Einem gewissen Assessor Schumacher in Heidelberg -- Prinzen- hofmeister des Prinzen von Waldeck -- versprach ich, Ihnen seine Gedichte zu empfehlen, welche mit der Leichtigkeit eines Jakobischen Versbaues, mit Klarheit und Grazie Heiterkeit und Kraft und Scherz und jede Entfernung vom Isidorus Schwulst verbinden. --5 Und hiemit wünsch' ich sie Ihnen empfohlen zu haben.
Endlich arbeit' ich auch an meiner eignen Lebenbeschreibung und suche das Leben, das früher oft genug unter der Presse des Schicksals war, unter die andere zu bringen.
Leben Sie wol!10
Ihr Dr. Jean Paul Fr. Richter
454. An Karl Hering in Dresden.
[Kopie][Bayreuth, 18. Aug. 1818]
-- Ihr Werk, das ich sogar in meiner ästhetischen Werkstatt zu-15 weilen benutzen kann. Eigentlich aber ist es für den ausgelernten Historiker, der zu den Jahren sogar noch die Tage behalten will. Nur das Rubrikregister scheint mir mühsamer als unentbehrlich zu sein... Ihr politisches Werkchen hat durch den ruhigen Sekzion- Sezier-bericht manches in meinen Ansichten verändert. Aber auch20 schon früher sagt' ich mir: jedes mal, wenn ein Volk seinen Fürsten liebt, hat es Recht; mit dem Hassen vielleicht etwas weniger und mit dem Schelten am allerwenigsten, denn jedes schilt.
455. An Heinrich Voß in Heidelberg.
Eiligst.
Baireut d. 24 Aug. 181825
Mein geliebter Heinrich! De Wette mit einem philosophischen Professor K. war eben auf seiner Fußreise bei mir und fürchtet, deinen Vater nicht zu finden. Vielleicht wend' ich dieses Verfehlen ab. Weiter jetzo nichts! -- Zu schreiben hab' ich sehr viel an dich -- über euern herrlichen Shakspeare -- über deine Perspektiv Fragen30 -- über Saula oder Saulina -- und über alles Übrige deiner Briefe. Aber verzeih und warte nur!
Dein alter Jean Paul
35
Einem gewiſſen Aſſeſſor Schumacher in Heidelberg — Prinzen- hofmeiſter des Prinzen von Waldeck — verſprach ich, Ihnen ſeine Gedichte zu empfehlen, welche mit der Leichtigkeit eines Jakobiſchen Versbaues, mit Klarheit und Grazie Heiterkeit und Kraft und Scherz und jede Entfernung vom Isidorus Schwulſt verbinden. —5 Und hiemit wünſch’ ich ſie Ihnen empfohlen zu haben.
Endlich arbeit’ ich auch an meiner eignen Lebenbeſchreibung und ſuche das Leben, das früher oft genug unter der Preſſe des Schickſals war, unter die andere zu bringen.
Leben Sie wol!10
Ihr Dr. Jean Paul Fr. Richter
454. An Karl Hering in Dresden.
[Kopie][Bayreuth, 18. Aug. 1818]
— Ihr Werk, das ich ſogar in meiner äſthetiſchen Werkſtatt zu-15 weilen benutzen kann. Eigentlich aber iſt es für den ausgelernten Hiſtoriker, der zu den Jahren ſogar noch die Tage behalten will. Nur das Rubrikregiſter ſcheint mir mühſamer als unentbehrlich zu ſein... Ihr politiſches Werkchen hat durch den ruhigen Sekzion- 〈Sezier-〉bericht manches in meinen Anſichten verändert. Aber auch20 ſchon früher ſagt’ ich mir: jedes mal, wenn ein Volk ſeinen Fürſten liebt, hat es Recht; mit dem Haſſen vielleicht etwas weniger und mit dem Schelten am allerwenigſten, denn jedes ſchilt.
455. An Heinrich Voß in Heidelberg.
Eiligſt.
Baireut d. 24 Aug. 181825
Mein geliebter Heinrich! De Wette mit einem philoſophiſchen Profeſſor K. war eben auf ſeiner Fußreiſe bei mir und fürchtet, deinen Vater nicht zu finden. Vielleicht wend’ ich dieſes Verfehlen ab. Weiter jetzo nichts! — Zu ſchreiben hab’ ich ſehr viel an dich — über euern herrlichen Shakspeare — über deine Perſpektiv Fragen30 — über Saula oder Saulina — und über alles Übrige deiner Briefe. Aber verzeih und warte nur!
Dein alter Jean Paul
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Einem gewiſſen Aſſeſſor Schumacher in Heidelberg — Prinzen-
hofmeiſter des Prinzen von Waldeck — verſprach ich, Ihnen ſeine
Gedichte zu empfehlen, welche mit der Leichtigkeit eines Jakobiſchen
Versbaues, mit Klarheit und Grazie Heiterkeit und Kraft und
Scherz und jede Entfernung vom Isidorus Schwulſt verbinden. — 5
Und hiemit wünſch’ ich ſie Ihnen empfohlen zu haben.
Endlich arbeit’ ich auch an meiner eignen Lebenbeſchreibung und
ſuche das Leben, das früher oft genug unter der Preſſe des Schickſals
war, unter die andere zu bringen.
Leben Sie wol! 10
Ihr
Dr. Jean Paul Fr. Richter
454. An Karl Hering in Dresden.
[Bayreuth, 18. Aug. 1818]
— Ihr Werk, das ich ſogar in meiner äſthetiſchen Werkſtatt zu- 15
weilen benutzen kann. Eigentlich aber iſt es für den ausgelernten
Hiſtoriker, der zu den Jahren ſogar noch die Tage behalten will.
Nur das Rubrikregiſter ſcheint mir mühſamer als unentbehrlich zu
ſein... Ihr politiſches Werkchen hat durch den ruhigen Sekzion-
〈Sezier-〉bericht manches in meinen Anſichten verändert. Aber auch 20
ſchon früher ſagt’ ich mir: jedes mal, wenn ein Volk ſeinen Fürſten
liebt, hat es Recht; mit dem Haſſen vielleicht etwas weniger und mit
dem Schelten am allerwenigſten, denn jedes ſchilt.
455. An Heinrich Voß in Heidelberg.
Eiligſt.Baireut d. 24 Aug. 1818 25
Mein geliebter Heinrich! De Wette mit einem philoſophiſchen
Profeſſor K. war eben auf ſeiner Fußreiſe bei mir und fürchtet,
deinen Vater nicht zu finden. Vielleicht wend’ ich dieſes Verfehlen
ab. Weiter jetzo nichts! — Zu ſchreiben hab’ ich ſehr viel an dich
— über euern herrlichen Shakspeare — über deine Perſpektiv Fragen 30
— über Saula oder Saulina — und über alles Übrige deiner Briefe.
Aber verzeih und warte nur!
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/233>, abgerufen am 16.07.2024.
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