verdiente, Ihre Aufmerksamkeit auf so viele und so wichtige Gegen- stände, mit einigen kleinern zu unterbrechen. Gleichwol kann die Stelle im 3 B. von Seite 1000 bis zu Ende einen Vorherleser und Auswähler entbehren und darf sich vertrauend Ihrer k[öniglichen] H[oheit] zeigen, denn sie betrifft Ihren großen Freund Herder, sie5 spricht mein Herz auf seinem Grabe aus und sendet ihm das letzte, was der irdische Mensch dem seeligen geben kann, Thränen nach. Ich errathe, wie Sie ihn, und weiß, wie er Sie geliebt.
767. An Marianne Lux in Mainz.
[Kopie][Bayreuth, 20. Juni 1813]10
Liebe Marianne! Der Überfluß dessen, was ich Ihnen zu sagen hätte -- wovon manches noch dazu nur von Mund zu Ohr gehen darf -- und mein Mangel an Zeit zwang mich zum Verschieben meiner Antwort auf Ihre letzten Briefe. Der erste, den Sie nach meiner Antwort schrieben, erschütterte mich mehr als irgend ein15 Unglück seit Jahren; denn es kam ja auf einen bloßen Zufall an, so hatten Sie auf meine ganze Zukunft einen fürchterlichen Todes Schatten geworfen. -- Sie sollten meine drei Koffer voll Briefe sehen, von denen ich -- oft bei den besten -- aus Mangel an Zeit nicht ein 1/6 beantwortet habe. Sogar zwischen meinen Freunden20 und mir -- z. B. Geheimrath Jacobi, Verfasser des Woldemars -- dauert der Aufschub des Antwortens gewöhnlich Monate lang. Denn nehmen Sie an, der eine antwortete auf der Stelle, der andere wieder auf der Stelle, jener wieder, so bliebe keine Zeit nur zum Schreiben eines halben Bändchens übrig. Auf Ihre25 4 ersten Briefe, die mich wahrhaft begeisterten und in welchen ich nur eine seltene hohe Liebe und Feuerseele und keine einzige Ihrer oder Eines andern unwürdige Zeile fand, antwortete ich mit mehr Feuer und Freude als ich sonst dabei zeige. Sie foderten die Ant- wort nur zu eilig, zu pünktlich: konnt' ich denn nicht verreiset sein30 oder krank oder todt oder abwesend, oder in Geschäften? Ihren Schritt, den Sie deßhalb thun wollten, muß ich bei aller Größe des Geistes, die er verräth, strenge verdammen. Aber nie sei mehr von ihm zwischen uns die Rede! -- Übrigens wünschte ich, Sie zeigten um [?] Ihrer und meiner wegen, meine 2 Briefe Ihrer guten35
verdiente, Ihre Aufmerkſamkeit auf ſo viele und ſo wichtige Gegen- ſtände, mit einigen kleinern zu unterbrechen. Gleichwol kann die Stelle im 3 B. von Seite 1000 bis zu Ende einen Vorherleſer und Auswähler entbehren und darf ſich vertrauend Ihrer k[öniglichen] H[oheit] zeigen, denn ſie betrifft Ihren großen Freund Herder, ſie5 ſpricht mein Herz auf ſeinem Grabe aus und ſendet ihm das letzte, was der irdiſche Menſch dem ſeeligen geben kann, Thränen nach. Ich errathe, wie Sie ihn, und weiß, wie er Sie geliebt.
767. An Marianne Lux in Mainz.
[Kopie][Bayreuth, 20. Juni 1813]10
Liebe Marianne! Der Überfluß deſſen, was ich Ihnen zu ſagen hätte — wovon manches noch dazu nur von Mund zu Ohr gehen darf — und mein Mangel an Zeit zwang mich zum Verſchieben meiner Antwort auf Ihre letzten Briefe. Der erſte, den Sie nach meiner Antwort ſchrieben, erſchütterte mich mehr als irgend ein15 Unglück ſeit Jahren; denn es kam ja auf einen bloßen Zufall an, ſo hatten Sie auf meine ganze Zukunft einen fürchterlichen Todes Schatten geworfen. — Sie ſollten meine drei Koffer voll Briefe ſehen, von denen ich — oft bei den beſten — aus Mangel an Zeit nicht ein ⅙ beantwortet habe. Sogar zwiſchen meinen Freunden20 und mir — z. B. Geheimrath Jacobi, Verfaſſer des Woldemars — dauert der Aufſchub des Antwortens gewöhnlich Monate lang. Denn nehmen Sie an, der eine antwortete auf der Stelle, der andere wieder auf der Stelle, jener wieder, ſo bliebe keine Zeit nur zum Schreiben eines halben Bändchens übrig. Auf Ihre25 4 erſten Briefe, die mich wahrhaft begeiſterten und in welchen ich nur eine ſeltene hohe Liebe und Feuerſeele und keine einzige Ihrer oder Eines andern unwürdige Zeile fand, antwortete ich mit mehr Feuer und Freude als ich ſonſt dabei zeige. Sie foderten die Ant- wort nur zu eilig, zu pünktlich: konnt’ ich denn nicht verreiſet ſein30 oder krank oder todt oder abweſend, oder in Geſchäften? Ihren Schritt, den Sie deßhalb thun wollten, muß ich bei aller Größe des Geiſtes, die er verräth, ſtrenge verdammen. Aber nie ſei mehr von ihm zwiſchen uns die Rede! — Übrigens wünſchte ich, Sie zeigten um [?] Ihrer und meiner wegen, meine 2 Briefe Ihrer guten35
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verdiente, Ihre Aufmerkſamkeit auf ſo viele und ſo wichtige Gegen-
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Auswähler entbehren und darf ſich vertrauend Ihrer k[öniglichen]
H[oheit] zeigen, denn ſie betrifft Ihren großen Freund Herder, ſie 5
ſpricht mein Herz auf ſeinem Grabe aus und ſendet ihm das letzte,
was der irdiſche Menſch dem ſeeligen geben kann, Thränen nach.
Ich errathe, wie Sie ihn, und weiß, wie er Sie geliebt.
767. An Marianne Lux in Mainz.
[Bayreuth, 20. Juni 1813] 10
Liebe Marianne! Der Überfluß deſſen, was ich Ihnen zu ſagen
hätte — wovon manches noch dazu nur von Mund zu Ohr gehen
darf — und mein Mangel an Zeit zwang mich zum Verſchieben
meiner Antwort auf Ihre letzten Briefe. Der erſte, den Sie nach
meiner Antwort ſchrieben, erſchütterte mich mehr als irgend ein 15
Unglück ſeit Jahren; denn es kam ja auf einen bloßen Zufall an,
ſo hatten Sie auf meine ganze Zukunft einen fürchterlichen Todes
Schatten geworfen. — Sie ſollten meine drei Koffer voll Briefe
ſehen, von denen ich — oft bei den beſten — aus Mangel an Zeit
nicht ein ⅙ beantwortet habe. Sogar zwiſchen meinen Freunden 20
und mir — z. B. Geheimrath Jacobi, Verfaſſer des Woldemars —
dauert der Aufſchub des Antwortens gewöhnlich Monate lang.
Denn nehmen Sie an, der eine antwortete auf der Stelle, der
andere wieder auf der Stelle, jener wieder, ſo bliebe keine Zeit
nur zum Schreiben eines halben Bändchens übrig. Auf Ihre 25
4 erſten Briefe, die mich wahrhaft begeiſterten und in welchen ich
nur eine ſeltene hohe Liebe und Feuerſeele und keine einzige Ihrer
oder Eines andern unwürdige Zeile fand, antwortete ich mit mehr
Feuer und Freude als ich ſonſt dabei zeige. Sie foderten die Ant-
wort nur zu eilig, zu pünktlich: konnt’ ich denn nicht verreiſet ſein 30
oder krank oder todt oder abweſend, oder in Geſchäften? Ihren
Schritt, den Sie deßhalb thun wollten, muß ich bei aller Größe des
Geiſtes, die er verräth, ſtrenge verdammen. Aber nie ſei mehr von
ihm zwiſchen uns die Rede! — Übrigens wünſchte ich, Sie zeigten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/345>, abgerufen am 24.11.2024.
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