klein genug, nur nicht der zu hohe, daß ich das Ihrige auf Kosten Ihrer Bequemlichkeiten -- durch Platzmachen und räumen -- annehmen soll... Ich sinne Ihnen bei Ihren großen Arbeiten für den reichen Geist und den armen Körper -- zumal vor einer Badreise -- nicht wieder eine Antwort an.5
388. An Dekan Pflaum in Bayreuth.
[Kopie][Bayreuth, 22. Juli 1823]
Wenn dieser Wein Ihrem Körper, dem Märterer Ihrer geistigen Anstrengungen, so wohl bekommt als ich hoffe: so will ich gern noch mehr Oel in Ihre unverdienten Wunden gießen.10
389. An Henriette von Ende in Dresden.
[Unter einem Brief Karolinens vom 1. Aug. 1823]
Nachschrift
Geliebte und verehrte Freundin! Nun hat sich meine Schuld zu einem dreifachen Dank gesteigert; aber zu meiner äußerlichen Undank-15 barkeit gab blos das eilige Fortlaufen von den Briefen meiner Frau Anlaß. Ihr Bleistift ist unter meinen 100 englischen gerade der beste; und ich fürchte mich ordentlich vor dem leider langen Holz-Ende, in das er, wie so oft die Menschen, zuletzt ausläuft. Nur gewisse Dinge (Seitenzahlen) werden mit ihm geschrieben. -- Aber Ihr glänzendes20 Wachsgemälde ist nicht für meinen Tisch gemacht; sondern dafür wird selber ein Tischchen gemacht. Es ist viel zu schön für das Bedecken mit Papieren, geschweige für das Beflecken. -- Und nun wollen Sie nach den Augen auch für meine Ohren sorgen, Sie originell-gütige Freundin. Das melodis[ch]e liebevolle Seufzen des Weltall in der Aeolharfe wird25 mich unter meinem jetzigen Schreiben über die Seelenunsterblichkeit erhebend, aber vielleicht auch zerschmelzend wie einen Phaeton er- greifen. Später, abends vertrüg' ich diese harmonische Allmacht nicht. -- Gott sei gedankt, daß er mein altes Vertrauen auf ihn in Rücksicht der Mutter und des Sohns wieder nach menschlichen Ansichten erfüllte.30 -- Und so geh' es meiner so hoch verehrten Freundin immer!
Ganz der Ihrige Jean Paul Fr. Richter
Ihre große Fr. v. d. Recke sei innigst von mir gegrüßt.
klein genug, nur nicht der zu hohe, daß ich das Ihrige auf Koſten Ihrer Bequemlichkeiten — durch Platzmachen und räumen — annehmen ſoll... Ich ſinne Ihnen bei Ihren großen Arbeiten für den reichen Geiſt und den armen Körper — zumal vor einer Badreiſe — nicht wieder eine Antwort an.5
388. An Dekan Pflaum in Bayreuth.
[Kopie][Bayreuth, 22. Juli 1823]
Wenn dieſer Wein Ihrem Körper, dem Märterer Ihrer geiſtigen Anſtrengungen, ſo wohl bekommt als ich hoffe: ſo will ich gern noch mehr Oel in Ihre unverdienten Wunden gießen.10
389. An Henriette von Ende in Dresden.
[Unter einem Brief Karolinens vom 1. Aug. 1823]
Nachſchrift
Geliebte und verehrte Freundin! Nun hat ſich meine Schuld zu einem dreifachen Dank geſteigert; aber zu meiner äußerlichen Undank-15 barkeit gab blos das eilige Fortlaufen von den Briefen meiner Frau Anlaß. Ihr Bleiſtift iſt unter meinen 100 engliſchen gerade der beſte; und ich fürchte mich ordentlich vor dem leider langen Holz-Ende, in das er, wie ſo oft die Menſchen, zuletzt ausläuft. Nur gewiſſe Dinge (Seitenzahlen) werden mit ihm geſchrieben. — Aber Ihr glänzendes20 Wachsgemälde iſt nicht für meinen Tiſch gemacht; ſondern dafür wird ſelber ein Tiſchchen gemacht. Es iſt viel zu ſchön für das Bedecken mit Papieren, geſchweige für das Beflecken. — Und nun wollen Sie nach den Augen auch für meine Ohren ſorgen, Sie originell-gütige Freundin. Das melodiſ[ch]e liebevolle Seufzen des Weltall in der Aeolharfe wird25 mich unter meinem jetzigen Schreiben über die Seelenunſterblichkeit erhebend, aber vielleicht auch zerſchmelzend wie einen Phaeton er- greifen. Später, abends vertrüg’ ich dieſe harmoniſche Allmacht nicht. — Gott ſei gedankt, daß er mein altes Vertrauen auf ihn in Rückſicht der Mutter und des Sohns wieder nach menſchlichen Anſichten erfüllte.30 — Und ſo geh’ es meiner ſo hoch verehrten Freundin immer!
Ganz der Ihrige Jean Paul Fr. Richter
Ihre große Fr. v. d. Recke ſei innigſt von mir gegrüßt.
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klein genug, nur nicht der zu hohe, daß ich das Ihrige auf Koſten Ihrer
Bequemlichkeiten — durch Platzmachen und räumen — annehmen ſoll...
Ich ſinne Ihnen bei Ihren großen Arbeiten für den reichen Geiſt und
den armen Körper — zumal vor einer Badreiſe — nicht wieder eine
Antwort an. 5
388. An Dekan Pflaum in Bayreuth.
[Bayreuth, 22. Juli 1823]
Wenn dieſer Wein Ihrem Körper, dem Märterer Ihrer geiſtigen
Anſtrengungen, ſo wohl bekommt als ich hoffe: ſo will ich gern noch
mehr Oel in Ihre unverdienten Wunden gießen. 10
389. An Henriette von Ende in Dresden.
[Unter einem Brief Karolinens vom 1. Aug. 1823]
Nachſchrift
Geliebte und verehrte Freundin! Nun hat ſich meine Schuld zu
einem dreifachen Dank geſteigert; aber zu meiner äußerlichen Undank- 15
barkeit gab blos das eilige Fortlaufen von den Briefen meiner Frau
Anlaß. Ihr Bleiſtift iſt unter meinen 100 engliſchen gerade der beſte;
und ich fürchte mich ordentlich vor dem leider langen Holz-Ende, in das
er, wie ſo oft die Menſchen, zuletzt ausläuft. Nur gewiſſe Dinge
(Seitenzahlen) werden mit ihm geſchrieben. — Aber Ihr glänzendes 20
Wachsgemälde iſt nicht für meinen Tiſch gemacht; ſondern dafür wird
ſelber ein Tiſchchen gemacht. Es iſt viel zu ſchön für das Bedecken mit
Papieren, geſchweige für das Beflecken. — Und nun wollen Sie nach
den Augen auch für meine Ohren ſorgen, Sie originell-gütige Freundin.
Das melodiſ[ch]e liebevolle Seufzen des Weltall in der Aeolharfe wird 25
mich unter meinem jetzigen Schreiben über die Seelenunſterblichkeit
erhebend, aber vielleicht auch zerſchmelzend wie einen Phaeton er-
greifen. Später, abends vertrüg’ ich dieſe harmoniſche Allmacht nicht.
— Gott ſei gedankt, daß er mein altes Vertrauen auf ihn in Rückſicht
der Mutter und des Sohns wieder nach menſchlichen Anſichten erfüllte. 30
— Und ſo geh’ es meiner ſo hoch verehrten Freundin immer!
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/239>, abgerufen am 16.02.2025.
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