Guten Morgen, Lieber! Willst du mir nicht den Gefallen thun, den du nur Einmal in meinem Leben zu thun brauchst -- weil ich die Vorschrift aufhebe -- dieses Formular von Anweisung anzusehen5 und im Nothfall zu bessern? -- Und dann möcht ich wol auch um ein kleines Quittungs Formular dich bitten.
Langermann sagte mit gestern, das Diplom-Siegel sei das jesuitische; und in einigen Tagen könne von Stuttgart Nachricht in der andern Gegend sein.10
Weißt du keinen Kaufmann, der gutes Schreibpapier hat? -- Störe dich nicht, sage nur, wenn ich wieder schicken soll.
159. An Otto.
[Bayreuth, Anfang Okt. 1809?]
Guten Morgen, Alter! Sei doch so gut und lies hier nach, ob15 ich nach dem Vorlegeblatt deiner Quittung die meinige richtig aus- gearbeitet habe. -- Aus der Kanzleibibliothek soll ich noch einen Band Schillersch. Memoires haben; läugn' es aber. Auch erinnere ich mich nicht, dir einen gegeben zu haben.
N. S. Anlangend den Wein, so faste ja nicht; es ist unmöglich,20 das theuere Unglück, daß ich die Ohm früher leere als deine ankommt.
160. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.
Bayreuth d. 21. Sept. 1809
Deine liebe Handschrift fuhr wie ein Sonnenblick aus dem Winterhimmel in mein Aug' und Herz, lieber Heinrich. Ich er-25 freue mich, daß du mich nicht ganz vergessen hast, und will daher nicht nachwägen, wie groß das Stück ist, das dir von mir geblieben. Eigentlich sollten Freunde in dieser dumpfen Zeit sich näher an einander drängen, um gegen die Verflüchtigung der Plane und Aus- sichten und der äußern Thätigkeit sich durch die innere der Liebe30 und der darin zurückwirkenden Vergangenheit einen festen Lebens- Kern zu bewahren. Es geschieht aber gerade das Gegentheil; die Menschen lieben einander weniger, wenn sie neben einander nur zuzuschauen haben.
158. An Otto.
[Bayreuth, 29. Sept. 1809]
Guten Morgen, Lieber! Willſt du mir nicht den Gefallen thun, den du nur Einmal in meinem Leben zu thun brauchſt — weil ich die Vorſchrift aufhebe — dieſes Formular von Anweiſung anzuſehen5 und im Nothfall zu beſſern? — Und dann möcht ich wol auch um ein kleines Quittungs Formular dich bitten.
Langermann ſagte mit geſtern, das Diplom-Siegel ſei das jeſuitiſche; und in einigen Tagen könne von Stuttgart Nachricht in der andern Gegend ſein.10
Weißt du keinen Kaufmann, der gutes Schreibpapier hat? — Störe dich nicht, ſage nur, wenn ich wieder ſchicken ſoll.
159. An Otto.
[Bayreuth, Anfang Okt. 1809?]
Guten Morgen, Alter! Sei doch ſo gut und lies hier nach, ob15 ich nach dem Vorlegeblatt deiner Quittung die meinige richtig aus- gearbeitet habe. — Aus der Kanzleibibliothek ſoll ich noch einen Band Schillerſch. Mémoires haben; läugn’ es aber. Auch erinnere ich mich nicht, dir einen gegeben zu haben.
N. S. Anlangend den Wein, ſo faſte ja nicht; es iſt unmöglich,20 das theuere Unglück, daß ich die Ohm früher leere als deine ankommt.
160. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.
Bayreuth d. 21. Sept. 1809
Deine liebe Handſchrift fuhr wie ein Sonnenblick aus dem Winterhimmel in mein Aug’ und Herz, lieber Heinrich. Ich er-25 freue mich, daß du mich nicht ganz vergeſſen haſt, und will daher nicht nachwägen, wie groß das Stück iſt, das dir von mir geblieben. Eigentlich ſollten Freunde in dieſer dumpfen Zeit ſich näher an einander drängen, um gegen die Verflüchtigung der Plane und Aus- ſichten und der äußern Thätigkeit ſich durch die innere der Liebe30 und der darin zurückwirkenden Vergangenheit einen feſten Lebens- Kern zu bewahren. Es geſchieht aber gerade das Gegentheil; die Menſchen lieben einander weniger, wenn ſie neben einander nur zuzuſchauen haben.
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158. An Otto.
[Bayreuth, 29. Sept. 1809]
Guten Morgen, Lieber! Willſt du mir nicht den Gefallen thun,
den du nur Einmal in meinem Leben zu thun brauchſt — weil ich
die Vorſchrift aufhebe — dieſes Formular von Anweiſung anzuſehen 5
und im Nothfall zu beſſern? — Und dann möcht ich wol auch um
ein kleines Quittungs Formular dich bitten.
Langermann ſagte mit geſtern, das Diplom-Siegel ſei das
jeſuitiſche; und in einigen Tagen könne von Stuttgart Nachricht
in der andern Gegend ſein. 10
Weißt du keinen Kaufmann, der gutes Schreibpapier hat? —
Störe dich nicht, ſage nur, wenn ich wieder ſchicken ſoll.
159. An Otto.
[Bayreuth, Anfang Okt. 1809?]
Guten Morgen, Alter! Sei doch ſo gut und lies hier nach, ob 15
ich nach dem Vorlegeblatt deiner Quittung die meinige richtig aus-
gearbeitet habe. — Aus der Kanzleibibliothek ſoll ich noch einen
Band Schillerſch. Mémoires haben; läugn’ es aber. Auch erinnere
ich mich nicht, dir einen gegeben zu haben.
N. S. Anlangend den Wein, ſo faſte ja nicht; es iſt unmöglich, 20
das theuere Unglück, daß ich die Ohm früher leere als deine ankommt.
160. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.
Bayreuth d. 21. Sept. 1809
Deine liebe Handſchrift fuhr wie ein Sonnenblick aus dem
Winterhimmel in mein Aug’ und Herz, lieber Heinrich. Ich er- 25
freue mich, daß du mich nicht ganz vergeſſen haſt, und will daher
nicht nachwägen, wie groß das Stück iſt, das dir von mir geblieben.
Eigentlich ſollten Freunde in dieſer dumpfen Zeit ſich näher an
einander drängen, um gegen die Verflüchtigung der Plane und Aus-
ſichten und der äußern Thätigkeit ſich durch die innere der Liebe 30
und der darin zurückwirkenden Vergangenheit einen feſten Lebens-
Kern zu bewahren. Es geſchieht aber gerade das Gegentheil; die
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/63>, abgerufen am 16.02.2025.
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