Hier, mein lieber Cotta, send' ich Ihnen von einer Bekanntin, von welcher Sie schon früher etwas aufgenommen, zwei Aufsätze entweder für das Morgenblatt oder für den Damenkalender. Das5 Honorar wird Ihrem Bestimmen überlassen. Im Falle der Nicht- Aufnahme erbitt' ich das Mspt wieder zurück.
Ich bin gern der Logenschließer Ihres Almanachs und stehe gern hinten. Welches ist die allerletzte Zeitfrist der Lieferung für mich?
Mir fast unbegreiflich wurde in der Bußpredigt die nach allen10 Parteien hin unschuldige Stelle von der "Zinninsel" etc. etc. gestrichen. Mit dem Abdrucke des Erraten-Verzeichnisses thun Sie mir einen großen Gefallen.
-- Über die beiden neuen Ausgaben sind wir durch Schuld der Zeit leider noch nicht im Reinen und Festen. Freilich zieht sich15 jetzt ein schwarzer Himmel über Europa zusammen, dem kein Prophet ansehen kann, an welcher Ecke des Horizonts der letzte Blitz oder der erste Stern erscheint; und ich fürchte, die künftige Ostermesse ist die schlechteste, worauf freilich nur eine bessere fol- gen kann.20
Aber wagen muß jetzt jeder; und mit mir wagt man gewiß nicht das Meiste. Es ist freilich eine seltene Güte -- die Ihnen nicht, wie Ihre Bücher, wird nachgemacht werden --, daß Sie in die von mir vorgeschlagnen Zahlung-Termine eingehen wollen, ohne Rücksicht auf die Druck-Termine. Aber dadurch werd' ich sehr der25 Schuldner Ihrer Liberalität. "Was ist, schrieben Sie, daran ge- legen, an ein Paar Monaten späterer Erscheinung." An ein Paar mir auch nichts; aber, insofern ich meinen Werken einigen nützlichen Einfluß zutraue -- und dieß muß ich, weil ich sie sonst nicht schreiben dürfte -- muß mir ein halbjähriger Aufschub ihrer Er-30 scheinung und Wirkung doch bedeutend sein. Die Levana ist bis auf Weniges, an dessen Erschaffen mich meine alte marternde Sisy- phus-Arbeit 2 einzelner Aufsätze für Frankfurt und Schlegel ge- hindert, vollendet; und muß durchaus zur M[ichaelis] M[esse] 1812 ans Licht. Ist Ihnen diese Herausgabe zu beschwerlich: so geben35 Sie dafür nur die Vorschule allein und ich suche mir für jene einen Verleger. Natürlich such' ich nicht eher als bis ich verloren.
631. An Cotta.
Baireuth d. 27. März 1812
Hier, mein lieber Cotta, ſend’ ich Ihnen von einer Bekanntin, von welcher Sie ſchon früher etwas aufgenommen, zwei Aufſätze entweder für das Morgenblatt oder für den Damenkalender. Das5 Honorar wird Ihrem Beſtimmen überlaſſen. Im Falle der Nicht- Aufnahme erbitt’ ich das Mſpt wieder zurück.
Ich bin gern der Logenſchließer Ihres Almanachs und ſtehe gern hinten. Welches iſt die allerletzte Zeitfriſt der Lieferung für mich?
Mir faſt unbegreiflich wurde in der Bußpredigt die nach allen10 Parteien hin unſchuldige Stelle von der „Zinninſel“ ꝛc. ꝛc. geſtrichen. Mit dem Abdrucke des Erraten-Verzeichniſſes thun Sie mir einen großen Gefallen.
— Über die beiden neuen Ausgaben ſind wir durch Schuld der Zeit leider noch nicht im Reinen und Feſten. Freilich zieht ſich15 jetzt ein ſchwarzer Himmel über Europa zuſammen, dem kein Prophet anſehen kann, an welcher Ecke des Horizonts der letzte Blitz oder der erſte Stern erſcheint; und ich fürchte, die künftige Oſtermeſſe iſt die ſchlechteſte, worauf freilich nur eine beſſere fol- gen kann.20
Aber wagen muß jetzt jeder; und mit mir wagt man gewiß nicht das Meiſte. Es iſt freilich eine ſeltene Güte — die Ihnen nicht, wie Ihre Bücher, wird nachgemacht werden —, daß Sie in die von mir vorgeſchlagnen Zahlung-Termine eingehen wollen, ohne Rückſicht auf die Druck-Termine. Aber dadurch werd’ ich ſehr der25 Schuldner Ihrer Liberalität. „Was iſt, ſchrieben Sie, daran ge- legen, an ein Paar Monaten ſpäterer Erſcheinung.“ An ein Paar mir auch nichts; aber, inſofern ich meinen Werken einigen nützlichen Einfluß zutraue — und dieß muß ich, weil ich ſie ſonſt nicht ſchreiben dürfte — muß mir ein halbjähriger Aufſchub ihrer Er-30 ſcheinung und Wirkung doch bedeutend ſein. Die Levana iſt bis auf Weniges, an deſſen Erſchaffen mich meine alte marternde Siſy- phus-Arbeit 2 einzelner Aufſätze für Frankfurt und Schlegel ge- hindert, vollendet; und muß durchaus zur M[ichaelis] M[eſſe] 1812 ans Licht. Iſt Ihnen dieſe Herausgabe zu beſchwerlich: ſo geben35 Sie dafür nur die Vorschule allein und ich ſuche mir für jene einen Verleger. Natürlich ſuch’ ich nicht eher als bis ich verloren.
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631. An Cotta.
Baireuth d. 27. März 1812
Hier, mein lieber Cotta, ſend’ ich Ihnen von einer Bekanntin,
von welcher Sie ſchon früher etwas aufgenommen, zwei Aufſätze
entweder für das Morgenblatt oder für den Damenkalender. Das 5
Honorar wird Ihrem Beſtimmen überlaſſen. Im Falle der Nicht-
Aufnahme erbitt’ ich das Mſpt wieder zurück.
Ich bin gern der Logenſchließer Ihres Almanachs und ſtehe gern
hinten. Welches iſt die allerletzte Zeitfriſt der Lieferung für mich?
Mir faſt unbegreiflich wurde in der Bußpredigt die nach allen 10
Parteien hin unſchuldige Stelle von der „Zinninſel“ ꝛc. ꝛc. geſtrichen.
Mit dem Abdrucke des Erraten-Verzeichniſſes thun Sie mir einen
großen Gefallen.
— Über die beiden neuen Ausgaben ſind wir durch Schuld der
Zeit leider noch nicht im Reinen und Feſten. Freilich zieht ſich 15
jetzt ein ſchwarzer Himmel über Europa zuſammen, dem kein
Prophet anſehen kann, an welcher Ecke des Horizonts der letzte
Blitz oder der erſte Stern erſcheint; und ich fürchte, die künftige
Oſtermeſſe iſt die ſchlechteſte, worauf freilich nur eine beſſere fol-
gen kann. 20
Aber wagen muß jetzt jeder; und mit mir wagt man gewiß nicht
das Meiſte. Es iſt freilich eine ſeltene Güte — die Ihnen nicht,
wie Ihre Bücher, wird nachgemacht werden —, daß Sie in die
von mir vorgeſchlagnen Zahlung-Termine eingehen wollen, ohne
Rückſicht auf die Druck-Termine. Aber dadurch werd’ ich ſehr der 25
Schuldner Ihrer Liberalität. „Was iſt, ſchrieben Sie, daran ge-
legen, an ein Paar Monaten ſpäterer Erſcheinung.“ An ein Paar
mir auch nichts; aber, inſofern ich meinen Werken einigen nützlichen
Einfluß zutraue — und dieß muß ich, weil ich ſie ſonſt nicht
ſchreiben dürfte — muß mir ein halbjähriger Aufſchub ihrer Er- 30
ſcheinung und Wirkung doch bedeutend ſein. Die Levana iſt bis
auf Weniges, an deſſen Erſchaffen mich meine alte marternde Siſy-
phus-Arbeit 2 einzelner Aufſätze für Frankfurt und Schlegel ge-
hindert, vollendet; und muß durchaus zur M[ichaelis] M[eſſe] 1812
ans Licht. Iſt Ihnen dieſe Herausgabe zu beſchwerlich: ſo geben 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/274>, abgerufen am 24.11.2024.
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