Heere optisch in der Luft hangen bleiben; aber Ihnen bleibt doch das Verdienst, offen und lichtvoll statt der Gespenster die Verfechter der- selben bekämpft und geschlagen zu haben. -- Wir beide sind denn also die einzigen Restanten aus der Schwarzenbacher Scherz- und Autor- Union und Disunion; mögen Sie noch recht lange und recht heiter als5 Nachflor uns allen bleiben!
339. An Therese von Welden in Bayreuth.
An einem der schönsten Namenstage will ich Ihnen, verehrte heitere Therese, für Vorgestern danken. Sie gaben mir lebendige Blumen, und diese passen für einen alten Blumenstab -- ich aber send' Ihnen hier nur10 leblose seidne; denn die lebende Blüte kann sich schon mit diesen behelfen. Nach den Orangeblüten sind mir die Mai- oder Wonnemondblumen die liebsten, und daher bringt Ihnen meine Emma diese, obgleich an Ihnen auch jede andere Blume eine Mai-Blume ist. So hab' ich überhaupt Ihnen allen für botanische Geschenke zu danken; Ihren15 gütigen jüngern Schwestern für Beeren; und Ihrer herrlichen Mutter, welche gern Geister sammelt, [für] die gestrige Sammlung von Thee- stauden-, Zitronbaum-, Zuckerrohr- und Reis-Geistern, was man auf Englisch Punsch nennt. Ja, damit gar nichts zu einem Garten fehle, so singt noch -- wie vorgestern -- im Nebenzimmer die Nachtigall.20
Verzeihen Sie meine Blümchen und meine Worte!
Baireut d. 12. Okt. 1822
Jean Paul
340. An Medizinalrat Dr. von Hirsch in Bayreuth.
Baireut d. 14. Okt. 1822
Mit vielem Danke für Ihre freigebige Güte send' ich Ihnen hier25 drei Bücher zurück. Ihr Aufsatz in Nasse's Zeitschrift hat mich nicht blos durch die freie weite Übersicht der Gegenstände, sondern auch durch seinen poetischen Geist und durch Kenntnisse erfreut, welche man sonst erst jenseits des ärztlichen Gebietes sucht. Für mich ist der psycho- physiologische Zweig der Heilkunde fast der interessanteste; und ich30 bitte Sie daher um so viele Stücke der Zeitschrift als Sie mir gönnen wollen. -- Hier leg' ich noch, um nicht ganz Schuldner zu bleiben, ein Dedikazionexemplar des vortrefflichen Meckels bei.
Ihr ergebenster Jean Paul Fr. Richter35
Heere optiſch in der Luft hangen bleiben; aber Ihnen bleibt doch das Verdienſt, offen und lichtvoll ſtatt der Geſpenſter die Verfechter der- ſelben bekämpft und geſchlagen zu haben. — Wir beide ſind denn alſo die einzigen Reſtanten aus der Schwarzenbacher Scherz- und Autor- Union und Disunion; mögen Sie noch recht lange und recht heiter als5 Nachflor uns allen bleiben!
339. An Thereſe von Welden in Bayreuth.
An einem der ſchönſten Namenstage will ich Ihnen, verehrte heitere Therese, für Vorgeſtern danken. Sie gaben mir lebendige Blumen, und dieſe paſſen für einen alten Blumenſtab — ich aber ſend’ Ihnen hier nur10 lebloſe ſeidne; denn die lebende Blüte kann ſich ſchon mit dieſen behelfen. Nach den Orangeblüten ſind mir die Mai- oder Wonnemondblumen die liebſten, und daher bringt Ihnen meine Emma dieſe, obgleich an Ihnen auch jede andere Blume eine Mai-Blume iſt. So hab’ ich überhaupt Ihnen allen für botaniſche Geſchenke zu danken; Ihren15 gütigen jüngern Schweſtern für Beeren; und Ihrer herrlichen Mutter, welche gern Geiſter ſammelt, [für] die geſtrige Sammlung von Thee- ſtauden-, Zitronbaum-, Zuckerrohr- und Reis-Geiſtern, was man auf Engliſch Punsch nennt. Ja, damit gar nichts zu einem Garten fehle, ſo ſingt noch — wie vorgeſtern — im Nebenzimmer die Nachtigall.20
Verzeihen Sie meine Blümchen und meine Worte!
Baireut d. 12. Okt. 1822
Jean Paul
340. An Medizinalrat Dr. von Hirſch in Bayreuth.
Baireut d. 14. Okt. 1822
Mit vielem Danke für Ihre freigebige Güte ſend’ ich Ihnen hier25 drei Bücher zurück. Ihr Aufſatz in Naſſe’s Zeitſchrift hat mich nicht blos durch die freie weite Überſicht der Gegenſtände, ſondern auch durch ſeinen poetiſchen Geiſt und durch Kenntniſſe erfreut, welche man ſonſt erſt jenſeits des ärztlichen Gebietes ſucht. Für mich iſt der pſycho- phyſiologiſche Zweig der Heilkunde faſt der intereſſanteſte; und ich30 bitte Sie daher um ſo viele Stücke der Zeitſchrift als Sie mir gönnen wollen. — Hier leg’ ich noch, um nicht ganz Schuldner zu bleiben, ein Dedikazionexemplar des vortrefflichen Meckels bei.
Ihr ergebenſter Jean Paul Fr. Richter35
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Verdienſt, offen und lichtvoll ſtatt der Geſpenſter die Verfechter der-
ſelben bekämpft und geſchlagen zu haben. — Wir beide ſind denn alſo
die einzigen Reſtanten aus der Schwarzenbacher Scherz- und Autor-
Union und Disunion; mögen Sie noch recht lange und recht heiter als 5
Nachflor uns allen bleiben!
339. An Thereſe von Welden in Bayreuth.
An einem der ſchönſten Namenstage will ich Ihnen, verehrte heitere
Therese, für Vorgeſtern danken. Sie gaben mir lebendige Blumen, und
dieſe paſſen für einen alten Blumenſtab — ich aber ſend’ Ihnen hier nur 10
lebloſe ſeidne; denn die lebende Blüte kann ſich ſchon mit dieſen behelfen.
Nach den Orangeblüten ſind mir die Mai- oder Wonnemondblumen
die liebſten, und daher bringt Ihnen meine Emma dieſe, obgleich an
Ihnen auch jede andere Blume eine Mai-Blume iſt. So hab’ ich
überhaupt Ihnen allen für botaniſche Geſchenke zu danken; Ihren 15
gütigen jüngern Schweſtern für Beeren; und Ihrer herrlichen Mutter,
welche gern Geiſter ſammelt, [für] die geſtrige Sammlung von Thee-
ſtauden-, Zitronbaum-, Zuckerrohr- und Reis-Geiſtern, was man auf
Engliſch Punsch nennt. Ja, damit gar nichts zu einem Garten fehle,
ſo ſingt noch — wie vorgeſtern — im Nebenzimmer die Nachtigall. 20
Verzeihen Sie meine Blümchen und meine Worte!
Baireut d. 12. Okt. 1822 Jean Paul
340. An Medizinalrat Dr. von Hirſch in Bayreuth.
Baireut d. 14. Okt. 1822
Mit vielem Danke für Ihre freigebige Güte ſend’ ich Ihnen hier 25
drei Bücher zurück. Ihr Aufſatz in Naſſe’s Zeitſchrift hat mich nicht blos
durch die freie weite Überſicht der Gegenſtände, ſondern auch durch
ſeinen poetiſchen Geiſt und durch Kenntniſſe erfreut, welche man ſonſt
erſt jenſeits des ärztlichen Gebietes ſucht. Für mich iſt der pſycho-
phyſiologiſche Zweig der Heilkunde faſt der intereſſanteſte; und ich 30
bitte Sie daher um ſo viele Stücke der Zeitſchrift als Sie mir gönnen
wollen. — Hier leg’ ich noch, um nicht ganz Schuldner zu bleiben, ein
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Jean Paul Fr. Richter 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/213>, abgerufen am 16.02.2025.
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