Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

Bild:
<< vorherige Seite
71. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank,
der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. -- Wie
trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem5
18-Feste ein!

72. An Otto.

Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh gewesen
bist! Und schöneres Wetter gehabt hättest! -- Du siehst die Länge10
deiner Abwesenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen
Weltdualismus vom 18ten. -- Ich wünsche dich recht bald zu hören.
Briefe von dir sind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.

73. An Ludwig von Oertel in Regensburg.
[Kopie]15

Wie soll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen
ich, wenigstens mit Druck Buchstaben, der ewige Sprecher bin?
Aber jetzo hab' ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen -- ich
will nämlich selber kommen und folglich mit dir reden. Schon seit
2 Jahren trag' ich mich mit dem Entwurfe, nach R[egensburg] zu20
reisen und da 1 Monat zu verleben -- und zwar so, wie ich es früher
in Erlangen und Nürnberg gemacht: ich miethe mir nämlich, um
ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem schlechten Kanapee
und guten Bette und esse im Gasthof und -- damit gut. -- Nur muß
ich vorher von dir wissen -- also wirst du doch ein Paar Worte25
früher schrift- als mündlich zu sprechen haben --, ob der Fürst etc.
nicht jetzo die verdammten Badreisen gemacht, die einem monatlang
jedes Reisen verleiden, Badreisen ausgenommen. Wär' es indeß
und wären beide nicht zu Hause und überhaupt manche bedeutende
Menschen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich so gern öfters30
zu sehen wünsche: so verschieb' ich meine Reise bis in den Wein-
lesemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau
zu beschauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knospet
und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.

71. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank,
der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. — Wie
trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem5
18-Feſte ein!

72. An Otto.

Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh geweſen
biſt! Und ſchöneres Wetter gehabt hätteſt! — Du ſiehſt die Länge10
deiner Abweſenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen
Weltdualiſmus vom 18ten. — Ich wünſche dich recht bald zu hören.
Briefe von dir ſind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.

73. An Ludwig von Oertel in Regensburg.
[Kopie]15

Wie ſoll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen
ich, wenigſtens mit Druck Buchſtaben, der ewige Sprecher bin?
Aber jetzo hab’ ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen — ich
will nämlich ſelber kommen und folglich mit dir reden. Schon ſeit
2 Jahren trag’ ich mich mit dem Entwurfe, nach R[egensburg] zu20
reiſen und da 1 Monat zu verleben — und zwar ſo, wie ich es früher
in Erlangen und Nürnberg gemacht: ich miethe mir nämlich, um
ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem ſchlechten Kanapee
und guten Bette und eſſe im Gaſthof und — damit gut. — Nur muß
ich vorher von dir wiſſen — alſo wirſt du doch ein Paar Worte25
früher ſchrift- als mündlich zu ſprechen haben —, ob der Fürſt ꝛc.
nicht jetzo die verdammten Badreiſen gemacht, die einem monatlang
jedes Reiſen verleiden, Badreiſen ausgenommen. Wär’ es indeß
und wären beide nicht zu Hauſe und überhaupt manche bedeutende
Menſchen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich ſo gern öfters30
zu ſehen wünſche: ſo verſchieb’ ich meine Reiſe bis in den Wein-
leſemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau
zu beſchauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knoſpet
und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0033" n="28"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>71. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 15. Juli 1815]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank,<lb/>
der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. &#x2014; Wie<lb/>
trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem<lb n="5"/>
18-Fe&#x017F;te ein!</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>72. An <hi rendition="#g">Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, Juli (?) 1815]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh gewe&#x017F;en<lb/>
bi&#x017F;t! Und &#x017F;chöneres Wetter gehabt hätte&#x017F;t! &#x2014; Du &#x017F;ieh&#x017F;t die Länge<lb n="10"/>
deiner Abwe&#x017F;enheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen<lb/>
Weltduali&#x017F;mus vom 18<hi rendition="#sup">ten</hi>. &#x2014; Ich wün&#x017F;che dich recht bald zu hören.<lb/>
Briefe von dir &#x017F;ind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>73. An <hi rendition="#g">Ludwig von Oertel in Regensburg.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial">[Kopie]</note>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 21. Juli 1815]</hi> </dateline>
        <lb n="15"/>
        <p>Wie &#x017F;oll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen<lb/>
ich, wenig&#x017F;tens mit Druck Buch&#x017F;taben, der ewige Sprecher bin?<lb/>
Aber jetzo hab&#x2019; ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen &#x2014; ich<lb/>
will nämlich &#x017F;elber kommen und folglich mit dir reden. Schon &#x017F;eit<lb/>
2 Jahren trag&#x2019; ich mich mit dem Entwurfe, nach <hi rendition="#aq">R[egensburg]</hi> zu<lb n="20"/>
rei&#x017F;en und da 1 Monat zu verleben &#x2014; und zwar &#x017F;o, wie ich es früher<lb/>
in <hi rendition="#aq">Erlangen</hi> und <hi rendition="#aq">Nürnberg</hi> gemacht: ich miethe mir nämlich, um<lb/>
ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem &#x017F;chlechten Kanapee<lb/>
und guten Bette und e&#x017F;&#x017F;e im Ga&#x017F;thof und &#x2014; damit gut. &#x2014; Nur muß<lb/>
ich vorher von dir wi&#x017F;&#x017F;en &#x2014; al&#x017F;o wir&#x017F;t du doch ein Paar Worte<lb n="25"/>
früher &#x017F;chrift- als mündlich zu &#x017F;prechen haben &#x2014;, ob der Für&#x017F;t &#xA75B;c.<lb/>
nicht jetzo die verdammten Badrei&#x017F;en gemacht, die einem monatlang<lb/>
jedes Rei&#x017F;en verleiden, Badrei&#x017F;en ausgenommen. Wär&#x2019; es indeß<lb/>
und wären beide nicht zu Hau&#x017F;e und überhaupt manche bedeutende<lb/>
Men&#x017F;chen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich &#x017F;o gern öfters<lb n="30"/>
zu &#x017F;ehen wün&#x017F;che: &#x017F;o ver&#x017F;chieb&#x2019; ich meine Rei&#x017F;e bis in den Wein-<lb/>
le&#x017F;emonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau<lb/>
zu be&#x017F;chauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie kno&#x017F;pet<lb/>
und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0033] 71. An Emanuel. [Bayreuth, 15. Juli 1815] Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank, der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. — Wie trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem 5 18-Feſte ein! 72. An Otto. [Bayreuth, Juli (?) 1815] Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh geweſen biſt! Und ſchöneres Wetter gehabt hätteſt! — Du ſiehſt die Länge 10 deiner Abweſenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen Weltdualiſmus vom 18ten. — Ich wünſche dich recht bald zu hören. Briefe von dir ſind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige. 73. An Ludwig von Oertel in Regensburg. [Bayreuth, 21. Juli 1815] 15 Wie ſoll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen ich, wenigſtens mit Druck Buchſtaben, der ewige Sprecher bin? Aber jetzo hab’ ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen — ich will nämlich ſelber kommen und folglich mit dir reden. Schon ſeit 2 Jahren trag’ ich mich mit dem Entwurfe, nach R[egensburg] zu 20 reiſen und da 1 Monat zu verleben — und zwar ſo, wie ich es früher in Erlangen und Nürnberg gemacht: ich miethe mir nämlich, um ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem ſchlechten Kanapee und guten Bette und eſſe im Gaſthof und — damit gut. — Nur muß ich vorher von dir wiſſen — alſo wirſt du doch ein Paar Worte 25 früher ſchrift- als mündlich zu ſprechen haben —, ob der Fürſt ꝛc. nicht jetzo die verdammten Badreiſen gemacht, die einem monatlang jedes Reiſen verleiden, Badreiſen ausgenommen. Wär’ es indeß und wären beide nicht zu Hauſe und überhaupt manche bedeutende Menſchen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich ſo gern öfters 30 zu ſehen wünſche: ſo verſchieb’ ich meine Reiſe bis in den Wein- leſemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau zu beſchauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knoſpet und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/33
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/33>, abgerufen am 24.11.2024.