heirathen wollte einen Schwamm -- S. 202 der Rüpel -- S. 212 zu kennen sich selbst. -- Wenige Stellen klangen mir hart: S. 407 Sens' stümpft die Schärf' -- S. 414 Doch schein' ich auch träg' -- oder unmetrisch: S. 489 reizvoll dem Barbarohr. Deine Noten erquickten mich; nur wegzulassen fand ich S. 557 die über das Spiel5 des Lebens; eine Vergleichung, welche das Leben der ganzen Mensch- heit in den Mund legt -- und S. 576 über Endymion und Argus. S. 580 scheinst du mir zu irren; erst spät an die Stelle der Schwitzkur trat die Quecksilberkur; welche Einfälle würde nicht auch sonst Shakespeare über das Quecksilber vorgeströmt haben! -- Übrigens10 soll mein Tadeln nur den Muth meines Lobens rechtfertigen. Künftig ein Mehres, und zum Glück mündlich -- und zum Glück im April -- und zum Glück in meinem Hause, denn du mußt bei mir wohnen und Frau und Kinder freuen sich dir entgegen. -- -- --
Eben darum wird mir briefliches Aussprechen langweilig, da ich15 mündliches so nahe vor mir habe. Vorlieb mußt du freilich nehmen; aber dein Wohnen unter Einem Dachstuhl mit mir wird mich blos zu wenig stören, da du in Frau und Kinder dich zu sehr vertiefen und verlieben wirst. Den April haben wir sämmtliche Wetterpropheten zu einem schönen blauen Frühling gereinigt. Nur schreibe mir, ob20 es dir gleichgültig ist, daß du auf deiner Reise nach der Bettenburg -- wohin ich auf keine Weise kann -- am Anfange oder am Ende derselben Baireut berührst. Denn ich möchte gern meine nach deiner richten. --
Deine Briefblättchen an deinen geliebten Abraham kannst du25 dann bei mir selber aussuchen. -- Deine Rezension der Ahnfrau ist ganz gerecht; nur verbirgt die Überfülle des Gefühls sich nicht genug hinter kalte Gründe und gibt das Ziel statt der Bahn dahin. -- Hundert Dinge, die auf meinem Brief-Küchenzettel zum Zube- reiten und Auftragen schon seit Monaten stehen, bleiben für deine30 Augen weg und für deine Ohren zurück. Himmel, wie viel will ich reden! Und wie viel hören! -- Bringe meiner lieben guten Sophie Paula, die kein S--aula mehr ist, meine warmen Herzgrüße und der Mutter und dem Vater, dem Vorfechter der religiösen und der poli- tischen Freiheit. -- Ich antworte auf so vieles in deinen Briefen35 nicht, weil du das Wenigste aus ihnen noch wissen wirst. Z. B. Im Jubelsenior ist gar nichts aus meinem Leben, kein Charakter,
17 Jean Paul Briefe. VII.
heirathen wollte einen Schwamm — S. 202 der Rüpel — S. 212 zu kennen ſich ſelbſt. — Wenige Stellen klangen mir hart: S. 407 Senſ’ ſtümpft die Schärf’ — S. 414 Doch ſchein’ ich auch träg’ — oder unmetriſch: S. 489 reizvoll dem Bărbārohr. Deine Noten erquickten mich; nur wegzulaſſen fand ich S. 557 die über das Spiel5 des Lebens; eine Vergleichung, welche das Leben der ganzen Menſch- heit in den Mund legt — und S. 576 über Endymion und Argus. S. 580 ſcheinſt du mir zu irren; erſt ſpät an die Stelle der Schwitzkur trat die Queckſilberkur; welche Einfälle würde nicht auch ſonſt Shakespeare über das Queckſilber vorgeſtrömt haben! — Übrigens10 ſoll mein Tadeln nur den Muth meines Lobens rechtfertigen. Künftig ein Mehres, und zum Glück mündlich — und zum Glück im April — und zum Glück in meinem Hauſe, denn du mußt bei mir wohnen und Frau und Kinder freuen ſich dir entgegen. — — —
Eben darum wird mir briefliches Ausſprechen langweilig, da ich15 mündliches ſo nahe vor mir habe. Vorlieb mußt du freilich nehmen; aber dein Wohnen unter Einem Dachſtuhl mit mir wird mich blos zu wenig ſtören, da du in Frau und Kinder dich zu ſehr vertiefen und verlieben wirſt. Den April haben wir ſämmtliche Wetterpropheten zu einem ſchönen blauen Frühling gereinigt. Nur ſchreibe mir, ob20 es dir gleichgültig iſt, daß du auf deiner Reiſe nach der Bettenburg — wohin ich auf keine Weiſe kann — am Anfange oder am Ende derſelben Baireut berührſt. Denn ich möchte gern meine nach deiner richten. —
Deine Briefblättchen an deinen geliebten Abraham kannſt du25 dann bei mir ſelber ausſuchen. — Deine Rezenſion der Ahnfrau iſt ganz gerecht; nur verbirgt die Überfülle des Gefühls ſich nicht genug hinter kalte Gründe und gibt das Ziel ſtatt der Bahn dahin. — Hundert Dinge, die auf meinem Brief-Küchenzettel zum Zube- reiten und Auftragen ſchon ſeit Monaten ſtehen, bleiben für deine30 Augen weg und für deine Ohren zurück. Himmel, wie viel will ich reden! Und wie viel hören! — Bringe meiner lieben guten Sophie Paula, die kein S—aula mehr iſt, meine warmen Herzgrüße und der Mutter und dem Vater, dem Vorfechter der religiöſen und der poli- tiſchen Freiheit. — Ich antworte auf ſo vieles in deinen Briefen35 nicht, weil du das Wenigſte aus ihnen noch wiſſen wirſt. Z. B. Im Jubelſenior iſt gar nichts aus meinem Leben, kein Charakter,
17 Jean Paul Briefe. VII.
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heirathen wollte einen Schwamm — S. 202 der Rüpel — S. 212
zu kennen ſich ſelbſt. — Wenige Stellen klangen mir hart: S. 407
Senſ’ ſtümpft die Schärf’ — S. 414 Doch ſchein’ ich auch träg’ —
oder unmetriſch: S. 489 reizvoll dem Bărbārohr. Deine Noten
erquickten mich; nur wegzulaſſen fand ich S. 557 die über das Spiel 5
des Lebens; eine Vergleichung, welche das Leben der ganzen Menſch-
heit in den Mund legt — und S. 576 über Endymion und Argus.
S. 580 ſcheinſt du mir zu irren; erſt ſpät an die Stelle der Schwitzkur
trat die Queckſilberkur; welche Einfälle würde nicht auch ſonſt
Shakespeare über das Queckſilber vorgeſtrömt haben! — Übrigens 10
ſoll mein Tadeln nur den Muth meines Lobens rechtfertigen. Künftig
ein Mehres, und zum Glück mündlich — und zum Glück im April —
und zum Glück in meinem Hauſe, denn du mußt bei mir wohnen
und Frau und Kinder freuen ſich dir entgegen. — — —
Eben darum wird mir briefliches Ausſprechen langweilig, da ich 15
mündliches ſo nahe vor mir habe. Vorlieb mußt du freilich nehmen;
aber dein Wohnen unter Einem Dachſtuhl mit mir wird mich blos
zu wenig ſtören, da du in Frau und Kinder dich zu ſehr vertiefen und
verlieben wirſt. Den April haben wir ſämmtliche Wetterpropheten
zu einem ſchönen blauen Frühling gereinigt. Nur ſchreibe mir, ob 20
es dir gleichgültig iſt, daß du auf deiner Reiſe nach der Bettenburg
— wohin ich auf keine Weiſe kann — am Anfange oder am Ende
derſelben Baireut berührſt. Denn ich möchte gern meine nach deiner
richten. —
Deine Briefblättchen an deinen geliebten Abraham kannſt du 25
dann bei mir ſelber ausſuchen. — Deine Rezenſion der Ahnfrau
iſt ganz gerecht; nur verbirgt die Überfülle des Gefühls ſich nicht
genug hinter kalte Gründe und gibt das Ziel ſtatt der Bahn dahin.
— Hundert Dinge, die auf meinem Brief-Küchenzettel zum Zube-
reiten und Auftragen ſchon ſeit Monaten ſtehen, bleiben für deine 30
Augen weg und für deine Ohren zurück. Himmel, wie viel will ich
reden! Und wie viel hören! — Bringe meiner lieben guten Sophie
Paula, die kein S—aula mehr iſt, meine warmen Herzgrüße und der
Mutter und dem Vater, dem Vorfechter der religiöſen und der poli-
tiſchen Freiheit. — Ich antworte auf ſo vieles in deinen Briefen 35
nicht, weil du das Wenigſte aus ihnen noch wiſſen wirſt. Z. B.
Im Jubelſenior iſt gar nichts aus meinem Leben, kein Charakter,
17 Jean Paul Briefe. VII.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/265>, abgerufen am 16.02.2025.
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