Hier send' ich Ihnen, liebenswürdiger Zugvogel, Ihr Programm mit Dank und Lob zurück. Ihr Plan zu einer Bürger-, eigentlich Humanität-Schule ist bestimmt und edel; nur Lehrbücher und noch5 mehr Lehrmänner werden fehlen. Blos S. 18. 19. bin ich nicht Ihrer Meinung. Gerade die Unähnlichkeit einer fremden Sprache ist nöthig, um die angeborene zur Anschauung zu bringen und zu objektivisieren. Es ist -- wenigstens der Jugend -- schwer, dieselbe Sprache zugleich zu reden und zu betrachten, und das Auge gleich-10 sam auf das andere hinzudrehen, um das Sehen zu sehen. Selber das Denken denken wir uns nur an etwas, das nicht Denken ist.
Sie leben hier in vielen, in jungen und alten Herzen geliebt und geachtet fort; und alle grüßen Sie. Es gehe Ihnen wol!
Ihr15 Jean Paul Fr. Richter
743. An Cotta.
Baireuth. d. 26. März 1813
Hier, lieber H. Doktor, der Brief von Goebhardt, der Ihnen und mir durch eine größere Wahrheitliebe hätte Briefe ersparen20 können.
Die Aushängebogen der Vorschule hab' ich bis zum 29ten Bogen.
Leben Sie wol.
Ihr Jean Paul Fr. R.25
744. An Emanuel.
[Bayreuth, 28. März 1813. Sonntag]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich hoffte immer auf Ihre Gegenwart, um Sie zu fragen, ob ich Ihnen das unangerichtete Wechselgeld zurück geben oder auf den neuen Wechsel von Cotta30 warten sollte und was ich dem vergeblichen Besitzer desselben schuldig bin. -- Am Mitwoch schrieb mir der -- halbwahre -- Goebhardt, er wäre nur nicht zu Hause gewesen, "man habe den Juden nach "1 oder 2 Tagen wieder kommen heißen, der aber vielleicht aus
*742. An Regierungsrat Graff in Königsberg.
Baireuth d. 25. März 1813
Hier ſend’ ich Ihnen, liebenswürdiger Zugvogel, Ihr Programm mit Dank und Lob zurück. Ihr Plan zu einer Bürger-, eigentlich Humanität-Schule iſt beſtimmt und edel; nur Lehrbücher und noch5 mehr Lehrmänner werden fehlen. Blos S. 18. 19. bin ich nicht Ihrer Meinung. Gerade die Unähnlichkeit einer fremden Sprache iſt nöthig, um die angeborene zur Anſchauung zu bringen und zu objektiviſieren. Es iſt — wenigſtens der Jugend — ſchwer, dieſelbe Sprache zugleich zu reden und zu betrachten, und das Auge gleich-10 ſam auf das andere hinzudrehen, um das Sehen zu ſehen. Selber das Denken denken wir uns nur an etwas, das nicht Denken iſt.
Sie leben hier in vielen, in jungen und alten Herzen geliebt und geachtet fort; und alle grüßen Sie. Es gehe Ihnen wol!
Ihr15 Jean Paul Fr. Richter
743. An Cotta.
Baireuth. d. 26. März 1813
Hier, lieber H. Doktor, der Brief von Goebhardt, der Ihnen und mir durch eine größere Wahrheitliebe hätte Briefe erſparen20 können.
Die Aushängebogen der Vorſchule hab’ ich bis zum 29ten Bogen.
Leben Sie wol.
Ihr Jean Paul Fr. R.25
744. An Emanuel.
[Bayreuth, 28. März 1813. Sonntag]
Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich hoffte immer auf Ihre Gegenwart, um Sie zu fragen, ob ich Ihnen das unangerichtete Wechſelgeld zurück geben oder auf den neuen Wechſel von Cotta30 warten ſollte und was ich dem vergeblichen Beſitzer deſſelben ſchuldig bin. — Am Mitwoch ſchrieb mir der — halbwahre — Goebhardt, er wäre nur nicht zu Hauſe geweſen, „man habe den Juden nach „1 oder 2 Tagen wieder kommen heißen, der aber vielleicht aus
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*742. An Regierungsrat Graff in Königsberg.
Baireuth d. 25. März 1813
Hier ſend’ ich Ihnen, liebenswürdiger Zugvogel, Ihr Programm
mit Dank und Lob zurück. Ihr Plan zu einer Bürger-, eigentlich
Humanität-Schule iſt beſtimmt und edel; nur Lehrbücher und noch 5
mehr Lehrmänner werden fehlen. Blos S. 18. 19. bin ich nicht
Ihrer Meinung. Gerade die Unähnlichkeit einer fremden Sprache
iſt nöthig, um die angeborene zur Anſchauung zu bringen und zu
objektiviſieren. Es iſt — wenigſtens der Jugend — ſchwer, dieſelbe
Sprache zugleich zu reden und zu betrachten, und das Auge gleich- 10
ſam auf das andere hinzudrehen, um das Sehen zu ſehen. Selber
das Denken denken wir uns nur an etwas, das nicht Denken iſt.
Sie leben hier in vielen, in jungen und alten Herzen geliebt und
geachtet fort; und alle grüßen Sie. Es gehe Ihnen wol!
Ihr 15
Jean Paul Fr. Richter
743. An Cotta.
Baireuth. d. 26. März 1813
Hier, lieber H. Doktor, der Brief von Goebhardt, der Ihnen
und mir durch eine größere Wahrheitliebe hätte Briefe erſparen 20
können.
Die Aushängebogen der Vorſchule hab’ ich bis zum 29ten Bogen.
Leben Sie wol.
Ihr
Jean Paul Fr. R. 25
744. An Emanuel.
[Bayreuth, 28. März 1813. Sonntag]
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Wechſelgeld zurück geben oder auf den neuen Wechſel von Cotta 30
warten ſollte und was ich dem vergeblichen Beſitzer deſſelben ſchuldig
bin. — Am Mitwoch ſchrieb mir der — halbwahre — Goebhardt,
er wäre nur nicht zu Hauſe geweſen, „man habe den Juden nach
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/333>, abgerufen am 16.02.2025.
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