befragen zu lassen -- und durch Ihre gütige Nachricht mich von meinen Zweifeln zu erlösen. Denn ich lebe jetzo sehr in der Nacht, sogar am Tage.
Seit anderthalb Jahren ist -- Emanuel von mir geschieden ohne meine Schuld .. Nur zuweilen besucht ihn meine Tochter. Trennung -- eigentlich Verschiebung der Freundschaft durch den Tod ist weniger5 schmerzlich.
Wird Ihnen zuweilen der Herbst des Lebens zu düster, so erfrischen Sie Ihr Auge an dem heitern Frühling Ihrer Kinder wie ich.
Herzlichen Gruß an Ihren thätigen freundlichen Mann. Es geh Ihnen beiden wohl!10
Ihr alter Freund Jean Paul Fr. Richter
455. An Optikus J. Niggel in München.
Baireut d. 16. Okt. 182415
Die Herren v. Reichenbach und Frauenhofer haben mir für meine Augen, die selber in Leipzig nicht die rechten Brillen finden konnten, die Ihrigen empfohlen. Ich wende mich daher an Ihre Geschicklichkeit und bitte Sie, mir für das Lesen eine konkave Brille schleifen zu lassen, die um 2 Grade schärfer ist als die beiliegende; und dann für das Schreiben20 bei Licht eine andere noch etwas schärfere. -- Übrigens könnten Sie mir vorläufig mehre Proben Ihrer schärfern Brillen -- sogar eine scharfe für die Ferne -- mit umgehender Post zum Versuche senden. Bei der Abnahme der Tage und meines Gesichts zugleich brauch' ich Sie wol nicht um Eile zu bitten. Die Gestelle erbitte, wo möglich, von25 Stahl mit Bügeln. -- Lassen Sie mein Vertrauen nicht unbelohnt bleiben; und geben Sie mir bald hellere Tage durch Ihre Kunst.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebener Jean Paul Fr. Richter30 Legazionrath
*456. An Joseph Max in Breslau.
Baireut d. 10 Okt. 1824
Endlich bin ich, mein hochgeschätzter Freund, zu einem Entschlusse gekommen, der die Erfüllung Ihrer Wünsche wenigstens anfängt. Seit35
befragen zu laſſen — und durch Ihre gütige Nachricht mich von meinen Zweifeln zu erlöſen. Denn ich lebe jetzo ſehr in der Nacht, ſogar am Tage.
Seit anderthalb Jahren iſt — Emanuel von mir geſchieden ohne meine Schuld .. Nur zuweilen beſucht ihn meine Tochter. Trennung — eigentlich Verſchiebung der Freundſchaft durch den Tod iſt weniger5 ſchmerzlich.
Wird Ihnen zuweilen der Herbſt des Lebens zu düſter, ſo erfriſchen Sie Ihr Auge an dem heitern Frühling Ihrer Kinder wie ich.
Herzlichen Gruß an Ihren thätigen freundlichen Mann. Es geh Ihnen beiden wohl!10
Ihr alter Freund Jean Paul Fr. Richter
455. An Optikus J. Niggel in München.
Baireut d. 16. Okt. 182415
Die Herren v. Reichenbach und Frauenhofer haben mir für meine Augen, die ſelber in Leipzig nicht die rechten Brillen finden konnten, die Ihrigen empfohlen. Ich wende mich daher an Ihre Geſchicklichkeit und bitte Sie, mir für das Leſen eine konkave Brille ſchleifen zu laſſen, die um 2 Grade ſchärfer iſt als die beiliegende; und dann für das Schreiben20 bei Licht eine andere noch etwas ſchärfere. — Übrigens könnten Sie mir vorläufig mehre Proben Ihrer ſchärfern Brillen — ſogar eine ſcharfe für die Ferne — mit umgehender Poſt zum Verſuche ſenden. Bei der Abnahme der Tage und meines Geſichts zugleich brauch’ ich Sie wol nicht um Eile zu bitten. Die Geſtelle erbitte, wo möglich, von25 Stahl mit Bügeln. — Laſſen Sie mein Vertrauen nicht unbelohnt bleiben; und geben Sie mir bald hellere Tage durch Ihre Kunſt.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebener Jean Paul Fr. Richter30 Legazionrath
*456. An Joſeph Max in Breslau.
Baireut d. 10 Okt. 1824
Endlich bin ich, mein hochgeſchätzter Freund, zu einem Entſchluſſe gekommen, der die Erfüllung Ihrer Wünſche wenigſtens anfängt. Seit35
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0281"n="269"/>
befragen zu laſſen — und durch Ihre gütige Nachricht mich von meinen<lb/>
Zweifeln zu erlöſen. Denn ich lebe jetzo ſehr in der Nacht, ſogar am Tage.</p><lb/><p>Seit anderthalb Jahren iſt —<hirendition="#aq">Emanuel</hi> von mir geſchieden ohne<lb/>
meine Schuld .. Nur zuweilen beſucht ihn meine Tochter. Trennung<lb/>— eigentlich Verſchiebung der Freundſchaft durch den Tod iſt weniger<lbn="5"/>ſchmerzlich.</p><lb/><p>Wird Ihnen zuweilen der Herbſt des Lebens zu düſter, ſo erfriſchen<lb/>
Sie Ihr Auge an dem heitern Frühling Ihrer Kinder wie ich.</p><lb/><p>Herzlichen Gruß an Ihren thätigen freundlichen Mann. Es geh<lb/>
Ihnen beiden wohl!<lbn="10"/></p><closer><salute><hirendition="#right">Ihr<lb/>
alter Freund<lb/>
Jean Paul Fr. Richter</hi></salute></closer></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>455. An <hirendition="#g">Optikus J. Niggel in München.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">Baireut</hi> d. 16. Okt. 1824</hi></dateline><lbn="15"/><p>Die Herren v. Reichenbach und Frauenhofer haben mir für meine<lb/>
Augen, die ſelber in Leipzig nicht die rechten Brillen finden konnten, die<lb/>
Ihrigen empfohlen. Ich wende mich daher an Ihre Geſchicklichkeit und<lb/>
bitte Sie, mir für das Leſen eine konkave Brille ſchleifen zu laſſen, die<lb/>
um 2 Grade ſchärfer iſt als die beiliegende; und dann für das Schreiben<lbn="20"/>
bei Licht eine andere noch etwas ſchärfere. — Übrigens könnten Sie<lb/>
mir vorläufig <hirendition="#g">mehre</hi> Proben Ihrer ſchärfern Brillen —ſogar eine<lb/>ſcharfe für die Ferne — mit umgehender Poſt zum Verſuche ſenden.<lb/>
Bei der Abnahme der Tage und meines Geſichts zugleich brauch’ ich<lb/>
Sie wol nicht um Eile zu bitten. Die Geſtelle erbitte, wo möglich, von<lbn="25"/>
Stahl mit Bügeln. — Laſſen Sie mein Vertrauen nicht unbelohnt<lb/>
bleiben; und geben Sie mir bald hellere Tage durch Ihre Kunſt.</p><lb/><p>Mit ausgezeichneter Hochachtung</p><lb/><closer><salute><hirendition="#right">Ihr ergebener<lb/>
Jean Paul Fr. Richter<lbn="30"/>
Legazionrath</hi></salute></closer></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>*456. An <hirendition="#g">Joſeph Max in Breslau.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">Baireut</hi> d. 10 Okt. 1824</hi></dateline><lb/><p>Endlich bin ich, mein hochgeſchätzter Freund, zu einem Entſchluſſe<lb/>
gekommen, der die Erfüllung Ihrer Wünſche wenigſtens anfängt. Seit<lbn="35"/><lb/></p></div></body></text></TEI>
[269/0281]
befragen zu laſſen — und durch Ihre gütige Nachricht mich von meinen
Zweifeln zu erlöſen. Denn ich lebe jetzo ſehr in der Nacht, ſogar am Tage.
Seit anderthalb Jahren iſt — Emanuel von mir geſchieden ohne
meine Schuld .. Nur zuweilen beſucht ihn meine Tochter. Trennung
— eigentlich Verſchiebung der Freundſchaft durch den Tod iſt weniger 5
ſchmerzlich.
Wird Ihnen zuweilen der Herbſt des Lebens zu düſter, ſo erfriſchen
Sie Ihr Auge an dem heitern Frühling Ihrer Kinder wie ich.
Herzlichen Gruß an Ihren thätigen freundlichen Mann. Es geh
Ihnen beiden wohl! 10
Ihr
alter Freund
Jean Paul Fr. Richter
455. An Optikus J. Niggel in München.
Baireut d. 16. Okt. 1824 15
Die Herren v. Reichenbach und Frauenhofer haben mir für meine
Augen, die ſelber in Leipzig nicht die rechten Brillen finden konnten, die
Ihrigen empfohlen. Ich wende mich daher an Ihre Geſchicklichkeit und
bitte Sie, mir für das Leſen eine konkave Brille ſchleifen zu laſſen, die
um 2 Grade ſchärfer iſt als die beiliegende; und dann für das Schreiben 20
bei Licht eine andere noch etwas ſchärfere. — Übrigens könnten Sie
mir vorläufig mehre Proben Ihrer ſchärfern Brillen — ſogar eine
ſcharfe für die Ferne — mit umgehender Poſt zum Verſuche ſenden.
Bei der Abnahme der Tage und meines Geſichts zugleich brauch’ ich
Sie wol nicht um Eile zu bitten. Die Geſtelle erbitte, wo möglich, von 25
Stahl mit Bügeln. — Laſſen Sie mein Vertrauen nicht unbelohnt
bleiben; und geben Sie mir bald hellere Tage durch Ihre Kunſt.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebener
Jean Paul Fr. Richter 30
Legazionrath
*456. An Joſeph Max in Breslau.
Baireut d. 10 Okt. 1824
Endlich bin ich, mein hochgeſchätzter Freund, zu einem Entſchluſſe
gekommen, der die Erfüllung Ihrer Wünſche wenigſtens anfängt. Seit 35
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/281>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.