Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.verdient zwar keine Verzeihung, aber desto mehr Lob. -- Der innigste verdient zwar keine Verzeihung, aber deſto mehr Lob. — Der innigſte <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0163" n="156"/> verdient zwar keine Verzeihung, aber deſto mehr Lob. — Der innigſte<lb/> Dank gehört dir für die Korrektur, da mich immer die Druckfehler<lb/> als Läuſe wie einen Herodes und Sulla freſſen und du ſo ſcharf<lb/> kämmeſt. „Eckig beweglich“ war freilich recht; und ſo ſolltet ihr<lb/> auch bei den Alten immer die barokere Lesart vorziehen, da die Ab-<lb n="5"/> ſchreiber nur die gemeinere wählen. Reich<hi rendition="#u">s</hi>tag ꝛc. ꝛc. iſt recht;<lb/> da vom Reiche nichts geblieben als dieſes <hi rendition="#aq">s</hi> (wie ein <hi rendition="#aq">s. sanctum</hi>)<lb/> und es nun zu einem <hi rendition="#aq">nomen proprium</hi> gediehen. Du triffſt immer<lb/> meinen Wunſch und Sinn; aber deine Arbeit und deine Augen<lb/> ſchmerzen mich. — <hi rendition="#aq">Schumachers</hi> Darſtellung in der eleganten Zei-<lb n="10"/> tung iſt (ſeine Paulolatrie abgerechnet, die auch deine Ketzerei<lb/> ausmacht) vortrefflich und die Farben des Witzes und der Phantaſie<lb/> und die Gewandtheit in der Anordnung verrathen den Dichter.<lb/> Dank’ ihm. Seinem Geſichte ſah ich eine verwickelte, ja ſchwere<lb/> Vergangenheit an. — Schreibe mir doch mehr von der briefſtummen<lb n="15"/> Sophie P[aulus] und bitte ſie um die Erlaubnis, ſie unter der Hand<lb/> auszuſpionieren für mich. An ſich übrigens misfällt ſie mir gar nicht.<lb/> — — Der treffliche Geiger und Humaniſt <hi rendition="#aq">Thieriot</hi> wird nach <hi rendition="#aq">Heidel-<lb/> berg</hi> kommen. Hätt’ er nur nicht das Cento (obwol ohne allen Zorn)<lb/> gegen deinen Vater geſchrieben: — ich würd’ ihn deiner Liebe emp-<lb n="20"/> fehlen. — Den Eſel von Horlitz haſt du zu einem guten Palmeſel zuge-<lb/> ritten. Mein Wörterbuch reicht dir mit dem Zeitwort meiſtens zugleich<lb/> auch das <hi rendition="#aq">Substantivum;</hi> wend’ es mithin auch von dieſer Seite an.<lb/> Leicht wäre nach meinen logiſchen Klaſſen ein lateiniſches und grie-<lb/> chiſches zu fertigen. — Wie werd’ ich das zweite mal in den Heidel-<lb n="25"/> berger Herzen ſchwelgen, da gar zwei neue ſchönſte dazu kommen<lb/> und ich auch manche geſehene Menſchen wie <hi rendition="#aq">Munke</hi> und den Pro-<lb/> rektor und andere zu wenig geſehen! Gott gebe mir dieſe Freude<lb/> nur zum zweiten male; zum dritten verlang’ ichs nach meinem<lb/> Dualis-Glauben ohnehin nicht. Wenn ein Menſch ſehr, oder gar<lb n="30"/> zu ſehr geliebt wird: ſo thut ihm ſein künftiges Sterben ordentlich<lb/> weh, weil er weiß, daß er damit größere Schmerzen gibt als er mit<lb/> dem Leben Freuden geben konnte. Man ſollte unbemerkt verſchwin-<lb/> den können. — Grüße alle, bei denen ich geweſen; hier fehlt Zeit und<lb/> Platz zu ihren Namen. — Soll denn die Büſte <hi rendition="#g">für</hi> oder nur <hi rendition="#g">an</hi><lb n="35"/> <hi rendition="#aq">Schwarz? — Emanuel</hi> will mit mir und <hi rendition="#aq">Otto</hi> deine Geburtfeier<lb/> nachfeiern. — Ich arbeite an „Saturnalien“ für das Morgenblatt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [156/0163]
verdient zwar keine Verzeihung, aber deſto mehr Lob. — Der innigſte
Dank gehört dir für die Korrektur, da mich immer die Druckfehler
als Läuſe wie einen Herodes und Sulla freſſen und du ſo ſcharf
kämmeſt. „Eckig beweglich“ war freilich recht; und ſo ſolltet ihr
auch bei den Alten immer die barokere Lesart vorziehen, da die Ab- 5
ſchreiber nur die gemeinere wählen. Reichstag ꝛc. ꝛc. iſt recht;
da vom Reiche nichts geblieben als dieſes s (wie ein s. sanctum)
und es nun zu einem nomen proprium gediehen. Du triffſt immer
meinen Wunſch und Sinn; aber deine Arbeit und deine Augen
ſchmerzen mich. — Schumachers Darſtellung in der eleganten Zei- 10
tung iſt (ſeine Paulolatrie abgerechnet, die auch deine Ketzerei
ausmacht) vortrefflich und die Farben des Witzes und der Phantaſie
und die Gewandtheit in der Anordnung verrathen den Dichter.
Dank’ ihm. Seinem Geſichte ſah ich eine verwickelte, ja ſchwere
Vergangenheit an. — Schreibe mir doch mehr von der briefſtummen 15
Sophie P[aulus] und bitte ſie um die Erlaubnis, ſie unter der Hand
auszuſpionieren für mich. An ſich übrigens misfällt ſie mir gar nicht.
— — Der treffliche Geiger und Humaniſt Thieriot wird nach Heidel-
berg kommen. Hätt’ er nur nicht das Cento (obwol ohne allen Zorn)
gegen deinen Vater geſchrieben: — ich würd’ ihn deiner Liebe emp- 20
fehlen. — Den Eſel von Horlitz haſt du zu einem guten Palmeſel zuge-
ritten. Mein Wörterbuch reicht dir mit dem Zeitwort meiſtens zugleich
auch das Substantivum; wend’ es mithin auch von dieſer Seite an.
Leicht wäre nach meinen logiſchen Klaſſen ein lateiniſches und grie-
chiſches zu fertigen. — Wie werd’ ich das zweite mal in den Heidel- 25
berger Herzen ſchwelgen, da gar zwei neue ſchönſte dazu kommen
und ich auch manche geſehene Menſchen wie Munke und den Pro-
rektor und andere zu wenig geſehen! Gott gebe mir dieſe Freude
nur zum zweiten male; zum dritten verlang’ ichs nach meinem
Dualis-Glauben ohnehin nicht. Wenn ein Menſch ſehr, oder gar 30
zu ſehr geliebt wird: ſo thut ihm ſein künftiges Sterben ordentlich
weh, weil er weiß, daß er damit größere Schmerzen gibt als er mit
dem Leben Freuden geben konnte. Man ſollte unbemerkt verſchwin-
den können. — Grüße alle, bei denen ich geweſen; hier fehlt Zeit und
Platz zu ihren Namen. — Soll denn die Büſte für oder nur an 35
Schwarz? — Emanuel will mit mir und Otto deine Geburtfeier
nachfeiern. — Ich arbeite an „Saturnalien“ für das Morgenblatt
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(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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