Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihr Buch hat mich sehr erquickt, d. h. belehrt. Sonderbar ists,
daß mit der Größe des Weltkörpers die Lichtentwicklung zu wachsen
scheint. Anziehung erklärt es nicht, da Licht schwerlich der An-
ziehung unterworfen ist, und sogar, wenn dasselbe es wäre, der
Fall der großen Zentralsonne einträte, die eben durch An- und5
Zurückziehung des Lichts nach Herschel unsichtbar bleibt. Der
größte Einwurf ist die Kleinheit des Kometenkerns, welcher gleich-
wol zuweilen eine Lichthülle von 40 Millionen Meilen Länge er-
zeugt. Denn daß der Schweif nicht durch die Sonne angesetzt werde,
beweist Gelpke gut daraus, weil er sonst, wenn er hinter dem Ko-10
meten liegt, dunkel erscheinen müßte.

Lieber Tetrarch von vier Wissens Welten, der physikalischen,
chemischen, astronomischen und poetischen! Sie sollten Ihre Kraft,
wie Lessing Wahrheiten durch Kombinieren zu erwürfeln, öfter be-
nützen. Der Erfahrungen und der Erfahrer haben wir Millionen,15
und der Erklärungen und Erklärer so wenige.

Leben Sie wol im geretteten und rettenden Deutschland! Einen
herzlichen Gruß an Ihre liebe Schwester.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter
20

Bringen Sie dem Professor Heller meinen Gruß und meine Bitte
um die Blätter von Aleph etc.

N. S. Ihren Satz von Sprüngen in der Natur hab' ich in meiner
Levana schon für organische Entwicklung behauptet.

860. An Staatsrat Stägemann in Berlin.25

Euer Hochwolgeboren

hab' ich bisher desto öfter innerlichen Dank gesagt, je länger ich
den schriftlichen aufgeschoben. Ich wollte für den letzten gern die
ganze Entscheidung abwarten. Gleichwol hab' ich jetzo Ihnen nur30
eine halbe zu melden.

Für das letzte Vierteljahr von 1813 wurde mir im Jenner die
Pension bezahlt. Als ich dieß in einem Aviso-Briefe an den aus-
zahlenden Staats Rath Steitz für eine Genehmigung ihrer Fort-

Ihr Buch hat mich ſehr erquickt, d. h. belehrt. Sonderbar iſts,
daß mit der Größe des Weltkörpers die Lichtentwicklung zu wachſen
ſcheint. Anziehung erklärt es nicht, da Licht ſchwerlich der An-
ziehung unterworfen iſt, und ſogar, wenn daſſelbe es wäre, der
Fall der großen Zentralſonne einträte, die eben durch An- und5
Zurückziehung des Lichts nach Herſchel unſichtbar bleibt. Der
größte Einwurf iſt die Kleinheit des Kometenkerns, welcher gleich-
wol zuweilen eine Lichthülle von 40 Millionen Meilen Länge er-
zeugt. Denn daß der Schweif nicht durch die Sonne angeſetzt werde,
beweiſt Gelpke gut daraus, weil er ſonſt, wenn er hinter dem Ko-10
meten liegt, dunkel erſcheinen müßte.

Lieber Tetrarch von vier Wiſſens Welten, der phyſikaliſchen,
chemiſchen, aſtronomiſchen und poetiſchen! Sie ſollten Ihre Kraft,
wie Leſſing Wahrheiten durch Kombinieren zu erwürfeln, öfter be-
nützen. Der Erfahrungen und der Erfahrer haben wir Millionen,15
und der Erklärungen und Erklärer ſo wenige.

Leben Sie wol im geretteten und rettenden Deutſchland! Einen
herzlichen Gruß an Ihre liebe Schweſter.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter
20

Bringen Sie dem Profeſſor Heller meinen Gruß und meine Bitte
um die Blätter von Aleph ꝛc.

N. S. Ihren Satz von Sprüngen in der Natur hab’ ich in meiner
Levana ſchon für organiſche Entwicklung behauptet.

860. An Staatsrat Stägemann in Berlin.25

Euer Hochwolgeboren

hab’ ich bisher deſto öfter innerlichen Dank geſagt, je länger ich
den ſchriftlichen aufgeſchoben. Ich wollte für den letzten gern die
ganze Entſcheidung abwarten. Gleichwol hab’ ich jetzo Ihnen nur30
eine halbe zu melden.

Für das letzte Vierteljahr von 1813 wurde mir im Jenner die
Penſion bezahlt. Als ich dieß in einem Aviso-Briefe an den aus-
zahlenden Staats Rath Steitz für eine Genehmigung ihrer Fort-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <pb facs="#f0386" n="370"/>
        <p>Ihr Buch hat mich &#x017F;ehr erquickt, d. h. belehrt. Sonderbar i&#x017F;ts,<lb/>
daß mit der Größe des Weltkörpers die Lichtentwicklung zu wach&#x017F;en<lb/>
&#x017F;cheint. Anziehung erklärt es nicht, da Licht &#x017F;chwerlich der An-<lb/>
ziehung unterworfen i&#x017F;t, und &#x017F;ogar, wenn da&#x017F;&#x017F;elbe es wäre, der<lb/>
Fall der großen Zentral&#x017F;onne einträte, die eben durch An- und<lb n="5"/>
Zurückziehung des Lichts nach Her&#x017F;chel un&#x017F;ichtbar bleibt. Der<lb/>
größte Einwurf i&#x017F;t die Kleinheit des Kometenkerns, welcher gleich-<lb/>
wol zuweilen eine Lichthülle von 40 Millionen Meilen Länge er-<lb/>
zeugt. Denn daß der Schweif nicht durch die Sonne ange&#x017F;etzt werde,<lb/>
bewei&#x017F;t Gelpke gut daraus, weil er &#x017F;on&#x017F;t, wenn er hinter dem Ko-<lb n="10"/>
meten liegt, dunkel er&#x017F;cheinen müßte.</p><lb/>
        <p>Lieber Tetrarch von vier Wi&#x017F;&#x017F;ens Welten, der phy&#x017F;ikali&#x017F;chen,<lb/>
chemi&#x017F;chen, a&#x017F;tronomi&#x017F;chen und poeti&#x017F;chen! Sie &#x017F;ollten Ihre Kraft,<lb/>
wie Le&#x017F;&#x017F;ing Wahrheiten durch Kombinieren zu erwürfeln, öfter be-<lb/>
nützen. Der Erfahrungen und der Erfahrer haben wir Millionen,<lb n="15"/>
und der Erklärungen und Erklärer &#x017F;o wenige.</p><lb/>
        <p>Leben Sie wol im geretteten und rettenden Deut&#x017F;chland! Einen<lb/>
herzlichen Gruß an Ihre liebe Schwe&#x017F;ter.</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
Jean Paul Fr. Richter</hi> <lb n="20"/>
          </salute>
        </closer>
        <postscript>
          <p>Bringen Sie dem Profe&#x017F;&#x017F;or <hi rendition="#aq">Heller</hi> meinen Gruß und meine Bitte<lb/>
um die Blätter von Aleph &#xA75B;c.</p>
        </postscript><lb/>
        <postscript>
          <p>N. S. Ihren Satz von Sprüngen in der Natur hab&#x2019; ich in meiner<lb/><hi rendition="#aq">Levana</hi> &#x017F;chon für organi&#x017F;che Entwicklung behauptet.</p>
        </postscript>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>860. An <hi rendition="#g">Staatsrat Stägemann in Berlin.</hi><lb n="25"/>
</head>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireuth d. 16. Apr.</hi> 1814</hi> </dateline><lb/>
        <salute> <hi rendition="#left">Euer Hochwolgeboren</hi> </salute><lb/>
        <p>hab&#x2019; ich bisher de&#x017F;to öfter innerlichen Dank ge&#x017F;agt, je länger ich<lb/>
den &#x017F;chriftlichen aufge&#x017F;choben. Ich wollte für den letzten gern die<lb/>
ganze Ent&#x017F;cheidung abwarten. Gleichwol hab&#x2019; ich jetzo Ihnen nur<lb n="30"/>
eine halbe zu melden.</p><lb/>
        <p>Für das letzte Vierteljahr von 1813 wurde mir im Jenner die<lb/>
Pen&#x017F;ion bezahlt. Als ich dieß in einem <hi rendition="#aq">Aviso-</hi>Briefe an den aus-<lb/>
zahlenden Staats Rath <hi rendition="#aq">Steitz</hi> für eine Genehmigung ihrer Fort-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0386] Ihr Buch hat mich ſehr erquickt, d. h. belehrt. Sonderbar iſts, daß mit der Größe des Weltkörpers die Lichtentwicklung zu wachſen ſcheint. Anziehung erklärt es nicht, da Licht ſchwerlich der An- ziehung unterworfen iſt, und ſogar, wenn daſſelbe es wäre, der Fall der großen Zentralſonne einträte, die eben durch An- und 5 Zurückziehung des Lichts nach Herſchel unſichtbar bleibt. Der größte Einwurf iſt die Kleinheit des Kometenkerns, welcher gleich- wol zuweilen eine Lichthülle von 40 Millionen Meilen Länge er- zeugt. Denn daß der Schweif nicht durch die Sonne angeſetzt werde, beweiſt Gelpke gut daraus, weil er ſonſt, wenn er hinter dem Ko- 10 meten liegt, dunkel erſcheinen müßte. Lieber Tetrarch von vier Wiſſens Welten, der phyſikaliſchen, chemiſchen, aſtronomiſchen und poetiſchen! Sie ſollten Ihre Kraft, wie Leſſing Wahrheiten durch Kombinieren zu erwürfeln, öfter be- nützen. Der Erfahrungen und der Erfahrer haben wir Millionen, 15 und der Erklärungen und Erklärer ſo wenige. Leben Sie wol im geretteten und rettenden Deutſchland! Einen herzlichen Gruß an Ihre liebe Schweſter. Ihr Jean Paul Fr. Richter 20 Bringen Sie dem Profeſſor Heller meinen Gruß und meine Bitte um die Blätter von Aleph ꝛc. N. S. Ihren Satz von Sprüngen in der Natur hab’ ich in meiner Levana ſchon für organiſche Entwicklung behauptet. 860. An Staatsrat Stägemann in Berlin. 25 Baireuth d. 16. Apr. 1814 Euer Hochwolgeboren hab’ ich bisher deſto öfter innerlichen Dank geſagt, je länger ich den ſchriftlichen aufgeſchoben. Ich wollte für den letzten gern die ganze Entſcheidung abwarten. Gleichwol hab’ ich jetzo Ihnen nur 30 eine halbe zu melden. Für das letzte Vierteljahr von 1813 wurde mir im Jenner die Penſion bezahlt. Als ich dieß in einem Aviso-Briefe an den aus- zahlenden Staats Rath Steitz für eine Genehmigung ihrer Fort-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/386
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/386>, abgerufen am 22.11.2024.