bin ich dankbar erstaunt. -- Hätt' ich nur alles gesehen, damit ich nach Hause dürfte! Ohne Max hätte mich das Heimatfieber sehr geschüttelt. Jetzo kann mir das schönste Wetter den idealen Glanz einer neuen Stadt nicht ersetzen. Lebe wol!
Dein alter5 Richter
Übersieh die Beilage nicht.
[Beilage]
Täglich geh ich vor baireuter Retourkutschen vorbei. Wenn ich auch jetzo noch nicht Zeit und Lust habe: könnt' ich doch einmal eine benutzen10 und -- abfliegen. Sende mir daher mit dem ersten sichern Kutscher ein hölzernes Kistchen mit 6 Flaschen Franzwein und 1 Krug Pomeranzen- rosoglio sammt einem ordentlichen Frachtbrief. Dann bin ich frei.
59. An Karoline Richter.
München d. 17ten Jun. Sonnabends 182015
Meine theurere Karoline!
Dein am Montage abgesandter Brief kam gestern an. Da Morgen erst die Post abgeht, schick ich meinen durch [Seeligberger]. Zuerst die Geschäftsachen! Warum sollst du nach Ottos Rathe die 500 rtl. deiner Schwester zu dir herbestellen und so Porto, Risiko und Wieder-20 absenden übernehmen? Doch muß Otto seine Gründe haben. Dank' ihm in meinem Namen recht herzlich für seine so oft wiederkehrende Schreib- mühe. -- Von Cotta hab' ich zwei Wechsel auf Augsburg, jeden zu 500 fl., der eine vom 10ten Jun. in 4 Wochen zahlbar, der andere in 6. Frage erstlich Emanuel, was er davon nehmen will; dann Schwabacher;25 dann Münch. Mein guter Cotta, dem das Verlegen bei Reimer auf eine freundschaftliche Weise wehe thut, hatte gerade um 316 fl. sich geirrt zu meinem Nachtheil. Gib doch seine Briefe Otto. -- Meine treffliche Hausfrau bittet dich um das Küchenrezept zum Stollen, der allen un- geachtet seines Greisenalters außerordentlich geschmeckt. -- Schlichte-30 groll will mit aller Gewalt mich hier einspinnen durch eine Stelle bei der Akademie, die ich mit einer Besoldung von 1000 oder 1500 fl. sehr leicht haben könnte und in welcher etwa eine Vorlesung jährlich und eine Sitzung monatlich gefodert würde; aber mein Alter -- das der Brust
bin ich dankbar erſtaunt. — Hätt’ ich nur alles geſehen, damit ich nach Hauſe dürfte! Ohne Max hätte mich das Heimatfieber ſehr geſchüttelt. Jetzo kann mir das ſchönſte Wetter den idealen Glanz einer neuen Stadt nicht erſetzen. Lebe wol!
Dein alter5 Richter
Überſieh die Beilage nicht.
[Beilage]
Täglich geh ich vor baireuter Retourkutſchen vorbei. Wenn ich auch jetzo noch nicht Zeit und Luſt habe: könnt’ ich doch einmal eine benutzen10 und — abfliegen. Sende mir daher mit dem erſten ſichern Kutſcher ein hölzernes Kiſtchen mit 6 Flaſchen Franzwein und 1 Krug Pomeranzen- roſoglio ſammt einem ordentlichen Frachtbrief. Dann bin ich frei.
59. An Karoline Richter.
München d. 17ten Jun. 〈Sonnabends〉 182015
Meine theurere Karoline!
Dein am Montage abgeſandter Brief kam geſtern an. Da Morgen erſt die Poſt abgeht, ſchick ich meinen durch [Seeligberger]. Zuerſt die Geſchäftſachen! Warum ſollſt du nach Ottos Rathe die 500 rtl. deiner Schweſter zu dir herbeſtellen und ſo Porto, Riſiko und Wieder-20 abſenden übernehmen? Doch muß Otto ſeine Gründe haben. Dank’ ihm in meinem Namen recht herzlich für ſeine ſo oft wiederkehrende Schreib- mühe. — Von Cotta hab’ ich zwei Wechſel auf Augsburg, jeden zu 500 fl., der eine vom 10ten Jun. in 4 Wochen zahlbar, der andere in 6. Frage erſtlich Emanuel, was er davon nehmen will; dann Schwabacher;25 dann Münch. Mein guter Cotta, dem das Verlegen bei Reimer auf eine freundſchaftliche Weiſe wehe thut, hatte gerade um 316 fl. ſich geirrt zu meinem Nachtheil. Gib doch ſeine Briefe Otto. — Meine treffliche Hausfrau bittet dich um das Küchenrezept zum Stollen, der allen un- geachtet ſeines Greiſenalters außerordentlich geſchmeckt. — Schlichte-30 groll will mit aller Gewalt mich hier einſpinnen durch eine Stelle bei der Akademie, die ich mit einer Beſoldung von 1000 oder 1500 fl. ſehr leicht haben könnte und in welcher etwa eine Vorleſung jährlich und eine Sitzung monatlich gefodert würde; aber mein Alter — das der Bruſt
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0048"n="42"/>
bin ich dankbar erſtaunt. — Hätt’ ich nur alles geſehen, damit ich nach<lb/>
Hauſe dürfte! Ohne Max hätte mich das Heimatfieber ſehr geſchüttelt.<lb/>
Jetzo kann mir das ſchönſte Wetter den idealen Glanz einer neuen Stadt<lb/>
nicht erſetzen. Lebe wol!</p><lb/><closer><salute><hirendition="#right">Dein<lb/>
alter<lbn="5"/>
Richter</hi></salute></closer><lb/><postscript><p>Überſieh die Beilage nicht.</p><lb/><notetype="editorial"><hirendition="#et">[Beilage]</hi></note><lb/><p>Täglich geh ich vor baireuter Retourkutſchen vorbei. Wenn ich auch<lb/>
jetzo noch nicht Zeit und Luſt habe: könnt’ ich doch einmal eine benutzen<lbn="10"/>
und — abfliegen. Sende mir daher mit dem erſten ſichern Kutſcher ein<lb/>
hölzernes Kiſtchen mit 6 Flaſchen Franzwein und 1 Krug Pomeranzen-<lb/>
roſoglio ſammt einem ordentlichen Frachtbrief. Dann bin ich frei.</p></postscript></div></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>59. An <hirendition="#g">Karoline Richter.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">München d. 17<hirendition="#sup">ten</hi> Jun.</hi>〈Sonnabends〉 1820</hi></dateline><lbn="15"/><salute><hirendition="#left">Meine theurere Karoline!</hi></salute><lb/><p>Dein am Montage abgeſandter Brief kam geſtern an. Da<lb/>
Morgen erſt die Poſt abgeht, ſchick ich meinen durch [Seeligberger].<lb/>
Zuerſt die Geſchäftſachen! Warum ſollſt du nach <hirendition="#aq">Ottos</hi> Rathe die 500 rtl.<lb/>
deiner Schweſter zu dir herbeſtellen und ſo Porto, Riſiko und Wieder-<lbn="20"/>
abſenden übernehmen? Doch muß <hirendition="#aq">Otto</hi>ſeine Gründe haben. Dank’ ihm<lb/>
in meinem Namen recht herzlich für ſeine ſo oft wiederkehrende Schreib-<lb/>
mühe. — Von <hirendition="#aq">Cotta</hi> hab’ ich zwei Wechſel auf <hirendition="#g">Augsburg,</hi> jeden zu<lb/>
500 fl., der eine vom 10<hirendition="#sup">ten</hi> Jun. in 4 Wochen zahlbar, der andere in 6.<lb/>
Frage erſtlich <hirendition="#aq">Emanuel,</hi> was er davon nehmen will; dann Schwabacher;<lbn="25"/>
dann Münch. Mein guter <hirendition="#aq">Cotta,</hi> dem das Verlegen bei <hirendition="#aq">Reimer</hi> auf eine<lb/>
freundſchaftliche Weiſe wehe thut, hatte gerade um 316 fl. ſich geirrt zu<lb/>
meinem Nachtheil. Gib doch ſeine Briefe <hirendition="#aq">Otto.</hi>— Meine treffliche<lb/>
Hausfrau bittet dich um das Küchenrezept zum Stollen, der allen un-<lb/>
geachtet ſeines Greiſenalters außerordentlich geſchmeckt. —<hirendition="#aq">Schlichte-<lbn="30"/>
groll</hi> will mit aller Gewalt mich hier einſpinnen durch eine Stelle bei der<lb/>
Akademie, die ich mit einer Beſoldung von 1000 oder 1500 fl. ſehr<lb/>
leicht haben könnte und in welcher etwa eine Vorleſung jährlich und eine<lb/>
Sitzung monatlich gefodert würde; aber mein Alter — das der Bruſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[42/0048]
bin ich dankbar erſtaunt. — Hätt’ ich nur alles geſehen, damit ich nach
Hauſe dürfte! Ohne Max hätte mich das Heimatfieber ſehr geſchüttelt.
Jetzo kann mir das ſchönſte Wetter den idealen Glanz einer neuen Stadt
nicht erſetzen. Lebe wol!
Dein
alter 5
Richter
Überſieh die Beilage nicht.
Täglich geh ich vor baireuter Retourkutſchen vorbei. Wenn ich auch
jetzo noch nicht Zeit und Luſt habe: könnt’ ich doch einmal eine benutzen 10
und — abfliegen. Sende mir daher mit dem erſten ſichern Kutſcher ein
hölzernes Kiſtchen mit 6 Flaſchen Franzwein und 1 Krug Pomeranzen-
roſoglio ſammt einem ordentlichen Frachtbrief. Dann bin ich frei.
59. An Karoline Richter.
München d. 17ten Jun. 〈Sonnabends〉 1820 15
Meine theurere Karoline!
Dein am Montage abgeſandter Brief kam geſtern an. Da
Morgen erſt die Poſt abgeht, ſchick ich meinen durch [Seeligberger].
Zuerſt die Geſchäftſachen! Warum ſollſt du nach Ottos Rathe die 500 rtl.
deiner Schweſter zu dir herbeſtellen und ſo Porto, Riſiko und Wieder- 20
abſenden übernehmen? Doch muß Otto ſeine Gründe haben. Dank’ ihm
in meinem Namen recht herzlich für ſeine ſo oft wiederkehrende Schreib-
mühe. — Von Cotta hab’ ich zwei Wechſel auf Augsburg, jeden zu
500 fl., der eine vom 10ten Jun. in 4 Wochen zahlbar, der andere in 6.
Frage erſtlich Emanuel, was er davon nehmen will; dann Schwabacher; 25
dann Münch. Mein guter Cotta, dem das Verlegen bei Reimer auf eine
freundſchaftliche Weiſe wehe thut, hatte gerade um 316 fl. ſich geirrt zu
meinem Nachtheil. Gib doch ſeine Briefe Otto. — Meine treffliche
Hausfrau bittet dich um das Küchenrezept zum Stollen, der allen un-
geachtet ſeines Greiſenalters außerordentlich geſchmeckt. — Schlichte- 30
groll will mit aller Gewalt mich hier einſpinnen durch eine Stelle bei der
Akademie, die ich mit einer Beſoldung von 1000 oder 1500 fl. ſehr
leicht haben könnte und in welcher etwa eine Vorleſung jährlich und eine
Sitzung monatlich gefodert würde; aber mein Alter — das der Bruſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/48>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.