dem Winter will sich mein linkes Auge dem grauen Staar und mein rechtes gar dem schwarzen nähern. Ich lese und schreibe nur mit der Brille. Dieser, wenn auch nicht unüberwindliche Schreibfeind ver- zögert die Herausgabe meiner Selina bis zu Ostern. Sollten Sie nun noch vollends die Ausarbeitung des für Sie bestimmten großen Werks5 abwarten: so verschöbe sich unsere Wiederverbindung zu lange. Da- her will ich Ihnen auf Ostern 1825 die Sammlung meiner Vorreden und Rezensionen geben, mit einem Anhange neuer Bemerkungen. Das Buch wird wie Katzenberger gedruckt. --
d. 17 Okt.10
Der Titel wird wahrscheinlich sein: "Kleine Bücherschau (oder gesammelte Vorreden und Rezensionen,) nebst einer ungedruckten Aus- wahl literarischer Flüche, Wünsche und dergleichen, von Jean Paul." -- (5 Ld'or pro Bogen; alles sonst wie bei Katzenberger. 1 Alphabet.)
Sie sehen aus dem Ausstreichen die Fehltritte kranker Augen. --15
Leben Sie froh!
457. An Dr. Franz Lieber in Halle.
[Kopie][Bayreuth, 20. Okt. 1824]
Ich danke Ihnen für Ihr nachsichtiges Schweigen auf mein Schweigen, für die seltene Geduld eines Dichters und eines Jünglings20 zugleich. Nur eine halbjährige Augenentnervung konnte mich zu diesem langen Zurückbehalten Ihrer Bücher zwingen, wovon die wenigen von mir gelesenen und gehörten mich so sehr durch ihren dichterischen Geist erfreuten, daß ich das Ganze auf Gefahr Ihres Unwillens für die Her- stellung meiner Augen aufbehielt. Verzeihen Sie Kürze, Schweigen25 und Alles. Ihrer Muse werde Muße und Segen! etc.
458. An W. Demme in Halle.
[Kopie][Bayreuth, 20. Okt. 1824]
Die Härte Ihres Brieftons, der mein Schweigen zur Schuld meines Willens macht, werden Sie verurtheilen, wenn Sie erfahren, daß ich30 seit einem halben Jahre mich mit meinem linken Auge dem grauen Staare und mit dem rechten dem schwarzen nähere, und nur mit der Brille lesen kann, Geschriebenes gerade am wenigsten. Der Werth einzelner Ihrer Blätter veranlaßte mich, das Ganze für die Besserung
dem Winter will ſich mein linkes Auge dem grauen Staar und mein rechtes gar dem ſchwarzen nähern. Ich leſe und ſchreibe nur mit der Brille. Dieſer, wenn auch nicht unüberwindliche Schreibfeind ver- zögert die Herausgabe meiner Selina bis zu Oſtern. Sollten Sie nun noch vollends die Ausarbeitung des für Sie beſtimmten großen Werks5 abwarten: ſo verſchöbe ſich unſere Wiederverbindung zu lange. Da- her will ich Ihnen auf Oſtern 1825 die Sammlung meiner Vorreden und Rezenſionen geben, mit einem Anhange neuer Bemerkungen. Das Buch wird wie Katzenberger gedruckt. —
d. 17 Okt.10
Der Titel wird wahrſcheinlich ſein: „Kleine Bücherſchau (oder geſammelte Vorreden und Rezenſionen,) nebſt einer ungedruckten Aus- wahl literariſcher Flüche, Wünſche und dergleichen, von Jean Paul.“ — (5 Ld’or pro Bogen; alles ſonſt wie bei Katzenberger. 1 Alphabet.)
Sie ſehen aus dem Ausſtreichen die Fehltritte kranker Augen. —15
Leben Sie froh!
457. An Dr. Franz Lieber in Halle.
[Kopie][Bayreuth, 20. Okt. 1824]
Ich danke Ihnen für Ihr nachſichtiges Schweigen auf mein Schweigen, für die ſeltene Geduld eines Dichters und eines Jünglings20 zugleich. Nur eine halbjährige Augenentnervung konnte mich zu dieſem langen Zurückbehalten Ihrer Bücher zwingen, wovon die wenigen von mir geleſenen und gehörten mich ſo ſehr durch ihren dichteriſchen Geiſt erfreuten, daß ich das Ganze auf Gefahr Ihres Unwillens für die Her- ſtellung meiner Augen aufbehielt. Verzeihen Sie Kürze, Schweigen25 und Alles. Ihrer Muſe werde Muße und Segen! ꝛc.
458. An W. Demme in Halle.
[Kopie][Bayreuth, 20. Okt. 1824]
Die Härte Ihres Brieftons, der mein Schweigen zur Schuld meines Willens macht, werden Sie verurtheilen, wenn Sie erfahren, daß ich30 ſeit einem halben Jahre mich mit meinem linken Auge dem grauen Staare und mit dem rechten dem ſchwarzen nähere, und nur mit der Brille leſen kann, Geſchriebenes gerade am wenigſten. Der Werth einzelner Ihrer Blätter veranlaßte mich, das Ganze für die Beſſerung
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dem Winter will ſich mein linkes Auge dem grauen Staar und mein
rechtes gar dem ſchwarzen nähern. Ich leſe und ſchreibe nur mit der
Brille. Dieſer, wenn auch nicht unüberwindliche Schreibfeind ver-
zögert die Herausgabe meiner Selina bis zu Oſtern. Sollten Sie nun
noch vollends die Ausarbeitung des für Sie beſtimmten großen Werks 5
abwarten: ſo verſchöbe ſich unſere Wiederverbindung zu lange. Da-
her will ich Ihnen auf Oſtern 1825 die Sammlung meiner Vorreden
und Rezenſionen geben, mit einem Anhange neuer Bemerkungen. Das
Buch wird wie Katzenberger gedruckt. —
d. 17 Okt. 10
Der Titel wird wahrſcheinlich ſein: „Kleine Bücherſchau (oder
geſammelte Vorreden und Rezenſionen,) nebſt einer ungedruckten Aus-
wahl literariſcher Flüche, Wünſche und dergleichen, von Jean Paul.“ —
(5 Ld’or pro Bogen; alles ſonſt wie bei Katzenberger. 1 Alphabet.)
Sie ſehen aus dem Ausſtreichen die Fehltritte kranker Augen. — 15
Leben Sie froh!
457. An Dr. Franz Lieber in Halle.
[Bayreuth, 20. Okt. 1824]
Ich danke Ihnen für Ihr nachſichtiges Schweigen auf mein
Schweigen, für die ſeltene Geduld eines Dichters und eines Jünglings 20
zugleich. Nur eine halbjährige Augenentnervung konnte mich zu dieſem
langen Zurückbehalten Ihrer Bücher zwingen, wovon die wenigen von
mir geleſenen und gehörten mich ſo ſehr durch ihren dichteriſchen Geiſt
erfreuten, daß ich das Ganze auf Gefahr Ihres Unwillens für die Her-
ſtellung meiner Augen aufbehielt. Verzeihen Sie Kürze, Schweigen 25
und Alles. Ihrer Muſe werde Muße und Segen! ꝛc.
458. An W. Demme in Halle.
[Bayreuth, 20. Okt. 1824]
Die Härte Ihres Brieftons, der mein Schweigen zur Schuld meines
Willens macht, werden Sie verurtheilen, wenn Sie erfahren, daß ich 30
ſeit einem halben Jahre mich mit meinem linken Auge dem grauen
Staare und mit dem rechten dem ſchwarzen nähere, und nur mit der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/282>, abgerufen am 16.02.2025.
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