deine Altliebenden zu bringen. Lasse mich, wie gewöhnlich, alles Fremdartige, ohne anderes Band als den Gedankenstrich, zusammen her werfen. -- Die drei Kinder sind gesund, ich für den Winter auch genug. -- Deine Minna hat jetzo einen harten Gang; aber du hättest sie nach Berlin mitzwingen sollen. Gut ists fast, daß die5 neue Wunde in die alte kam ohne Zwischenraum. -- Langermann empfange von mir den Gruß des Herzens und der Hochachtung, aber auch den Vorwurf der verstummten Liebe; scheide nicht aus Berlin ohne ein Blättchen von ihm, womit er mir seine Genüsse bei dir bezahlen soll. -- Dein Zurücklegen des Briefes an Reimer10 war klug, gib ihm ihn aber doch, weil er mehr Haug betrifft. Langermann soll mir indeß bei dessen Zahlungunfähigkeit die Übernahme so vieler Verlagartikel erklären. -- Die F. v. d. Recke ist begeistert von dir. -- An die verehrte Ompteda schreib' ich gewiß noch. -- Nur dein Dresdner Brief bekam Mitleser, sonst keiner. --15 Unter den Preis sollen wo[l] keine Bücher versteigert werden; nur mußt du nicht so viele nehmen, daß du sie wieder deiner Minna ab- kaufen mußt. Die allgemeine Historie aller Reisen kannst du nehmen, wenn Minna ein ähnliches Werk nimmt. -- Das Dictionnaire von de Veaux bringe im Wagen mit. Schicke mir doch mehre20 Probeabschnitzel von glattem Schreibpapier; du sollst mir rechtes mitbringen. -- Emma fährt in den alten Haushalt-Verdiensten fort und gewinnt ordentlich Vorliebe dafür und kocht Neues nach Koch- büchern. Also für mein Leibliches wäre wol gesorgt; aber mein Geistiges erwartet und fodert dich, meine Seele. Wie wärest du25 mir in meiner Wintereinsamkeit so nöthig und erquicklich! Heiter und warm werden unsere nächsten Wintermonate sein. -- Grüße unsere warme geliebte Freundin und den Jüngling-Mann Julius! -- Komme nur gesund zurück, weiter bitt' ich Gott um nichts.30
Dein alter Richter
Verschiebe deine Rückkehr nicht zu lange; die Kälte des Januars wird nach allen Prophezeiungen sehr hart werden, und dann mein Leiden auch.35
Der alte Welden sprach mir mit größter Liebe von dir und mit Angst, du werdest später Baireut zu unbedeutend finden.
21 Jean Paul Briefe. VII.
deine Altliebenden zu bringen. Laſſe mich, wie gewöhnlich, alles Fremdartige, ohne anderes Band als den Gedankenſtrich, zuſammen her werfen. — Die drei Kinder ſind geſund, ich für den Winter auch genug. — Deine Minna hat jetzo einen harten Gang; aber du hätteſt ſie nach Berlin mitzwingen ſollen. Gut iſts faſt, daß die5 neue Wunde in die alte kam ohne Zwiſchenraum. — Langermann empfange von mir den Gruß des Herzens und der Hochachtung, aber auch den Vorwurf der verſtummten Liebe; ſcheide nicht aus Berlin ohne ein Blättchen von ihm, womit er mir ſeine Genüſſe bei dir bezahlen ſoll. — Dein Zurücklegen des Briefes an Reimer10 war klug, gib ihm ihn aber doch, weil er mehr Haug betrifft. Langermann ſoll mir indeß bei deſſen Zahlungunfähigkeit die Übernahme ſo vieler Verlagartikel erklären. — Die F. v. d. Recke iſt begeiſtert von dir. — An die verehrte Ompteda ſchreib’ ich gewiß noch. — Nur dein Dresdner Brief bekam Mitleſer, ſonſt keiner. —15 Unter den Preis ſollen wo[l] keine Bücher verſteigert werden; nur mußt du nicht ſo viele nehmen, daß du ſie wieder deiner Minna ab- kaufen mußt. Die allgemeine Hiſtorie aller Reiſen kannſt du nehmen, wenn Minna ein ähnliches Werk nimmt. — Das Dictionnaire von de Veaux bringe im Wagen mit. Schicke mir doch mehre20 Probeabſchnitzel von glattem Schreibpapier; du ſollſt mir rechtes mitbringen. — Emma fährt in den alten Haushalt-Verdienſten fort und gewinnt ordentlich Vorliebe dafür und kocht Neues nach Koch- büchern. Alſo für mein Leibliches wäre wol geſorgt; aber mein Geiſtiges erwartet und fodert dich, meine Seele. Wie wäreſt du25 mir in meiner Wintereinſamkeit ſo nöthig und erquicklich! Heiter und warm werden unſere nächſten Wintermonate ſein. — Grüße unſere warme geliebte Freundin und den Jüngling-Mann Julius! — Komme nur geſund zurück, weiter bitt’ ich Gott um nichts.30
Dein alter Richter
Verſchiebe deine Rückkehr nicht zu lange; die Kälte des Januars wird nach allen Prophezeiungen ſehr hart werden, und dann mein Leiden auch.35
Der alte Welden ſprach mir mit größter Liebe von dir und mit Angſt, du werdeſt ſpäter Baireut zu unbedeutend finden.
21 Jean Paul Briefe. VII.
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deine Altliebenden zu bringen. Laſſe mich, wie gewöhnlich, alles
Fremdartige, ohne anderes Band als den Gedankenſtrich, zuſammen
her werfen. — Die drei Kinder ſind geſund, ich für den Winter
auch genug. — Deine Minna hat jetzo einen harten Gang; aber
du hätteſt ſie nach Berlin mitzwingen ſollen. Gut iſts faſt, daß die 5
neue Wunde in die alte kam ohne Zwiſchenraum. — Langermann
empfange von mir den Gruß des Herzens und der Hochachtung,
aber auch den Vorwurf der verſtummten Liebe; ſcheide nicht aus
Berlin ohne ein Blättchen von ihm, womit er mir ſeine Genüſſe
bei dir bezahlen ſoll. — Dein Zurücklegen des Briefes an Reimer 10
war klug, gib ihm ihn aber doch, weil er mehr Haug betrifft.
Langermann ſoll mir indeß bei deſſen Zahlungunfähigkeit die
Übernahme ſo vieler Verlagartikel erklären. — Die F. v. d. Recke
iſt begeiſtert von dir. — An die verehrte Ompteda ſchreib’ ich gewiß
noch. — Nur dein Dresdner Brief bekam Mitleſer, ſonſt keiner. — 15
Unter den Preis ſollen wo[l] keine Bücher verſteigert werden; nur
mußt du nicht ſo viele nehmen, daß du ſie wieder deiner Minna ab-
kaufen mußt. Die allgemeine Hiſtorie aller Reiſen kannſt du nehmen,
wenn Minna ein ähnliches Werk nimmt. — Das Dictionnaire
von de Veaux bringe im Wagen mit. Schicke mir doch mehre 20
Probeabſchnitzel von glattem Schreibpapier; du ſollſt mir rechtes
mitbringen. — Emma fährt in den alten Haushalt-Verdienſten fort
und gewinnt ordentlich Vorliebe dafür und kocht Neues nach Koch-
büchern. Alſo für mein Leibliches wäre wol geſorgt; aber mein
Geiſtiges erwartet und fodert dich, meine Seele. Wie wäreſt du 25
mir in meiner Wintereinſamkeit ſo nöthig und erquicklich! Heiter
und warm werden unſere nächſten Wintermonate ſein. — Grüße
unſere warme geliebte Freundin und den Jüngling-Mann Julius!
— Komme nur geſund zurück, weiter bitt’ ich Gott um nichts. 30
Dein
alter
Richter
Verſchiebe deine Rückkehr nicht zu lange; die Kälte des Januars
wird nach allen Prophezeiungen ſehr hart werden, und dann mein
Leiden auch. 35
Der alte Welden ſprach mir mit größter Liebe von dir und mit
Angſt, du werdeſt ſpäter Baireut zu unbedeutend finden.
21 Jean Paul Briefe. VII.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/333>, abgerufen am 16.07.2024.
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