Im Herbst 1938 wurde mir durch die nationalsozialistische Be- wegung die Weiterarbeit an der Ausgabe unmöglich gemacht; ich sah mich gezwungen, Deutschland zu verlassen, konnte aber wenig- stens das gesamte Material für die noch ausstehenden Briefbände mit in die Schweiz nehmen und hier, wenn auch unter ungünstigen Verhältnissen, zum Druck vorbereiten.
Nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Staates wurde ich von der nunmehrigen Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin wieder mit der Leitung der Gesamtausgabe be- traut. Da sich aber herausstellte, daß die Vorarbeiten für die noch fehlenden Bände der Werke fast restlos zugrunde gegangen und auch die sämtlichen Nachlaßpapiere, die sich im Besitz der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek befunden hatten, verschwunden waren, wurde auf meinen Vorschlag beschlossen, zunächst einmal die Brief- ausgabe fortzusetzen, und zwar nunmehr, wie es ursprünglich ge- plant gewesen war, als dritte Abteilung der Gesamtausgabe. Es ist in Aussicht genommen, die vier bereits früher erschienenen Briefbände, die zur Zeit im Buchhandel nicht mehr erhältlich sind, neu zu drucken, wobei manche Verbesserungen und Ergänzungen vorgenommen werden können, erst aber die noch ausstehenden vier Bände erscheinen zu lassen.
Im Mai 1948 konnte ich das druckfertige Manuskript des fünften Bandes, der die Briefe vom August 1804 bis Ende 1808 enthielt, der Akademie übergeben. Aber das Verhängnis wollte es, daß das Auto, in dem das Manuskript in die Leipziger Druckerei befördert werden sollte, mitsamt seinem Inhalt gestohlen wurde und trotz aller Nachforschungen spurlos verschwunden blieb. Da das Manuskript, seinem Namen getreu, ganz mit der Hand geschrieben war, hatte ich keine Kopie behalten und kann es daher nur mit großen Schwierigkeiten allmählich teilweise wiederherstellen, -- voll- ständig nur dann, wenn der Nachlaß Jean Pauls, in dem sich die Mehrzahl der Originalbriefe und die wichtigen Briefkopierbücher befanden, wieder zum Vorschein kommen sollte.
Um die Fortsetzung nicht noch länger zu verzögern, wurde be- schlossen, zunächst den folgenden sechsten Band erscheinen zu lassen, der nun hier vorliegt. Er enthält die Briefe der Jahre 1809 bis 1814. Es war dies für Jean Paul eine an äußeren und inneren
Im Herbſt 1938 wurde mir durch die nationalſozialiſtiſche Be- wegung die Weiterarbeit an der Ausgabe unmöglich gemacht; ich ſah mich gezwungen, Deutſchland zu verlaſſen, konnte aber wenig- ſtens das geſamte Material für die noch ausſtehenden Briefbände mit in die Schweiz nehmen und hier, wenn auch unter ungünſtigen Verhältniſſen, zum Druck vorbereiten.
Nach dem Zuſammenbruch des nationalſozialiſtiſchen Staates wurde ich von der nunmehrigen Deutſchen Akademie der Wiſſen- ſchaften zu Berlin wieder mit der Leitung der Geſamtausgabe be- traut. Da ſich aber herausſtellte, daß die Vorarbeiten für die noch fehlenden Bände der Werke faſt reſtlos zugrunde gegangen und auch die ſämtlichen Nachlaßpapiere, die ſich im Beſitz der ehemaligen Preußiſchen Staatsbibliothek befunden hatten, verſchwunden waren, wurde auf meinen Vorſchlag beſchloſſen, zunächſt einmal die Brief- ausgabe fortzuſetzen, und zwar nunmehr, wie es urſprünglich ge- plant geweſen war, als dritte Abteilung der Geſamtausgabe. Es iſt in Ausſicht genommen, die vier bereits früher erſchienenen Briefbände, die zur Zeit im Buchhandel nicht mehr erhältlich ſind, neu zu drucken, wobei manche Verbeſſerungen und Ergänzungen vorgenommen werden können, erſt aber die noch ausſtehenden vier Bände erſcheinen zu laſſen.
Im Mai 1948 konnte ich das druckfertige Manuſkript des fünften Bandes, der die Briefe vom Auguſt 1804 bis Ende 1808 enthielt, der Akademie übergeben. Aber das Verhängnis wollte es, daß das Auto, in dem das Manuſkript in die Leipziger Druckerei befördert werden ſollte, mitſamt ſeinem Inhalt geſtohlen wurde und trotz aller Nachforſchungen ſpurlos verſchwunden blieb. Da das Manuſkript, ſeinem Namen getreu, ganz mit der Hand geſchrieben war, hatte ich keine Kopie behalten und kann es daher nur mit großen Schwierigkeiten allmählich teilweiſe wiederherſtellen, — voll- ſtändig nur dann, wenn der Nachlaß Jean Pauls, in dem ſich die Mehrzahl der Originalbriefe und die wichtigen Briefkopierbücher befanden, wieder zum Vorſchein kommen ſollte.
Um die Fortſetzung nicht noch länger zu verzögern, wurde be- ſchloſſen, zunächſt den folgenden ſechſten Band erſcheinen zu laſſen, der nun hier vorliegt. Er enthält die Briefe der Jahre 1809 bis 1814. Es war dies für Jean Paul eine an äußeren und inneren
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[VI/0005]
Im Herbſt 1938 wurde mir durch die nationalſozialiſtiſche Be-
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ſah mich gezwungen, Deutſchland zu verlaſſen, konnte aber wenig-
ſtens das geſamte Material für die noch ausſtehenden Briefbände
mit in die Schweiz nehmen und hier, wenn auch unter ungünſtigen
Verhältniſſen, zum Druck vorbereiten.
Nach dem Zuſammenbruch des nationalſozialiſtiſchen Staates
wurde ich von der nunmehrigen Deutſchen Akademie der Wiſſen-
ſchaften zu Berlin wieder mit der Leitung der Geſamtausgabe be-
traut. Da ſich aber herausſtellte, daß die Vorarbeiten für die noch
fehlenden Bände der Werke faſt reſtlos zugrunde gegangen und
auch die ſämtlichen Nachlaßpapiere, die ſich im Beſitz der ehemaligen
Preußiſchen Staatsbibliothek befunden hatten, verſchwunden waren,
wurde auf meinen Vorſchlag beſchloſſen, zunächſt einmal die Brief-
ausgabe fortzuſetzen, und zwar nunmehr, wie es urſprünglich ge-
plant geweſen war, als dritte Abteilung der Geſamtausgabe. Es
iſt in Ausſicht genommen, die vier bereits früher erſchienenen
Briefbände, die zur Zeit im Buchhandel nicht mehr erhältlich ſind,
neu zu drucken, wobei manche Verbeſſerungen und Ergänzungen
vorgenommen werden können, erſt aber die noch ausſtehenden vier
Bände erſcheinen zu laſſen.
Im Mai 1948 konnte ich das druckfertige Manuſkript des
fünften Bandes, der die Briefe vom Auguſt 1804 bis Ende 1808
enthielt, der Akademie übergeben. Aber das Verhängnis wollte es,
daß das Auto, in dem das Manuſkript in die Leipziger Druckerei
befördert werden ſollte, mitſamt ſeinem Inhalt geſtohlen wurde und
trotz aller Nachforſchungen ſpurlos verſchwunden blieb. Da das
Manuſkript, ſeinem Namen getreu, ganz mit der Hand geſchrieben
war, hatte ich keine Kopie behalten und kann es daher nur mit
großen Schwierigkeiten allmählich teilweiſe wiederherſtellen, — voll-
ſtändig nur dann, wenn der Nachlaß Jean Pauls, in dem ſich die
Mehrzahl der Originalbriefe und die wichtigen Briefkopierbücher
befanden, wieder zum Vorſchein kommen ſollte.
Um die Fortſetzung nicht noch länger zu verzögern, wurde be-
ſchloſſen, zunächſt den folgenden ſechſten Band erſcheinen zu laſſen,
der nun hier vorliegt. Er enthält die Briefe der Jahre 1809 bis
1814. Es war dies für Jean Paul eine an äußeren und inneren
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/5>, abgerufen am 21.11.2024.
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