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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

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gedenken des Friedens zu Baden den 7 Sept. 1714 etc. Und dieß
geht bis zur französischen Einverleibung der Hansestädte. Du
kannst denken, was für Zahlen in diese Zwischenräume fallen müssen,
die ich künftig alle weiß so gut wie du. Und wodurch? Durch ein
Ding für 1 fl. 12 kr. ganz in Gestalt und Größe eines kleinen5
englischen Taschenperspektivs oder Stockknopfs. (Du kannst diese
rothsaffianene und mit Perlenmutter verzierte Röhre mit Einer
Hand umschließen.) Du sollst es selber sehen, um nur zu begreifen,
wodurch ich auf einmal so weit in der Chronologie vorgerückt. --
Und noch dazu kannst du dieses Futteral weder vorn noch hinten10
aufmachen. --

Ich sehne mich nach Bayreuther Briefen, die leider den Weg
über Nürnberg nehmen und wöchentlich nur 3 mal ankommen.

Lebe wol, mein guter Alter! Ich sehne mich nach deinem Wieder-
sehen. Grüße deine Amöne.15

Dein R.
491. An Emanuel.

Mein guter alter Emanuel! Endlich gelang' ich auch zu einer
Zeile an Sie. Gerade Nachmittags, in der Briefschreibe-Zeit, stört20
man mich am häufigsten, weil man Vormittags in der Buchschreibe-
Zeit es nicht zu thun wagt. -- Mein Leben ist so heiter und gesund
als Sie mir nur wünschen können; und dieß ist bei Ihrem Wol-
wollen ein Stückchen Himmel mehr als ich verdiene. Nichts plagt
mich als abends das Sehnen nach den Meinigen. -- Mein Max25
(zum Reisen wüßt' ich kein herrlicheres Kind) entdeckte kurz vor
Truppach meinen Bruder Balbier in einem Wäldchen; ich hielt,
er kam mit zwei Bündelchen, zeigte mir eine neue Weste und sich
erträglich restauriert. Er gehe nach Culmbach etc., sagt' er. Ob
er gleich keine Einbuße bei diesem Begegnen hatte: so schnitt doch30
lange der Gedanke hart in mir herum, daß der eine Bruder da
freudig fahre und der andere in Wälder-Ecken stehe und ohne
Sonn- und Festtage lebe, die der Stadt-Aermste doch hat. Aber
ihn könnte nicht einmal das große Loos für immer erretten.

-- Ich wollte, ich könnte mein Logis aufpacken und vor dem35
Hause Fischers abladen; er möchte dann seines behalten. Woh-

gedenken des Friedens zu Baden den 7 Sept. 1714 ꝛc. Und dieß
geht bis zur franzöſiſchen Einverleibung der Hanſeſtädte. Du
kannſt denken, was für Zahlen in dieſe Zwiſchenräume fallen müſſen,
die ich künftig alle weiß ſo gut wie du. Und wodurch? Durch ein
Ding für 1 fl. 12 kr. ganz in Geſtalt und Größe eines kleinen5
engliſchen Taſchenperſpektivs oder Stockknopfs. (Du kannſt dieſe
rothſaffianene und mit Perlenmutter verzierte Röhre mit Einer
Hand umſchließen.) Du ſollſt es ſelber ſehen, um nur zu begreifen,
wodurch ich auf einmal ſo weit in der Chronologie vorgerückt. —
Und noch dazu kannſt du dieſes Futteral weder vorn noch hinten10
aufmachen. —

Ich ſehne mich nach Bayreuther Briefen, die leider den Weg
über Nürnberg nehmen und wöchentlich nur 3 mal ankommen.

Lebe wol, mein guter Alter! Ich ſehne mich nach deinem Wieder-
ſehen. Grüße deine Amöne.15

Dein R.
491. An Emanuel.

Mein guter alter Emanuel! Endlich gelang’ ich auch zu einer
Zeile an Sie. Gerade Nachmittags, in der Briefſchreibe-Zeit, ſtört20
man mich am häufigſten, weil man Vormittags in der Buchſchreibe-
Zeit es nicht zu thun wagt. — Mein Leben iſt ſo heiter und geſund
als Sie mir nur wünſchen können; und dieß iſt bei Ihrem Wol-
wollen ein Stückchen Himmel mehr als ich verdiene. Nichts plagt
mich als abends das Sehnen nach den Meinigen. — Mein Max25
(zum Reiſen wüßt’ ich kein herrlicheres Kind) entdeckte kurz vor
Truppach meinen Bruder Balbier in einem Wäldchen; ich hielt,
er kam mit zwei Bündelchen, zeigte mir eine neue Weſte und ſich
erträglich reſtauriert. Er gehe nach Culmbach ꝛc., ſagt’ er. Ob
er gleich keine Einbuße bei dieſem Begegnen hatte: ſo ſchnitt doch30
lange der Gedanke hart in mir herum, daß der eine Bruder da
freudig fahre und der andere in Wälder-Ecken ſtehe und ohne
Sonn- und Feſttage lebe, die der Stadt-Aermſte doch hat. Aber
ihn könnte nicht einmal das große Loos für immer erretten.

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[196/0209] gedenken des Friedens zu Baden den 7 Sept. 1714 ꝛc. Und dieß geht bis zur franzöſiſchen Einverleibung der Hanſeſtädte. Du kannſt denken, was für Zahlen in dieſe Zwiſchenräume fallen müſſen, die ich künftig alle weiß ſo gut wie du. Und wodurch? Durch ein Ding für 1 fl. 12 kr. ganz in Geſtalt und Größe eines kleinen 5 engliſchen Taſchenperſpektivs oder Stockknopfs. (Du kannſt dieſe rothſaffianene und mit Perlenmutter verzierte Röhre mit Einer Hand umſchließen.) Du ſollſt es ſelber ſehen, um nur zu begreifen, wodurch ich auf einmal ſo weit in der Chronologie vorgerückt. — Und noch dazu kannſt du dieſes Futteral weder vorn noch hinten 10 aufmachen. — Ich ſehne mich nach Bayreuther Briefen, die leider den Weg über Nürnberg nehmen und wöchentlich nur 3 mal ankommen. Lebe wol, mein guter Alter! Ich ſehne mich nach deinem Wieder- ſehen. Grüße deine Amöne. 15 Dein R. 491. An Emanuel. Erlangen d. 11. Jun. 1811 [Dienstag] Mein guter alter Emanuel! Endlich gelang’ ich auch zu einer Zeile an Sie. Gerade Nachmittags, in der Briefſchreibe-Zeit, ſtört 20 man mich am häufigſten, weil man Vormittags in der Buchſchreibe- Zeit es nicht zu thun wagt. — Mein Leben iſt ſo heiter und geſund als Sie mir nur wünſchen können; und dieß iſt bei Ihrem Wol- wollen ein Stückchen Himmel mehr als ich verdiene. Nichts plagt mich als abends das Sehnen nach den Meinigen. — Mein Max 25 (zum Reiſen wüßt’ ich kein herrlicheres Kind) entdeckte kurz vor Truppach meinen Bruder Balbier in einem Wäldchen; ich hielt, er kam mit zwei Bündelchen, zeigte mir eine neue Weſte und ſich erträglich reſtauriert. Er gehe nach Culmbach ꝛc., ſagt’ er. Ob er gleich keine Einbuße bei dieſem Begegnen hatte: ſo ſchnitt doch 30 lange der Gedanke hart in mir herum, daß der eine Bruder da freudig fahre und der andere in Wälder-Ecken ſtehe und ohne Sonn- und Feſttage lebe, die der Stadt-Aermſte doch hat. Aber ihn könnte nicht einmal das große Loos für immer erretten. — Ich wollte, ich könnte mein Logis aufpacken und vor dem 35 Hauſe Fischers abladen; er möchte dann ſeines behalten. Woh-

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/209>, abgerufen am 28.11.2024.