Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.451. An Salinendirektor von Reichenbach in München. [Kopie][Bayreuth, 24. Sept. 1824]Hochzuverehrender Herr Salinendirektor! Als ich vor 4 Jahren das Vergnügen genoß, daß Sie mir Ihre Ich bitte Sie daher, mein Augenarzt zu werden, und mir konkave20 Ihr ergebenster etc. 452. Ins Stammbuch der Gräfin Julie von Egloffstein. Des Augenkranken Blatt. Ihr Blatt, verehrte Julie, ist weiß wie die Blüten; und die Kunst-30 [Spaltenumbruch]
Baireut35 d. 3. Okt. 1824. [Spaltenumbruch] Zum Andenken eines fern zurück gewichnen, aber noch immer in die Gegenwart herüber blühenden Tags. Jean Paul Fr. Richter 451. An Salinendirektor von Reichenbach in München. [Kopie][Bayreuth, 24. Sept. 1824]Hochzuverehrender Herr Salinendirektor! Als ich vor 4 Jahren das Vergnügen genoß, daß Sie mir Ihre Ich bitte Sie daher, mein Augenarzt zu werden, und mir konkave20 Ihr ergebenſter ꝛc. 452. Ins Stammbuch der Gräfin Julie von Egloffſtein. Des Augenkranken Blatt. Ihr Blatt, verehrte Julie, iſt weiß wie die Blüten; und die Kunſt-30 [Spaltenumbruch]
Baireut35 d. 3. Okt. 1824. [Spaltenumbruch] Zum Andenken eines fern zurück gewichnen, aber noch immer in die Gegenwart herüber blühenden Tags. Jean Paul Fr. Richter <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0279" n="267"/> <div type="letter" n="1"> <head>451. An <hi rendition="#g">Salinendirektor von Reichenbach in München.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 24. Sept. 1824]</hi> </dateline><lb/> <salute> <hi rendition="#et">Hochzuverehrender Herr Salinendirektor!</hi> </salute><lb/> <p>Als ich vor 4 Jahren das Vergnügen genoß, daß Sie mir Ihre<lb/> optiſche Kunſt-Maſchinerie, gleichſam das Arſenal zur Augen-Bewaff-<lb n="5"/> nung, zeigten — wodurch Sie den Himmel, aber mehr aſtronomiſch als<lb/> der h. Stephanus, offen ſehen —: ſo errieth ich nicht, wie ſehr ich<lb/> einmal Ihrer optiſchen Meiſterſchaft bedürfen würde, um ſtatt des<lb/> Himmels wenigſtens die Erde ſehen zu können. Seit ¾ Jahren martert<lb/> mich eine wachſende Augenſchwäche, daß ich blos mit konkaven Brillen<lb n="10"/> — die ich ſonſt nur für die Ferne gebrauchte — zu leſen und zu ſchreiben<lb/> vermag. Die kurze Sehweite, in der ich den beigelegten Druck leſen<lb/> kann, gibt der rothe Faden an. Ich gebrauchte — leider zu oft wechſelnd<lb/> — Holgläſer von Tauber in Leipzig — periſkopiſche von Oſtermann —<lb/> ſogar von Schmidt in Nürnberg — aber den meiſten ſcheint jene<lb n="15"/> mathematiſch ſtrenge Reinheit, und jene, einem kranken Auge unent-<lb/> behrliche Vollendung zu fehlen, welche nur ein Meiſter wie Sie, der<lb/> mit ſeinen Telegraphen ſogar die brittiſchen überbietet, wahrſcheinlich<lb/> allein, den kleinern Auxiliaraugen zu geben verſteht.</p><lb/> <p>Ich bitte Sie daher, mein Augenarzt zu werden, und mir konkave<lb n="20"/> Doppellorgnetten — in Stahl oder Schildkrot gefaßt — von <hi rendition="#aq">No. 10<lb/> (inclusive)</hi> bis <hi rendition="#aq">No.</hi> 4 herab zur Auswahl und Probe für Leſen am<lb/> Tage, Leſen bei Nacht und Sehen in der Ferne mit der Poſt zu ſenden.<lb/> Die Abnahme meiner Augen und die Abnahme der Tage werden meine<lb/> Bitte um baldige Hülfe entſchuldigen; für die ich Ihnen unendlich<lb n="25"/> danken würde. Mit der größten Hochachtung und Hoffnung</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Ihr ergebenſter ꝛc.</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>452. Ins <hi rendition="#g">Stammbuch der Gräfin Julie von Egloffſtein.</hi><lb/> Des Augenkranken Blatt.</head><lb/> <p>Ihr Blatt, verehrte Julie, iſt weiß wie die Blüten; und die Kunſt-<lb n="30"/> werke Ihrer Hand ſind ihre Früchte. Mein Blatt iſt nur grün wie das<lb/> Laub, das die Blüten umgibt, aber es iſt doch noch nicht verwelkt,<lb/> ſondern die Hoffnung grünt fort, Sie wiederzu<hi rendition="#g">ſehen.</hi></p><lb/> <closer> <cb/> <dateline><hi rendition="#left"><hi rendition="#aq">Baireut</hi><lb n="35"/></hi>d. 3. Okt. 1824.</dateline><lb/> <cb/> <salute> <hi rendition="#right">Zum Andenken eines fern zurück gewichnen,<lb/> aber noch immer in die Gegenwart herüber<lb/> blühenden Tags.<lb/> Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [267/0279]
451. An Salinendirektor von Reichenbach in München.
[Bayreuth, 24. Sept. 1824]
Hochzuverehrender Herr Salinendirektor!
Als ich vor 4 Jahren das Vergnügen genoß, daß Sie mir Ihre
optiſche Kunſt-Maſchinerie, gleichſam das Arſenal zur Augen-Bewaff- 5
nung, zeigten — wodurch Sie den Himmel, aber mehr aſtronomiſch als
der h. Stephanus, offen ſehen —: ſo errieth ich nicht, wie ſehr ich
einmal Ihrer optiſchen Meiſterſchaft bedürfen würde, um ſtatt des
Himmels wenigſtens die Erde ſehen zu können. Seit ¾ Jahren martert
mich eine wachſende Augenſchwäche, daß ich blos mit konkaven Brillen 10
— die ich ſonſt nur für die Ferne gebrauchte — zu leſen und zu ſchreiben
vermag. Die kurze Sehweite, in der ich den beigelegten Druck leſen
kann, gibt der rothe Faden an. Ich gebrauchte — leider zu oft wechſelnd
— Holgläſer von Tauber in Leipzig — periſkopiſche von Oſtermann —
ſogar von Schmidt in Nürnberg — aber den meiſten ſcheint jene 15
mathematiſch ſtrenge Reinheit, und jene, einem kranken Auge unent-
behrliche Vollendung zu fehlen, welche nur ein Meiſter wie Sie, der
mit ſeinen Telegraphen ſogar die brittiſchen überbietet, wahrſcheinlich
allein, den kleinern Auxiliaraugen zu geben verſteht.
Ich bitte Sie daher, mein Augenarzt zu werden, und mir konkave 20
Doppellorgnetten — in Stahl oder Schildkrot gefaßt — von No. 10
(inclusive) bis No. 4 herab zur Auswahl und Probe für Leſen am
Tage, Leſen bei Nacht und Sehen in der Ferne mit der Poſt zu ſenden.
Die Abnahme meiner Augen und die Abnahme der Tage werden meine
Bitte um baldige Hülfe entſchuldigen; für die ich Ihnen unendlich 25
danken würde. Mit der größten Hochachtung und Hoffnung
Ihr ergebenſter ꝛc.
452. Ins Stammbuch der Gräfin Julie von Egloffſtein.
Des Augenkranken Blatt.
Ihr Blatt, verehrte Julie, iſt weiß wie die Blüten; und die Kunſt- 30
werke Ihrer Hand ſind ihre Früchte. Mein Blatt iſt nur grün wie das
Laub, das die Blüten umgibt, aber es iſt doch noch nicht verwelkt,
ſondern die Hoffnung grünt fort, Sie wiederzuſehen.
Baireut 35
d. 3. Okt. 1824.
Zum Andenken eines fern zurück gewichnen,
aber noch immer in die Gegenwart herüber
blühenden Tags.
Jean Paul Fr. Richter
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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