Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.und wie er krank ohne einen Menschen im Bett lag -- in der einsamen den 28ten Jun. Mittw. Vorliebe für Essen Näscherei oder gar für Geld hat er nicht im5 Jetzo bin ich über meine Abreise entschieden. Dieser Brief kommt und wie er krank ohne einen Menſchen im Bett lag — in der einſamen den 28ten Jun. 〈Mittw.〉 Vorliebe für Eſſen 〈Näſcherei〉 oder gar für Geld hat er nicht im5 Jetzo bin ich über meine Abreiſe entſchieden. Dieſer Brief kommt <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="48"/> und wie er krank ohne einen Menſchen im Bett lag — in der einſamen<lb/> Stube und einſamen Stadt jeden Abend aus Sehnſucht weinte — und<lb/> doch bis 12 Uhr fortſtudierte — —</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">den 28<hi rendition="#sup">ten</hi> Jun. 〈Mittw.〉</hi> </dateline><lb/> <p>Vorliebe für Eſſen 〈Näſcherei〉 oder gar für Geld hat er nicht im<lb n="5"/> Geringſten. 4 fl. gab er, ohne mich zu fragen, zur Geburttagtaſſe von<lb/> Thierſch her; und fragt mich immer, warum ich Geld ſchone, da ers bald<lb/> für ſich nicht mehr zu brauchen hoffe und die Schweſtern auch genug<lb/> hätten. Vom herrlichen Stollen, den mir Renate brachte — das erſte<lb/> mal brachte ſie gebackne Hollunderſtrauben — nimmt er nur wenig an<lb n="10"/> und verſäumt leicht den Kaffée. —</p><lb/> <p>Jetzo bin ich über meine Abreiſe entſchieden. Dieſer Brief kommt<lb/> Sonnabends an. Beſtelle bei Krotſch auf den Montag (damit er am<lb/> Sonntage ſich Leute werben kann) den <hi rendition="#g">vorigen</hi> Kutſcher mit <hi rendition="#g">vorigen</hi><lb/> Pferden und wo möglich mit dem neuen Wagen, aber ſo daß er zu<lb n="15"/> ſeinem Ausruhen und meinem Einrichten ſchon Donnerſtag Mittags<lb/> da iſt. Ich reiſe (<hi rendition="#g">ohne</hi> Umweg über Augsburg,) blos über Eichſtädt<lb/> nach Nürnberg und Streitberg und komme am Montage abends an.<lb/> Das Wetter bleibt, wie ich dir ſchon neulich ſchrieb, den ganzen July<lb/> ſchön. Bekämeſt du aber nicht ſogleich den rechten Kutſcher 〈beſonders<lb n="20"/> die rechten Pferde〉: ſo warte lieber einige Tage. Lies dieſen Brief<lb/><hi rendition="#g">zwei</hi>mal, um nichts zu vergeſſen. — Zwei Flaſchen von dem neu ab-<lb/> gezognen Wein kannſt du doch noch dem Kutſcher mitgeben; der alte<lb/> iſt trefflich eingepackt angekommen. — Ich hatte einer Familie den<lb/> Beſuch des Schlierſees, der ein Altarſtück ſein ſoll gegen den Stahren-<lb n="25"/> berger-Holzſchnitt, verſprochen; aber die Ferne von 10 Stunden<lb/> koſtete mich 3 Tage; und ich will alles daher mit dem Stahrenbergerſee<lb/> in 1 Tage abthun. Überhaupt treffen faſt nie die Naturfreuden anderer<lb/> mit meinen eigenen zuſammen; mein Seeligſein iſt eigner Art. So ſetzt<lb/> Schlichtegroll blos <hi rendition="#g">ſich</hi> in meine Seele mit ſeinen Anpreiſungen Mün-<lb n="30"/> chens und der Akademie, nicht <hi rendition="#g">mich,</hi> den er nicht kennt, in ſeine. Über<lb/> große Lebens Punkte kann mir — am Ende gilt der Satz auch für jeden<lb/> andern — niemand rathen und helfen als ich mir. — Eine große Elle Le-<lb/> vantine koſtet 2 fl.; ich müßte alſo an 32 fl. ausgeben, die mich vom<lb/> nöthigen Überſchuſſe des Reiſegeldes entblößen würden. Und iſt denn<lb n="35"/><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0054]
und wie er krank ohne einen Menſchen im Bett lag — in der einſamen
Stube und einſamen Stadt jeden Abend aus Sehnſucht weinte — und
doch bis 12 Uhr fortſtudierte — —
den 28ten Jun. 〈Mittw.〉
Vorliebe für Eſſen 〈Näſcherei〉 oder gar für Geld hat er nicht im 5
Geringſten. 4 fl. gab er, ohne mich zu fragen, zur Geburttagtaſſe von
Thierſch her; und fragt mich immer, warum ich Geld ſchone, da ers bald
für ſich nicht mehr zu brauchen hoffe und die Schweſtern auch genug
hätten. Vom herrlichen Stollen, den mir Renate brachte — das erſte
mal brachte ſie gebackne Hollunderſtrauben — nimmt er nur wenig an 10
und verſäumt leicht den Kaffée. —
Jetzo bin ich über meine Abreiſe entſchieden. Dieſer Brief kommt
Sonnabends an. Beſtelle bei Krotſch auf den Montag (damit er am
Sonntage ſich Leute werben kann) den vorigen Kutſcher mit vorigen
Pferden und wo möglich mit dem neuen Wagen, aber ſo daß er zu 15
ſeinem Ausruhen und meinem Einrichten ſchon Donnerſtag Mittags
da iſt. Ich reiſe (ohne Umweg über Augsburg,) blos über Eichſtädt
nach Nürnberg und Streitberg und komme am Montage abends an.
Das Wetter bleibt, wie ich dir ſchon neulich ſchrieb, den ganzen July
ſchön. Bekämeſt du aber nicht ſogleich den rechten Kutſcher 〈beſonders 20
die rechten Pferde〉: ſo warte lieber einige Tage. Lies dieſen Brief
zweimal, um nichts zu vergeſſen. — Zwei Flaſchen von dem neu ab-
gezognen Wein kannſt du doch noch dem Kutſcher mitgeben; der alte
iſt trefflich eingepackt angekommen. — Ich hatte einer Familie den
Beſuch des Schlierſees, der ein Altarſtück ſein ſoll gegen den Stahren- 25
berger-Holzſchnitt, verſprochen; aber die Ferne von 10 Stunden
koſtete mich 3 Tage; und ich will alles daher mit dem Stahrenbergerſee
in 1 Tage abthun. Überhaupt treffen faſt nie die Naturfreuden anderer
mit meinen eigenen zuſammen; mein Seeligſein iſt eigner Art. So ſetzt
Schlichtegroll blos ſich in meine Seele mit ſeinen Anpreiſungen Mün- 30
chens und der Akademie, nicht mich, den er nicht kennt, in ſeine. Über
große Lebens Punkte kann mir — am Ende gilt der Satz auch für jeden
andern — niemand rathen und helfen als ich mir. — Eine große Elle Le-
vantine koſtet 2 fl.; ich müßte alſo an 32 fl. ausgeben, die mich vom
nöthigen Überſchuſſe des Reiſegeldes entblößen würden. Und iſt denn 35
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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