Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.frommen Tochter zu Thibauts Akademie sich übend, und ihr Harfen- d. 24 J. Das einheimische Gefühl, in eine so gute Familie eingewebt zu 25ten So wenig bringt man fertig. Unmöglich kann ich mit der Feder Vorgestern machten an 12 Professoren eine Lustreise -- der größere d. 26ten (Sonnabend) Zum ersten male hab ich einen Abend frei. Heute bekam ich frommen Tochter zu Thibauts Akademie ſich übend, und ihr Harfen- d. 24 J. Das einheimiſche Gefühl, in eine ſo gute Familie eingewebt zu 25ten So wenig bringt man fertig. Unmöglich kann ich mit der Feder Vorgeſtern machten an 12 Profeſſoren eine Luſtreiſe — der größere d. 26ten (Sonnabend) Zum erſten male hab ich einen Abend frei. Heute bekam ich <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="128"/> frommen Tochter zu <hi rendition="#aq">Thibauts</hi> Akademie ſich übend, und ihr Harfen-<lb/> ſpielen dazu. Gerade mir gegenüber liegt eine Bergſtelle (in 8 Mi-<lb/> nuten erſtiegen) wo ich geſtern arbeitete und vor und unter mir hatte<lb/> die zierliche Stadt — den Neckar bis nach Mannheim — die Gebirge,<lb/> die an die Vogeſen ſtoßen — neben mir das auf und ab ſich hügelnde<lb n="5"/> Weingebirge —</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 24 J.</hi> </dateline><lb/> <p>Das einheimiſche Gefühl, in eine ſo gute Familie eingewebt zu<lb/> ſein, macht ordentlich, daß ich das Hierſein erſt von dem Tage des<lb/> Einzugs datiere. Gewänn’ ich nur wenigſtens 1 freien Abend! Aber<lb n="10"/> bis den Sonntag — nur den Sonnabend noch ausgenommen — iſt<lb/> jeder beſetzt. In dieſer Minute (9 Uhr Donnerſtags) iſt mir ordent-<lb/> lich, als müßte[ſt] du eben meine Briefe bekommen haben. Ich kann<lb/> dieſe deine Freude gar nicht erwarten. (Dienſtags den 29<hi rendition="#sup">ten</hi>: meine<lb/> Hoffnung iſt heute durch deinen Brief realiſiert worden.) —<lb n="15"/> </p> </div> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">25<hi rendition="#sup">ten</hi></hi> </dateline><lb/> <p>So wenig bringt man fertig. Unmöglich kann ich mit der Feder<lb/> meinen Beſuchen nachlaufen. Ich hebe daher nur aus. Die er-<lb/> quickende Liebe aller gegen mich nimmt immer mehr zu und ich werde<lb/> traurig ſcheiden. Den herrlichen <hi rendition="#aq">Thibaut</hi> mit ſeiner Kraft und Liebe<lb n="20"/> verehr’ ich ordentlich. Geſtern gab er vor dem Eß-Th<hi rendition="#aq">é</hi>e durch ſeine<lb/> Singakademie Stücke aus 3 großen Werken von <hi rendition="#aq">Händel,</hi> die durch<lb/> mein ganzes Leben wirken ſollen. Sogar den Hund — der überhaupt<lb/> nichts frißt als Schinken und Zunge — haben ſeine Kinder ſo lieb,<lb/> daß der eine Knabe ſich Haare zum Andenken von ihm geſchnitten<lb n="25"/> und daß ich ihn ihnen auf 1 Tag zum Lieben leihen ſoll.</p><lb/> <p>Vorgeſtern machten an 12 Profeſſoren eine Luſtreiſe — der größere<lb/> Theil zu Fuß — nach Schwetzingen; und von dem geiſtreichen Tiſch-<lb/> geſpräche und vom Garten will ich dir einmal erzählen. — Wären<lb/> die Lebenmittel und die Miethen wolfeiler: ich wüßte keinen beſſern<lb n="30"/> Ort für dich und mich als <hi rendition="#aq">Heidelberg.</hi></p> </div><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 26<hi rendition="#sup">ten</hi> (Sonnabend)</hi> </dateline><lb/> <p>Zum erſten male hab ich einen Abend frei. Heute bekam ich<lb/> meines <hi rendition="#aq">Emanuels</hi> Brief, wofür ich ſeiner Seele danke. Gott weiß,<lb/> ob ich nach <hi rendition="#aq">Karlsruhe</hi> gehe, wiewol es ſehr lockt. — Nun weiß ich<lb n="35"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0135]
frommen Tochter zu Thibauts Akademie ſich übend, und ihr Harfen-
ſpielen dazu. Gerade mir gegenüber liegt eine Bergſtelle (in 8 Mi-
nuten erſtiegen) wo ich geſtern arbeitete und vor und unter mir hatte
die zierliche Stadt — den Neckar bis nach Mannheim — die Gebirge,
die an die Vogeſen ſtoßen — neben mir das auf und ab ſich hügelnde 5
Weingebirge —
d. 24 J.
Das einheimiſche Gefühl, in eine ſo gute Familie eingewebt zu
ſein, macht ordentlich, daß ich das Hierſein erſt von dem Tage des
Einzugs datiere. Gewänn’ ich nur wenigſtens 1 freien Abend! Aber 10
bis den Sonntag — nur den Sonnabend noch ausgenommen — iſt
jeder beſetzt. In dieſer Minute (9 Uhr Donnerſtags) iſt mir ordent-
lich, als müßte[ſt] du eben meine Briefe bekommen haben. Ich kann
dieſe deine Freude gar nicht erwarten. (Dienſtags den 29ten: meine
Hoffnung iſt heute durch deinen Brief realiſiert worden.) — 15
25ten
So wenig bringt man fertig. Unmöglich kann ich mit der Feder
meinen Beſuchen nachlaufen. Ich hebe daher nur aus. Die er-
quickende Liebe aller gegen mich nimmt immer mehr zu und ich werde
traurig ſcheiden. Den herrlichen Thibaut mit ſeiner Kraft und Liebe 20
verehr’ ich ordentlich. Geſtern gab er vor dem Eß-Thée durch ſeine
Singakademie Stücke aus 3 großen Werken von Händel, die durch
mein ganzes Leben wirken ſollen. Sogar den Hund — der überhaupt
nichts frißt als Schinken und Zunge — haben ſeine Kinder ſo lieb,
daß der eine Knabe ſich Haare zum Andenken von ihm geſchnitten 25
und daß ich ihn ihnen auf 1 Tag zum Lieben leihen ſoll.
Vorgeſtern machten an 12 Profeſſoren eine Luſtreiſe — der größere
Theil zu Fuß — nach Schwetzingen; und von dem geiſtreichen Tiſch-
geſpräche und vom Garten will ich dir einmal erzählen. — Wären
die Lebenmittel und die Miethen wolfeiler: ich wüßte keinen beſſern 30
Ort für dich und mich als Heidelberg.
d. 26ten (Sonnabend)
Zum erſten male hab ich einen Abend frei. Heute bekam ich
meines Emanuels Brief, wofür ich ſeiner Seele danke. Gott weiß,
ob ich nach Karlsruhe gehe, wiewol es ſehr lockt. — Nun weiß ich 35
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(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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