicht auf Ihre Verhältniſſe das Übermaß der Vorſicht.
Jetzo weiß ich nun nicht, wo Sie ſind und wo die Vorrede iſt und ob30 es des Portos lohnt, ſie nach Heidelberg an Heinrich Voß abzuſenden; oder ob es nicht beſſer iſt, dieſen um das Abſchreibenlaſſen derſelben aus dem Morgenblatte zu bitten. — Es wird nun ſtark am 2ten Bande gedruckt, der wenigſtens 20 Bogen ſtark wird; der 1te wurde nur 16. —
5 Jean Paul Briefe. VIII.
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den 1ten Kuß nach der Nieder- und Wiederkunft ſchuldig.
89. An Johann Kreuſer in Berlin.
[Bayreuth, 27. Aug. 1820] 5
Nicht Sie bedürfen der Verzeihung ſondern ich. Ihre Gedichte hätt’
ich gewiß früher [zurückgeſchickt,] wenn ich ſie früher geleſen — d. h.
gekannt hätte ... ich ließ H. Lanz auf 1 andern Tag einladen, um ſie
unter deſſen zu leſen und Ihnen zu antworten; — aber am Morgen war
er ſchon davon geflogen, wenn man anders mit der Poſtkutſche fliegt. 10
Während ſeines Flugs hatt’ ich den Genuß des Ihrigen, obwol von
ſchönerer Art .... Fehler hab’ ich — gegen die Regel der Fürſten —
beſternt ... Nur hüten Sie ſich vor der Schlinge Tieckiſcher Sorg- und
Arbeitloſigkeit und Reimleichtigkeit; gerade durch Arbeit wird das
poetiſche Paradies verdient und die Alten und die Neuen, welche wie 15
Raubvögel ohne alle Anſtrengung durch die Lüfte zu gleiten und zu
ſchweben ſcheinen, rudern in der Nähe doch mit Fuß und Schwanz.
90. An Georg Reimer in Berlin.
Baireut d. 27. Aug. 1820
Den 15ten Jul. ließ ich an Sie, guter H. Reimer, ein Briefchen und die 20
Vorrede zum 2ten Bande des Kometen mit der fahrenden Poſt abgehen.
Noch hab’ ich keine Antwort, wahrſcheinlich darum, weil das Briefchen
Sie auf der Reiſe traf. Seitdem wurde nun die Vorrede im Morgen-
blatt gedruckt, weil der Baron Trott in Stuttgart, welchen die Re-
dakzion darüber befragte, (er war bei dem Wienerkongreß und arbeitete 25
in des Königs Kabinet) nicht die kleinſte Bedenklichkeit dagegen fand.
Und ich hätte noch weniger eine vollends bei einem ganzen Buche haben
ſollen. Jedoch entſchuldigt meine Rückſicht auf Ihre Verhältniſſe das
Übermaß der Vorſicht.
Jetzo weiß ich nun nicht, wo Sie ſind und wo die Vorrede iſt und ob 30
es des Portos lohnt, ſie nach Heidelberg an Heinrich Voß abzuſenden;
oder ob es nicht beſſer iſt, dieſen um das Abſchreibenlaſſen derſelben aus
dem Morgenblatte zu bitten. — Es wird nun ſtark am 2ten Bande
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/71>, abgerufen am 18.07.2024.
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