bin ich von der Glatze bis zur Ferse. -- Noch zog der Krieg nur um mich mit seinen Blitzen herum; zög' er aber über meine Glatze, so müßt' ich wol auf einige Stunden scheiden, um ganz wieder- zukommen. Ich könnte hier prophezeien, wär' es loci.
Da mein treuer Emanuel das Blatt einschließen will: so leg'5 ich kein neues mehr an, sondern wünsche wol zu leben und oft zu geigen, da man wol Wissenschaften mit Vortheil eine Zeit lang aussetzt, aber Kunstfertigkeiten nur mit Nachtheil.
Nachschrift.
Gute Eva! Da Weiber stets mit Nachschriften schließen -- wie10 denn Eva selber ein Postskript Adams, ja das der Schöpfung war -- so mach' ich meinen ganzen Brief zu einer. Ich wünschte, Sie schickten mir einen kleinen Waschzettel aller der bösen Seiten, die Ihr guter Mann an sich erst in der Ehe wider Vermuthen auf- deckt. Für meinen eignen Gebrauch hab ich mir gute männliche15 Fleckkugeln angeschafft und könnte dienen. Er hingegen kann wieder bei meiner Frau nach weiblichen Fleckkugeln fragen. -- Ich brauche aber nicht erst eine Nachschrift zu beschließen, um Ihnen zu sagen, mit welcher Hochachtung ich schon seit so langem verharrete
Ihr20 Jean Paul Fr. Richter
776. An Emanuel.
[Bayreuth, 14. Juli 1813]
Guten Morgen, mein Alter! Hier die Nachschrift an Eva, die Sie lesen sollten; ich wollt' es darin Ihnen im Satirischen nach-25 thun. Kehren Sie bald und froh zurück.
Hat Otto Thier[i]ots Brief an mich?
777. An Emanuel.
[Bayreuth, 15. Juli 1813. Donnerstag]
Mein guter Emanuel, der für mich so abwesend ist, als wär'30 er im Himmel! Aber leider für ihn ist er noch nicht im größten!
Hier alle begehrte Papiere! -- Freilich wünscht' ich für die neuen 300 fl. kein Geld, sondern einen Schein, aber auch, wenn es Sie
bin ich von der Glatze bis zur Ferſe. — Noch zog der Krieg nur um mich mit ſeinen Blitzen herum; zög’ er aber über meine Glatze, ſo müßt’ ich wol auf einige Stunden ſcheiden, um ganz wieder- zukommen. Ich könnte hier prophezeien, wär’ es loci.
Da mein treuer Emanuel das Blatt einſchließen will: ſo leg’5 ich kein neues mehr an, ſondern wünſche wol zu leben und oft zu geigen, da man wol Wiſſenſchaften mit Vortheil eine Zeit lang ausſetzt, aber Kunſtfertigkeiten nur mit Nachtheil.
Nachſchrift.
Gute Eva! Da Weiber ſtets mit Nachſchriften ſchließen — wie10 denn Eva ſelber ein Poſtſkript Adams, ja das der Schöpfung war — ſo mach’ ich meinen ganzen Brief zu einer. Ich wünſchte, Sie ſchickten mir einen kleinen Waſchzettel aller der böſen Seiten, die Ihr guter Mann an ſich erſt in der Ehe wider Vermuthen auf- deckt. Für meinen eignen Gebrauch hab ich mir gute männliche15 Fleckkugeln angeſchafft und könnte dienen. Er hingegen kann wieder bei meiner Frau nach weiblichen Fleckkugeln fragen. — Ich brauche aber nicht erſt eine Nachſchrift zu beſchließen, um Ihnen zu ſagen, mit welcher Hochachtung ich ſchon ſeit ſo langem verharrete
Ihr20 Jean Paul Fr. Richter
776. An Emanuel.
[Bayreuth, 14. Juli 1813]
Guten Morgen, mein Alter! Hier die Nachſchrift an Eva, die Sie leſen ſollten; ich wollt’ es darin Ihnen im Satiriſchen nach-25 thun. Kehren Sie bald und froh zurück.
Hat Otto Thier[i]ots Brief an mich?
777. An Emanuel.
[Bayreuth, 15. Juli 1813. Donnerstag]
Mein guter Emanuel, der für mich ſo abweſend iſt, als wär’30 er im Himmel! Aber leider für ihn iſt er noch nicht im größten!
Hier alle begehrte Papiere! — Freilich wünſcht’ ich für die neuen 300 fl. kein Geld, ſondern einen Schein, aber auch, wenn es Sie
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bin ich von der Glatze bis zur Ferſe. — Noch zog der Krieg nur
um mich mit ſeinen Blitzen herum; zög’ er aber über meine Glatze,
ſo müßt’ ich wol auf einige Stunden ſcheiden, um ganz wieder-
zukommen. Ich könnte hier prophezeien, wär’ es loci.
Da mein treuer Emanuel das Blatt einſchließen will: ſo leg’ 5
ich kein neues mehr an, ſondern wünſche wol zu leben und oft zu
geigen, da man wol Wiſſenſchaften mit Vortheil eine Zeit lang
ausſetzt, aber Kunſtfertigkeiten nur mit Nachtheil.
Nachſchrift.
Gute Eva! Da Weiber ſtets mit Nachſchriften ſchließen — wie 10
denn Eva ſelber ein Poſtſkript Adams, ja das der Schöpfung war
— ſo mach’ ich meinen ganzen Brief zu einer. Ich wünſchte, Sie
ſchickten mir einen kleinen Waſchzettel aller der böſen Seiten, die
Ihr guter Mann an ſich erſt in der Ehe wider Vermuthen auf-
deckt. Für meinen eignen Gebrauch hab ich mir gute männliche 15
Fleckkugeln angeſchafft und könnte dienen. Er hingegen kann wieder
bei meiner Frau nach weiblichen Fleckkugeln fragen. — Ich brauche
aber nicht erſt eine Nachſchrift zu beſchließen, um Ihnen zu ſagen,
mit welcher Hochachtung ich ſchon ſeit ſo langem verharrete
Ihr 20
Jean Paul Fr. Richter
776. An Emanuel.
[Bayreuth, 14. Juli 1813]
Guten Morgen, mein Alter! Hier die Nachſchrift an Eva, die
Sie leſen ſollten; ich wollt’ es darin Ihnen im Satiriſchen nach- 25
thun. Kehren Sie bald und froh zurück.
Hat Otto Thier[i]ots Brief an mich?
777. An Emanuel.
[Bayreuth, 15. Juli 1813. Donnerstag]
Mein guter Emanuel, der für mich ſo abweſend iſt, als wär’ 30
er im Himmel! Aber leider für ihn iſt er noch nicht im größten!
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/351>, abgerufen am 16.02.2025.
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