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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

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gegeben. Das Liebste aber war mir bei ihnen die noch immer schöne
Herzogin Wilhelm (mit dem Mann), welche mich schon lange in
den Briefen an Matthison liebte und sehen wollte. Aber wie soll
ich dir das naive, unbefangne, liebende, springende Sprechen dar-
stellen! Und wie erhitzte sie mit ihrer Lebhaftigkeit die meinige! --5
Übermorgen fahr' ich mit dem Grafen Kufstein (aus Wien, ein
köstlicher Jüngling) zu ihr nach Stetten. Auch der Herzog gefällt
mir. -- Matthison geht mit ihr künftige Woche nach der Schweiz.
-- Er hat mich sehr lieb, noch mehr Reinbeck, bei dem ich jeden Tag
offne Hausmannskost fände, wenn ich wollte, und gar der liebe Haug.10
-- Mit dem würdigen Hartmann bin ich oft zusammen. -- Auf der
nahen Silberburg hab ich die herrlichsten Schreibtische, -- wenn
ich nur öfter hinauf käme. -- Demallenungeachtet ist es doch kein
halbes erstes Heidelberg; so seelig kann ich nie mehr werden als
mich euere Gegenden -- die Männer -- die Jungfrauen -- die15
Neckarfahrt -- die Thibauts Musik -- die Mannheimische -- der
Rhein und unsere Landfahrten gemacht; nein, nicht halb so seelig
mehr. -- Das Werk über Stollberg wird als eine Congrev. Rakete
durch Deutschland fahren und glühend an der Schlechtigkeit fressen.
-- Den Empfang deines Geldes hab' ich dir ja längst geschrieben so20
wie meinen Wunsch, du hättest dabei deinen Beutel mehr geschont.
-- Deine Dinte ist sehr erbärmlich. -- Drei Deputierte der Stu-
denten aus Tübingen luden mich für den 18ten dahin ein zum
Feste: -- du begreifst daß ich meinem Vivat nicht entgegen fuhr. --
Ich grüße von ganzer Seele deine lieben Eltern; auch Daub,25
Schwarz, Creutzer, Paulus und Munke -- Und dich, lieber Bruder,
mit ein Paar Herzen auf einmal.

Richter
536. An Frau von Matthisson in Stuttgart.
30

Hier send' ich Ihnen Ihr Paquet zurück, aber nicht mit Ver-
gnügen, da mir das Schicksal nicht einmal die Freude auch des kleinen
Dienstes für Sie vergönnt.

Graf Kuefstein schrieb mir heute die Reise ab, weil die Herzogin
selber in die Stadt eine macht zur Vorbereitung der großen.35

gegeben. Das Liebſte aber war mir bei ihnen die noch immer ſchöne
Herzogin Wilhelm (mit dem Mann), welche mich ſchon lange in
den Briefen an Matthiſon liebte und ſehen wollte. Aber wie ſoll
ich dir das naive, unbefangne, liebende, ſpringende Sprechen dar-
ſtellen! Und wie erhitzte ſie mit ihrer Lebhaftigkeit die meinige! —5
Übermorgen fahr’ ich mit dem Grafen Kufſtein (aus Wien, ein
köſtlicher Jüngling) zu ihr nach Stetten. Auch der Herzog gefällt
mir. — Matthiſon geht mit ihr künftige Woche nach der Schweiz.
— Er hat mich ſehr lieb, noch mehr Reinbeck, bei dem ich jeden Tag
offne Hausmannskoſt fände, wenn ich wollte, und gar der liebe Haug.10
— Mit dem würdigen Hartmann bin ich oft zuſammen. — Auf der
nahen Silberburg hab ich die herrlichſten Schreibtiſche, — wenn
ich nur öfter hinauf käme. — Demallenungeachtet iſt es doch kein
halbes erſtes Heidelberg; ſo ſeelig kann ich nie mehr werden als
mich euere Gegenden — die Männer — die Jungfrauen — die15
Neckarfahrt — die Thibauts Muſik — die Mannheimiſche — der
Rhein und unſere Landfahrten gemacht; nein, nicht halb ſo ſeelig
mehr. — Das Werk über Stollberg wird als eine Congrev. Rakete
durch Deutſchland fahren und glühend an der Schlechtigkeit freſſen.
— Den Empfang deines Geldes hab’ ich dir ja längſt geſchrieben ſo20
wie meinen Wunſch, du hätteſt dabei deinen Beutel mehr geſchont.
— Deine Dinte iſt ſehr erbärmlich. — Drei Deputierte der Stu-
denten aus Tübingen luden mich für den 18ten dahin ein zum
Feſte: — du begreifſt daß ich meinem Vivat nicht entgegen fuhr. —
Ich grüße von ganzer Seele deine lieben Eltern; auch Daub,25
Schwarz, Creutzer, Paulus und Munke — Und dich, lieber Bruder,
mit ein Paar Herzen auf einmal.

Richter
536. An Frau von Matthiſſon in Stuttgart.
30

Hier ſend’ ich Ihnen Ihr Paquet zurück, aber nicht mit Ver-
gnügen, da mir das Schickſal nicht einmal die Freude auch des kleinen
Dienſtes für Sie vergönnt.

Graf Kuefstein ſchrieb mir heute die Reiſe ab, weil die Herzogin
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[279/0287] gegeben. Das Liebſte aber war mir bei ihnen die noch immer ſchöne Herzogin Wilhelm (mit dem Mann), welche mich ſchon lange in den Briefen an Matthiſon liebte und ſehen wollte. Aber wie ſoll ich dir das naive, unbefangne, liebende, ſpringende Sprechen dar- ſtellen! Und wie erhitzte ſie mit ihrer Lebhaftigkeit die meinige! — 5 Übermorgen fahr’ ich mit dem Grafen Kufſtein (aus Wien, ein köſtlicher Jüngling) zu ihr nach Stetten. Auch der Herzog gefällt mir. — Matthiſon geht mit ihr künftige Woche nach der Schweiz. — Er hat mich ſehr lieb, noch mehr Reinbeck, bei dem ich jeden Tag offne Hausmannskoſt fände, wenn ich wollte, und gar der liebe Haug. 10 — Mit dem würdigen Hartmann bin ich oft zuſammen. — Auf der nahen Silberburg hab ich die herrlichſten Schreibtiſche, — wenn ich nur öfter hinauf käme. — Demallenungeachtet iſt es doch kein halbes erſtes Heidelberg; ſo ſeelig kann ich nie mehr werden als mich euere Gegenden — die Männer — die Jungfrauen — die 15 Neckarfahrt — die Thibauts Muſik — die Mannheimiſche — der Rhein und unſere Landfahrten gemacht; nein, nicht halb ſo ſeelig mehr. — Das Werk über Stollberg wird als eine Congrev. Rakete durch Deutſchland fahren und glühend an der Schlechtigkeit freſſen. — Den Empfang deines Geldes hab’ ich dir ja längſt geſchrieben ſo 20 wie meinen Wunſch, du hätteſt dabei deinen Beutel mehr geſchont. — Deine Dinte iſt ſehr erbärmlich. — Drei Deputierte der Stu- denten aus Tübingen luden mich für den 18ten dahin ein zum Feſte: — du begreifſt daß ich meinem Vivat nicht entgegen fuhr. — Ich grüße von ganzer Seele deine lieben Eltern; auch Daub, 25 Schwarz, Creutzer, Paulus und Munke — Und dich, lieber Bruder, mit ein Paar Herzen auf einmal. Richter 536. An Frau von Matthiſſon in Stuttgart. Stuttgart d. 25 Jun. 1819 30 Hier ſend’ ich Ihnen Ihr Paquet zurück, aber nicht mit Ver- gnügen, da mir das Schickſal nicht einmal die Freude auch des kleinen Dienſtes für Sie vergönnt. Graf Kuefstein ſchrieb mir heute die Reiſe ab, weil die Herzogin ſelber in die Stadt eine macht zur Vorbereitung der großen. 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/287>, abgerufen am 22.11.2024.