Feste und Hohe und Durchwurzelnde der ehelichen Liebe, die sich gegen jene Blumenliebe etwa verhält, wie das Umarmen eigner Kinder gegen das der fremden oder wie die Trauer über der einen Sterben gegen die über das der andern. -- Die Zusammentreffungen mit der Appollonia und mit der Geburt des unbeschreiblich-herr-5 lichen Sternbergs-Kindes sind ordentlich romantisch. -- Apropos! Ist Geld genug da (denn ich greife morgen schon das Gold an) so gib der Reizenstein auf Otto's Empfehlung die 200 fl. -- Mache meine Ankunft nicht sehr ruchtbar[!], damit ich einen Ausruhtag habe. Dem katholischen Pfarrer lasse sagen, Cotta habe das10 Manuskript nicht angenommen. -- In meiner Schlafstube ist doch alles ordentlich eingerichtet? -- Ich weiß entschieden, daß mein häuslicher Himmel nichts sein wird und kann als die Wieder- holung des jetzigen außerhäuslichen; noch dazu wird er ihn an Dauer übertreffen, und dieß soll dir wol thun, meine Treue und15 Gute! --
In diese letzten mir ordentlich abgepreßten Tage drängen die Leute alles Erfreuliche noch gar zusammen; und der neuen Bekannt- schaften werden immer mehr. -- Lebt mein guter Kapp noch: so stell ich ihn gewis her. Ich habe vorgestern in einer großen Gesellschaft20 eine Frau v. Krüdner, die Schelver in seiner magnetischen Kur hat, durch bloßes festwollendes Anblicken, wovon niemand wußte, zweimal beinahe in Schlaf gebracht und vorher zu Herzklopfen, Er- bleichen etc. etc., bis ihr Schelver helfen mußte, was manche Scherze gab. -- Ja wol, Liebe, bekomm' ich ungeheuer viel zu thun, ob ich25 gleich auch hier oft der Freude die schönsten Stunden für die Arbeit abstahl. Wenn mich nur nicht die Baireuter nach ihrer Weise zu sehr stören! Ich will jetzo viel arbeiten, viel wachen, weniger aus- gehen und mäßiger leben und öfter zum Körper sagen: du mußt. -- Alle deine Briefe hab' ich richtig in Mainz und Mannheim erhalten.30 -- Eben sah ich zu den Holzhauern hinab. Wie schnell hackt das südliche Feuer, und jeder sägt nur allein und mit 1 Arme. -- Ich schwöre voraus, nachdem ich das Lieben und Auffassen der Leute hier kenne, daß du hier und weiter alle bezaubern würdest und dich in einen Kreis von lauter Herzen einschlößest; den ich inzwischen35 freilich durchbräche, um deines zu haben. --
Feſte und Hohe und Durchwurzelnde der ehelichen Liebe, die ſich gegen jene Blumenliebe etwa verhält, wie das Umarmen eigner Kinder gegen das der fremden oder wie die Trauer über der einen Sterben gegen die über das der andern. — Die Zuſammentreffungen mit der Appollonia und mit der Geburt des unbeſchreiblich-herr-5 lichen Sternbergs-Kindes ſind ordentlich romantiſch. — Apropos! Iſt Geld genug da (denn ich greife morgen ſchon das Gold an) ſo gib der Reizenstein auf Otto’s Empfehlung die 200 fl. — Mache meine Ankunft nicht ſehr ruchtbar[!], damit ich einen Ausruhtag habe. Dem katholiſchen Pfarrer laſſe ſagen, Cotta habe das10 Manuſkript nicht angenommen. — In meiner Schlafſtube iſt doch alles ordentlich eingerichtet? — Ich weiß entſchieden, daß mein häuslicher Himmel nichts ſein wird und kann als die Wieder- holung des jetzigen außerhäuslichen; noch dazu wird er ihn an Dauer übertreffen, und dieß ſoll dir wol thun, meine Treue und15 Gute! —
In dieſe letzten mir ordentlich abgepreßten Tage drängen die Leute alles Erfreuliche noch gar zuſammen; und der neuen Bekannt- ſchaften werden immer mehr. — Lebt mein guter Kapp noch: ſo ſtell ich ihn gewis her. Ich habe vorgeſtern in einer großen Geſellſchaft20 eine Frau v. Krüdner, die Schelver in ſeiner magnetiſchen Kur hat, durch bloßes feſtwollendes Anblicken, wovon niemand wußte, zweimal beinahe in Schlaf gebracht und vorher zu Herzklopfen, Er- bleichen ꝛc. ꝛc., bis ihr Schelver helfen mußte, was manche Scherze gab. — Ja wol, Liebe, bekomm’ ich ungeheuer viel zu thun, ob ich25 gleich auch hier oft der Freude die ſchönſten Stunden für die Arbeit abſtahl. Wenn mich nur nicht die Baireuter nach ihrer Weiſe zu ſehr ſtören! Ich will jetzo viel arbeiten, viel wachen, weniger aus- gehen und mäßiger leben und öfter zum Körper ſagen: du mußt. — Alle deine Briefe hab’ ich richtig in Mainz und Mannheim erhalten.30 — Eben ſah ich zu den Holzhauern hinab. Wie ſchnell hackt das ſüdliche Feuer, und jeder ſägt nur allein und mit 1 Arme. — Ich ſchwöre voraus, nachdem ich das Lieben und Auffaſſen der Leute hier kenne, daß du hier und weiter alle bezaubern würdeſt und dich in einen Kreis von lauter Herzen einſchlößeſt; den ich inzwiſchen35 〈freilich〉 durchbräche, um deines zu haben. —
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Feſte und Hohe und Durchwurzelnde der ehelichen Liebe, die ſich
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lichen Sternbergs-Kindes ſind ordentlich romantiſch. — Apropos!
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gib der Reizenstein auf Otto’s Empfehlung die 200 fl. — Mache
meine Ankunft nicht ſehr ruchtbar[!], damit ich einen Ausruhtag
habe. Dem katholiſchen Pfarrer laſſe ſagen, Cotta habe das 10
Manuſkript nicht angenommen. — In meiner Schlafſtube iſt doch
alles ordentlich eingerichtet? — Ich weiß entſchieden, daß mein
häuslicher Himmel nichts ſein wird und kann als die Wieder-
holung des jetzigen außerhäuslichen; noch dazu wird er ihn an
Dauer übertreffen, und dieß ſoll dir wol thun, meine Treue und 15
Gute! —
In dieſe letzten mir ordentlich abgepreßten Tage drängen die
Leute alles Erfreuliche noch gar zuſammen; und der neuen Bekannt-
ſchaften werden immer mehr. — Lebt mein guter Kapp noch: ſo
ſtell ich ihn gewis her. Ich habe vorgeſtern in einer großen Geſellſchaft 20
eine Frau v. Krüdner, die Schelver in ſeiner magnetiſchen Kur hat,
durch bloßes feſtwollendes Anblicken, wovon niemand wußte,
zweimal beinahe in Schlaf gebracht und vorher zu Herzklopfen, Er-
bleichen ꝛc. ꝛc., bis ihr Schelver helfen mußte, was manche Scherze
gab. — Ja wol, Liebe, bekomm’ ich ungeheuer viel zu thun, ob ich 25
gleich auch hier oft der Freude die ſchönſten Stunden für die Arbeit
abſtahl. Wenn mich nur nicht die Baireuter nach ihrer Weiſe zu
ſehr ſtören! Ich will jetzo viel arbeiten, viel wachen, weniger aus-
gehen und mäßiger leben und öfter zum Körper ſagen: du mußt. —
Alle deine Briefe hab’ ich richtig in Mainz und Mannheim erhalten. 30
— Eben ſah ich zu den Holzhauern hinab. Wie ſchnell hackt das
ſüdliche Feuer, und jeder ſägt nur allein und mit 1 Arme. — Ich
ſchwöre voraus, nachdem ich das Lieben und Auffaſſen der Leute hier
kenne, daß du hier und weiter alle bezaubern würdeſt und dich in
einen Kreis von lauter Herzen einſchlößeſt; den ich inzwiſchen 35
〈freilich〉 durchbräche, um deines zu haben. —
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/146>, abgerufen am 21.07.2024.
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