gerade so theueres Zeug unentbehrlich? -- Emanuels Anweisung (grüße und danke recht) weiß ich erstlich nicht recht zu gebrauchen; zweitens mag ich mich nicht mit so viel Geld belasten; drittens fehlt auch die Verfall- zeit. -- Schreibe am Sonntage, damit ich schon am Mittwoch mich vor- bereite auf den Donnerstag. -- Emma's Feder sticht mich sogar in der5 Ferne; ihr Küchenrezept mußte ich zur Leserlichkeit korrigieren; sie muß einen Schreibmeister haben. -- Sömmering wird mich in Baireut be- suchen; er, Franz Baader, Yelin, Bahrt und andere Fremde sind ganz meiner Meinung über die Kälte und Gemüthlosigkeit der Altbaiern und jene drei wissen nicht drei Freunde aufzuweisen. Bei dem gemüth-10 und geistvollen und herzigen Lerchenberg [!] (und seiner herrlichen Frau) bracht' ich nur noch einen Abend zu; auch er geht diese Woche.
Von Rehreny's Bier trinkt recht viel weg. Ich will ganz helles und bitteres. Meinem ungeschlachten Bruder trug ich noch dazu an, mir seine Wünsche und Gründe aufzuschreiben für mündliche Rede; nur Übergabe15 eines Papiers durch mich schlug ich aus. -- Mache ja am Ankunft- Abende, der mich wieder meinen alten ruhigen Freuden übergibt, nichts als Suppe und Schokolade und Sallat; in den Stunden des Herzens gibts keinen Gaumen und Magen. Ich werde recht seelig bei dir und den Kindern sein und wir alle bei einander.20
R.
Noch immer hoff' ich für heute deine Antwort auf meinen Mittwochs Brief vom 21ten.
[es folgen noch einige Zeilen von Max]
65. An Luise von Schaden in München.25
M[ünchen] d. 28 Jun. 1820
Freundliche Luise! Meine Schlierseereise fodert nach allen Berichten drei Tage wegen der zweitägigen Landreise; -- also geb' ich sie auf, da ich in der künftigen Woche die viertägige nach -- Hause mache. Aber Ihrer und der Ihrigen muß ich mich noch einmal und am liebsten unter30 dem blauen Himmel erfreuen. Heute -- so wie morgen -- ess' ich als Gast und komme also erst gegen 5 Uhr zurück. Könnten wir aber doch nicht heute -- oder höchstens morgen -- den englischen Garten gemein-
4 Jean Paul Briefe. VIII.
gerade ſo theueres Zeug unentbehrlich? — Emanuels Anweiſung (grüße und danke recht) weiß ich erſtlich nicht recht zu gebrauchen; zweitens mag ich mich nicht mit ſo viel Geld belaſten; drittens fehlt auch die Verfall- zeit. — Schreibe am Sonntage, damit ich ſchon am Mittwoch mich vor- bereite auf den Donnerſtag. — Emma’s Feder ſticht mich ſogar in der5 Ferne; ihr Küchenrezept mußte ich zur Leſerlichkeit korrigieren; ſie muß einen Schreibmeiſter haben. — Sömmering wird mich in Baireut be- ſuchen; er, Franz Baader, Yelin, Bahrt und andere Fremde ſind ganz meiner Meinung über die Kälte und Gemüthloſigkeit der Altbaiern und jene drei wiſſen nicht drei Freunde aufzuweiſen. Bei dem gemüth-10 und geiſtvollen und herzigen Lerchenberg [!] (und ſeiner herrlichen Frau) bracht’ ich nur noch einen Abend zu; auch er geht dieſe Woche.
Von Rehreny’s Bier trinkt recht viel weg. Ich will ganz helles und bitteres. Meinem ungeſchlachten Bruder trug ich noch dazu an, mir ſeine Wünſche und Gründe aufzuſchreiben für mündliche Rede; nur Übergabe15 eines Papiers durch mich ſchlug ich aus. — Mache ja am Ankunft- Abende, der mich wieder meinen alten ruhigen Freuden übergibt, nichts als Suppe und Schokolade und Sallat; in den Stunden des Herzens gibts keinen Gaumen und Magen. Ich werde recht ſeelig bei dir und den Kindern ſein und wir alle bei einander.20
R.
Noch immer hoff’ ich für heute deine Antwort auf meinen Mittwochs Brief vom 21ten.
[es folgen noch einige Zeilen von Max]
65. An Luiſe von Schaden in München.25
M[ünchen] d. 28 Jun. 1820
Freundliche Luiſe! Meine Schlierſeereiſe fodert nach allen Berichten drei Tage wegen der zweitägigen Landreiſe; — alſo geb’ ich ſie auf, da ich in der künftigen Woche die viertägige nach — Hauſe mache. Aber Ihrer und der Ihrigen muß ich mich noch einmal und am liebſten unter30 dem blauen Himmel erfreuen. Heute — ſo wie morgen — eſſ’ ich als Gaſt und komme alſo erſt gegen 5 Uhr zurück. Könnten wir aber doch nicht heute — oder höchſtens morgen — den engliſchen Garten gemein-
4 Jean Paul Briefe. VIII.
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gerade ſo theueres Zeug unentbehrlich? — Emanuels Anweiſung (grüße
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ich mich nicht mit ſo viel Geld belaſten; drittens fehlt auch die Verfall-
zeit. — Schreibe am Sonntage, damit ich ſchon am Mittwoch mich vor-
bereite auf den Donnerſtag. — Emma’s Feder ſticht mich ſogar in der 5
Ferne; ihr Küchenrezept mußte ich zur Leſerlichkeit korrigieren; ſie muß
einen Schreibmeiſter haben. — Sömmering wird mich in Baireut be-
ſuchen; er, Franz Baader, Yelin, Bahrt und andere Fremde ſind ganz
meiner Meinung über die Kälte und Gemüthloſigkeit der Altbaiern
und jene drei wiſſen nicht drei Freunde aufzuweiſen. Bei dem gemüth- 10
und geiſtvollen und herzigen Lerchenberg [!] (und ſeiner herrlichen
Frau) bracht’ ich nur noch einen Abend zu; auch er geht dieſe Woche.
Von Rehreny’s Bier trinkt recht viel weg. Ich will ganz helles und
bitteres. Meinem ungeſchlachten Bruder trug ich noch dazu an, mir ſeine
Wünſche und Gründe aufzuſchreiben für mündliche Rede; nur Übergabe 15
eines Papiers durch mich ſchlug ich aus. — Mache ja am Ankunft-
Abende, der mich wieder meinen alten ruhigen Freuden übergibt, nichts
als Suppe und Schokolade und Sallat; in den Stunden des Herzens
gibts keinen Gaumen und Magen. Ich werde recht ſeelig bei dir und den
Kindern ſein und wir alle bei einander. 20
R.
Noch immer hoff’ ich für heute deine Antwort auf meinen Mittwochs
Brief vom 21ten.
65. An Luiſe von Schaden in München. 25
M[ünchen] d. 28 Jun. 1820
Freundliche Luiſe! Meine Schlierſeereiſe fodert nach allen Berichten
drei Tage wegen der zweitägigen Landreiſe; — alſo geb’ ich ſie auf,
da ich in der künftigen Woche die viertägige nach — Hauſe mache. Aber
Ihrer und der Ihrigen muß ich mich noch einmal und am liebſten unter 30
dem blauen Himmel erfreuen. Heute — ſo wie morgen — eſſ’ ich als
Gaſt und komme alſo erſt gegen 5 Uhr zurück. Könnten wir aber doch
nicht heute — oder höchſtens morgen — den engliſchen Garten gemein-
4 Jean Paul Briefe. VIII.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/55>, abgerufen am 17.07.2024.
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