Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.dem Essen durchgingen wir ein Tempethal (das Birkenauer genannt), d. 30ten Die beiden Mädchen brauchen ihre schön geschriebenen Briefe Die Kalb erdrückt mich mit Aufträgen. -- Schreibe recht bald *) Die Paulischen fand ich fast in keinen Zirkeln, nicht einmal bei der35
Wasserfahrt. dem Eſſen durchgingen wir ein Tempethal (das Birkenauer genannt), d. 30ten Die beiden Mädchen brauchen ihre ſchön geſchriebenen Briefe Die Kalb erdrückt mich mit Aufträgen. — Schreibe recht bald *) Die Pauliſchen fand ich faſt in keinen Zirkeln, nicht einmal bei der35
Waſſerfahrt. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0137" n="130"/> dem Eſſen durchgingen wir ein Tempethal (das Birkenauer genannt),<lb/> worin uns am Sonntage die zurückkehrenden Kirchweihleute in<lb/> langen Reihen begegneten. Auf den Bergen wächſt — ſage es zu<lb/><hi rendition="#aq">Emanuel</hi> — die ſeltene, nur auf den Alpen zu findende kryptogamiſche<lb/> Blume <hi rendition="#aq">Osmunda lunaria.</hi> —<lb n="5"/> </p> </div> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 30<hi rendition="#sup">ten</hi></hi> </dateline><lb/> <p>Die beiden Mädchen brauchen ihre <hi rendition="#g">ſchön</hi> geſchriebenen Briefe<lb/> (jedes in anderem Sinne <hi rendition="#g">ſchön</hi>) nicht zu ſiegeln, des Portos wegen,<lb/> und Max braucht gar keine zu ſchreiben, des Schmierens wegen. —<lb/><hi rendition="#aq">Emma</hi> ſchreibe ja recht ab, da mein Buch bei meiner Ankunft fort<lb n="10"/> muß. Ich bekomme ſehr viel in <hi rendition="#aq">Baireut</hi> zu thun, da ich hier vor<lb/> Menſchen und Freuden gar nicht recht ins Schreiben kommen kann,<lb/> blos ins Leſen. — Du biſt gar zu ſparſam, meine gute Seele; und<lb/> haſt bei mir überhaupt keine Vorrechnung nöthig. — Den Kauf der<lb/> Schnupftücher für die Magd überlaſſ ich dir recht gern. — Kaufe<lb n="15"/> ja kein Getraide; es muß über alle Maßen fallen. — Die <hi rendition="#aq">Imhof</hi><lb/> kam mir noch nicht vor. — Die Menſchen hier beſſern mich, oder<lb/> wecken vielmehr mein Beſtes; Scherze, wie ich im verdorbnen<lb/><hi rendition="#aq">B[aireut]</hi> wol gegen Weiber gewagt, wären ſchon für Männer<lb/> auffallend. Und wie hoch ſteht und ſtellt vollends Sophie <hi rendition="#aq">Paulus!</hi><lb n="20"/> Sie und du wären innigſte Freundinnen. Sie lebt nur bei der Mutter,<lb/> nie für außerhalb<note place="foot" n="*)">Die Pauliſchen fand ich faſt in keinen Zirkeln, nicht einmal bei der<lb n="35"/> Waſſerfahrt.</note>, ob ſie gleich Klavier <hi rendition="#g">ſo</hi> ſpielt wie in <hi rendition="#aq">B[aireut]<lb/> Eck.</hi> Sie trinkt Kaffee, Thee, Wein, Milch — nicht, nur Waſſer;<lb/> Kochen, Klavierſpielen, der Mutter-Vorleſen ſind ihre 3 Tagräume.<lb/> Ich höre vom kleinen tollen Bruder, daß ſie mir Geſchenkchen für<lb n="25"/> unſere Töchter mitgeben will. —</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#aq">Kalb</hi> erdrückt mich mit Aufträgen. — Schreibe recht bald<lb/> und viel (nur von fremden Briefen gib blos Auszug) und kümmere<lb/> dich nicht um mein zweifelhaftes Bleiben; alles kommt mir richtig<lb/> nach. — Auch dieſe ganze Woche iſt wieder mit Einladungen beſetzt.<lb n="30"/> — Morgen geht dieſer Brief ab; und doch fang ich morgen einen<lb/> neuen an dich in freien Abſätzen an. Geh es dir nur recht wol,<lb/> geliebte Karoline. Wir wollen ſchöne Jahrzeiten durch uns erleben,<lb/> wiewol ja auch die vorigen es geweſen!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0137]
dem Eſſen durchgingen wir ein Tempethal (das Birkenauer genannt),
worin uns am Sonntage die zurückkehrenden Kirchweihleute in
langen Reihen begegneten. Auf den Bergen wächſt — ſage es zu
Emanuel — die ſeltene, nur auf den Alpen zu findende kryptogamiſche
Blume Osmunda lunaria. — 5
d. 30ten
Die beiden Mädchen brauchen ihre ſchön geſchriebenen Briefe
(jedes in anderem Sinne ſchön) nicht zu ſiegeln, des Portos wegen,
und Max braucht gar keine zu ſchreiben, des Schmierens wegen. —
Emma ſchreibe ja recht ab, da mein Buch bei meiner Ankunft fort 10
muß. Ich bekomme ſehr viel in Baireut zu thun, da ich hier vor
Menſchen und Freuden gar nicht recht ins Schreiben kommen kann,
blos ins Leſen. — Du biſt gar zu ſparſam, meine gute Seele; und
haſt bei mir überhaupt keine Vorrechnung nöthig. — Den Kauf der
Schnupftücher für die Magd überlaſſ ich dir recht gern. — Kaufe 15
ja kein Getraide; es muß über alle Maßen fallen. — Die Imhof
kam mir noch nicht vor. — Die Menſchen hier beſſern mich, oder
wecken vielmehr mein Beſtes; Scherze, wie ich im verdorbnen
B[aireut] wol gegen Weiber gewagt, wären ſchon für Männer
auffallend. Und wie hoch ſteht und ſtellt vollends Sophie Paulus! 20
Sie und du wären innigſte Freundinnen. Sie lebt nur bei der Mutter,
nie für außerhalb *), ob ſie gleich Klavier ſo ſpielt wie in B[aireut]
Eck. Sie trinkt Kaffee, Thee, Wein, Milch — nicht, nur Waſſer;
Kochen, Klavierſpielen, der Mutter-Vorleſen ſind ihre 3 Tagräume.
Ich höre vom kleinen tollen Bruder, daß ſie mir Geſchenkchen für 25
unſere Töchter mitgeben will. —
Die Kalb erdrückt mich mit Aufträgen. — Schreibe recht bald
und viel (nur von fremden Briefen gib blos Auszug) und kümmere
dich nicht um mein zweifelhaftes Bleiben; alles kommt mir richtig
nach. — Auch dieſe ganze Woche iſt wieder mit Einladungen beſetzt. 30
— Morgen geht dieſer Brief ab; und doch fang ich morgen einen
neuen an dich in freien Abſätzen an. Geh es dir nur recht wol,
geliebte Karoline. Wir wollen ſchöne Jahrzeiten durch uns erleben,
wiewol ja auch die vorigen es geweſen!
*) Die Pauliſchen fand ich faſt in keinen Zirkeln, nicht einmal bei der 35
Waſſerfahrt.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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